Die kontrollierte BRD: „So arbeitet die CIA in Deutschland“

Alexander Boos (sputniknews)

US-Geheimdienste arbeiten ungeniert auf deutschem Boden und „halten Gerichte in der Bundesrepublik zum Narren“. Das sagt der ehemalige Bundesminister Andreas von Bülow (SPD) im Sputnik-Interview. Ein juristisch erfahrener Politiker erklärt die rechtlichen Grundlagen: „Es gab in der BRD schon Verurteilungen nach alliiertem Militärrecht.“

„Ich glaube nicht, dass Russland diese Rolle hat“, sagte der frühere Bundesminister Andreas von Bülow (SPD) im Sputnik-Interview auf die Frage, ob auch heute noch die Alliierten Einfluss und Kontrolle auf bundesdeutsche Staatlichkeit, Rechtsprechung und Gerichtsbarkeit ausüben.

>>>Andere Sputnik-Artikel: 70 Jahre Grundgesetz: Hitlers langer Schatten, Versäumnis der SPD und „Merkels Lücke“<<<

„Aber ich glaube“, so der frühere Minister unter Kanzler Helmut Schmidt (SPD) und Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, „dass insbesondere die US-Amerikaner diese Kontrolle über Deutschland nach wie vor ganz klar haben. Die abenteuerlichste Konstruktion ist, dass die alliierte Kontrolle sozusagen Bestandteil des deutschen Rechtswesens ist und dass alle drei Gewalten daran gebunden sind. Das stößt einem immer auf, wenn man sich beispielsweise den Amri-Fall in Berlin oder die NSU-Prozesse anschaut, wo ganz merkwürdige Einflussnahmen von außen kommen, die von deutscher Seite nicht ordentlich aufgeklärt werden.“ So würden die Alliierten – vor allem die USA – „die deutschen Gerichte zum Narren halten. Das können Sie bis zum Schleyer-Mord nachverfolgen.“

Deutschland und die Alliierten: Wie frei und souverän ist die BRD?

In einem früheren Interview mit Sputnik Ende 2018 kritisierte der frühere Bundesminister von Bülow, dass beim Gerichtsfall des wohl unschuldigen „Terror-Helfers“ Mounir El-Motassadeq die bundesdeutsche Justiz einfach „das gesamte US-amerikanische Narrativ vom elften September 2001 kritiklos übernommen hatte. Es ist ungeheuerlich, wie US-Geheimdienste den deutschen Gerichten auf der Nase herumtanzen.“ Sein Fazit damals: „Ein abenteuerliches Fehlurteil der bundesdeutschen Strafjustiz bis hinauf zum Bundesgerichtshof.“

„Die Deutschen werden kontrolliert“

Der mittlerweile verstorbene Verfassungsrechtler Helmut Ridder, der lange Zeit an der Justus-Liebig-Universität zu Gießen forschte und lehrte, sagte einst in einem Interview zur aktuellen Situation Deutschlands:

„Ich glaube, dass die Deutschen, auch wenn nicht viel darüber gesprochen wird, weiterhin unter einer alliierten Kontrolle stehen. Wir werden sehen, wie viel von dem tiefgründigen und stillschweigenden Einvernehmen der vier Siegermächte, die eine geteilte Kontrolle über das geteilte Deutschland ausgeübt haben, übrigbleiben wird.“

Das „stillschweigende Einvernehmen der Siegermächte ist schon lange nicht mehr stillschweigend“,  kommentierte Frank Kahn, Vorsitzender der „Deutschen Souveränitäts Partei“ (DSP), gegenüber Sputnik. „Die Siegermächte stehen sehr unter Druck.“





Es begann im Kalten Krieg …

SPD-Politiker von Bülow verwies auf den geschichtlichen Hintergrund. „Das Grundgesetz ist der Verfassungsersatz, auf dem das staatliche Geschehen in Deutschland organisiert und eingebunden ist“, sagte er. „Das Grundgesetz ist geschaffen worden vor dem Hintergrund des Vorantreibens der Teilung Deutschlands. Die Alliierten waren sich völlig uneinig, was mit Deutschland geschehen sollte.“

Die UdSSR „war eher der Meinung, dass Deutschland als Ganzes weiter bestehen sollte. Die West-Alliierten, insbesondere die US-Amerikaner – die von den Engländern die treibende Weltführungsrolle übernommen hatten – waren darauf aus, aus den zwei bzw. später drei Besatzungszonen der westlichen Mächte die neue Bundesrepublik zu schaffen und diese wiederum in Stellung Richtung Osten zu bringen.“ Der Kalte Krieg begann …

Geheimdienste gegen Gerichte: „Unschuldiger Terrorist“ nach Marokko abgeschoben

Das 1949 verabschiedete Grundgesetz resultierte laut ihm zu Beginn des Ost-West-Konflikts „aus der Angst der Seemächte England und Amerika, dass eine Art eurasische Union zwischen Westeuropa, Deutschland und Russland vom Atlantik bis zum Pazifik entstehen könnte.“ Deshalb sei die aktuelle Neue Seidenstraße Chinas auch so sehr im Visier der US-Regierung. Es sei der uralte Konflikt zwischen Landmacht und Seemacht, unter der das im Herzen Europas gelegene Deutschland seit jeher leide. Auch das deutsche Rechtswesen.

Am „bekannten“ Recht vorbei: Die CIA in Deutschland

„Es ist ein großer Irrtum zu glauben, dass Deutschland die letzte Stufe der Souveränität erreicht hat.“ Das konstatierte von Bülow mit Blick auf das Grundgesetz, das zwar aus seiner Sicht mit Hilfe des „sehr gut arbeitenden“ Bundesverfassungsgerichts der Bundesrepublik eine gewisse verfassungsmäßige Stabilität einbrachte – aber eben immer noch nicht die volle staatliche Souveränität.

„Wir haben nach wie vor eine Art Besatzung hier, die jederzeit für Konflikte – sei es in Afrika, sei es im Nahen Osten, sei es Richtung Osten – eingesetzt werden kann. Wir sind keine Herren im eigenen Lande. Wir haben die ganzen Geheimdienst- und CIA-Operationen der Alliierten auf deutschem Territorium, die unter Vorbehalt stehen. Wir müssen sie behandeln, als ob es unsere eigenen Spione wären. Wir haben keinen Einfluss darauf. Wir wissen auch nicht, wieweit der CIA in der rechtsradikalen Szene mitmischt.“ Damit bezog er sich auf Verstrickungen US-amerikanischer Agenten bei der NSU-Affäre beispielsweise in Hessen, die selbst Mainstream-Medien thematisiert hatten. Es sei zudem die Frage, inwieweit US-Geheimdienste politischen, personellen und operativen Einfluss auf Agenten des Bundesverfassungsschutzes nehmen.

Fall Schalck-Golodkowski: Verurteilt nach alliiertem Recht

Den juristischen Hintergrund dazu erläuterte DSP-Chef Kahn im Interview. Denn: Es würden neben oder „über“ dem Grundgesetz weiterhin alliierte Rechtsvorschriften in Deutschland gelten. „Damit sind die alliierten SHAEF-Gesetze und SMAD-Befehle gemeint“, sagte er. Diese werden im Grundgesetz Artikel 139 genannt und an diese haben sich ihm zufolge auch deutsche Gerichte zu halten.

Er nannte die Verurteilung des früheren DDR-Devisenbeschaffers und SED-Wirtschaftsfunktionärs Alexander Schalck-Golodkowski als Beispiel. Zum Prozess gegen Schalck-Golodkowski kam es 1995 wegen des Vorwurfs illegaler Waffengeschäfte. 1996 erfolgte seine Verurteilung. Wie aus der Urteilsverkündung hervorgeht, hatte ihn damals das Landgericht Berlin verurteilt „wegen Vergehen nach dem Militärregierungsgesetz Nr. 53“. Das Urteil nennt außerdem „eine Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1996, wonach das Militärregierungsgesetz Nr. 53 uneingeschränkt fortgelte (BGHSt 42, 113)“.

„Wie kann es sein, dass in einem angeblich souveränen Staat Besatzungsbefehle als Grundlage für eine Verurteilung genommen werden?“, kritisierte Kahn. „Da haut doch etwas nicht hin.“

Abschließend kommentierte Ex-Minister von Bülow Aussagen des Europa-Politikers Gregor Gysi (Die Linke), wonach Deutschland als Staat „nicht souverän“ sei. Gysi habe „völlig Recht. Das hat ja auch die politische Satire-Sendung ‚Die Anstalt‘ sehr schön dargestellt. Nein, wir haben nach wie vor eine Besatzung hier.“

(Visited 430 times, 1 visits today)
Die kontrollierte BRD: „So arbeitet die CIA in Deutschland“
5 Stimmen, 5.00 durchschnittliche Bewertung (99% Ergebnis)

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*