Die Inflationisten von der EZB machen Europa zum Krüppel

von Alasdair MacLeod (theblogcat)

https://mises.org/wire/ecb-inflationists-are-crippling-europe

Letzte Woche kündigte die EZB eine Wiedereinführung (die dritte) ihrer längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte an (Targeted Long-Term Refinancing Operations – TLTRO = Helikoptergeld). TLTRO-III soll im kommenden September beginnen. Die Idee dahinter ist, den Banken noch mehr Geld zu attraktiven Zinsen zu überlassen, mit der Auflage, dass sie ihre Kreditvergabe an nicht-finanzielle Unternehmen erhöhen.

Diese Politik wird damit begründet, dass die EZB zunehmend Anzeichen sieht, dass die Eurozone schwächelt, womöglich sehr stark. Die schwächeren Volkswirtschaften der Eurozone marschieren direkt in eine Rezession, und Deutschlands Auto-Exporte haben sich anscheinend dramatisch verlangsamt, was der gesamten Wirtschaft schadet.

Die Wiedereinführung von TLTRO ist ein Angebot zu noch mehr Inflation von Geld und Kredit, trotz der Beweise, dass die in den letzten zehn Jahren nie dagewesenen Wellen aus monetärer Inflation alle ihre Ziele verfehlt haben, für die sie gedacht waren. Mit Ausnahme von zwei Dingen: Regierungen bekommen weiterhin ihre Mittel, um sie ohne nennenswerte Zurückhaltung auszugeben, und zahlungsunfähige Banken wurden an Leben erhalten.

Nur zwei Monate nachdem die EZB ihr Ankaufprogramm für Anleihen offiziell beendet hat, sind die Inflationisten schon wieder am Werk. Aber man fragt sich: Warum verschiebt die EZB ihr TLTRO-III auf September? Wenn es so eine gute Sache ist, warum nicht gleich einführen? (Anm.d.Ü.: Könnte es damit zu tun haben, dass Draghi Anfang Oktober geht?)

Es gibt eine weitere Erklärung, und die lautet, dass die EZB intellektuell dahintreibt, ohne wirtschaftlichen Kompass. Wir wissen nicht, wie viele Ökonomen und Geld-Experten beim Eurosystem angestellt sind, dazu gehören die EZB und die regionalen Zentralbanken. Aber sie sind mit Sicherheit keine Ökonomen, sonst würden sie Geld verstehen. Sie sind vielleicht Technokraten, aber das ist nicht dasselbe. Wären sie Ökonomen oder, genauer gesagt, ordentlich in der Human(unter)wissenschaft der Katallaktik (der Theorie der Wechselkurse und Preise. Siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Katallaktik ) geschult, so würden sie die Folgen der Geldinflation etwas mehr wertschätzen. Dann würden sie Bastiats Parabel vom zerbrochenen Fenster verstehen: es geht nicht um das was man sieht, sondern das was man nicht sieht.

(Siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Parabel_vom_zerbrochenen_Fenster )

Sie sehen die vermeintlichen Vorzüge einer Inflation, aber für die strangulierenden Lasten, die den einfachen Menschen auferlegt werden, die die produktive Wirtschaft am Laufen halten, sind sie anscheinend blind.

Die Zerstörung und der Transfer von Vermögen der Sparer in der Eurozone auf die Schuldner und von der allgemeinen Öffentlichkeit auf die Banken, Regierungen und großen Konzerne sind die grundlegenden und versteckten Konsequenzen der Geldinflation. Die monetäre Stimulierung zerstört allmählich die Volkswirtschaften der Eurozone, was zusammen mit hohen Steuern und übermäßiger Regulierung die Eurozone zu einem massiven Wirtschaftszombie gemacht hat. Jeder Studierende der Katallaktik lernt das schon früh. Dennoch ignorieren staatlich angestellte Ökonomen die Verwässerungsmathematik und sind sich der Veränderungen der relativen Werte nicht bewusst, die die Menschen in eine nicht gedeckte Währung setzen und die irgendwann erkennen werden, was die Zentralbank da tut.

Die Funktionäre der EZB sind gegenüber der Katallaktik ebenso ignorant wie ihre Mitbrüder in den anderen großen Zentralbanken. Aber das soll keine Entschuldigung dafür sein, dass sie die immanenten Widersprüche ihrer Handlungen ignorieren. Sie üben Macht aus, und damit kommt Verantwortung. Stattdessen versuchen sie zum dritten Mal eine Politik, die anscheinend kurzfristig Erfolg hatte, die aber die Wirtschaft der Eurozone noch mehr kastriert.

Noch mehr Kredit in die Eurozone zu pumpen, das ist so effektiv wie eine Adrenalin-Spritze für ein totes Pferd. Nicht Mangel an Kredit ist das Problem. Einfach ausgedrückt, es entwickelt sich eine globale Dynamik aus wirtschaftlicher Kontraktion, deren Ignorierung durch Geschäfts- und Kreditbanken dumm wäre. Die Wirtschaftsakteure mögen vielleicht nicht die Ursachen der Krise verstehen, aber wir können sicher sein, dass sie sich ihrer drohenden Gegenwart schon bewusst werden. Und wenn sich die Krise zuspitzt, werden diejenigen, die zusätzliche Kredite benötigen, bereits zahlungsunfähig sein.

Das Signal, das die EZB an die Kreditgeber aussendet, wird wahrscheinlich missverstanden werden, denn Kreditverknappung ist die drohende Gefahr: Wenn TLTRO-III der Rauch ist, dann muss irgendwo Feuer sein, und es ist womöglich außer Kontrolle. Besser wäre es, bestehende Kredite an Unternehmen zurückzufordern als darauf zu warten, dass sie aus Profiten zurückgezahlt werden, die wahrscheinlich nie eintreten werden. Eine Ermutigung zur Kreditvergabe zu Beginn eines Kreditzyklus ist effektiver und wird wahrscheinlich weniger missverstanden als eine Ermutigung später im Kreditzyklus. Aus diesem Grund wird die erneute TLTRO-Politik mit großer Wahrscheinlichkeit scheitern.





Die Unfähigkeit der Bürokraten, die ihre Köpfe in Statistiken vergraben, die Rolle der menschlichen Psychologie zu erkennen, das ist nicht der einzige Fehler der EZB. Ihre Vorstände verstehen nicht einmal was Zinsen darstellen, sie denken, das wären einfach die Kosten für Geld. Deshalb glauben sie, das Niedrighalten der Zinsen sei ein Mittel zum Erleichtern von Krediten. Zu Beginn eines Kreditzyklus erzeugt das Niedrighalten der Zinsen eine gewisse Kreditausweitung, hauptsächlich bei Finanzaktivitäten, weniger bei nicht-finanziellen Aktivitäten. Denn niedrigere Zinsen führen zu höheren Preisen für finanzielle Vermögen. Dies ist eine grundsätzlich statistische, nahezu nicht-menschliche Funktion. Große Industrie-Konzerne sind opportunistisch, sie borgen sich Geld, um Rückkäufe zu finanzieren und schwächere Rivalen zu übernehmen. Kleine und mittlere Unternehmen bekommen für gewöhnlich erst spät im Zyklus Kredite angeboten, und dann ist es ein Fehler, sie anzunehmen.

Folglich sind in einer Zombie-Wirtschaft wie der Eurozone die einzigen Kreditnehmer die Reichtum zerstörenden, sozialisierenden und in Schulden gefangenen Regierungen. Sie nutzen umfänglich die Basel-Bestimmungen, durch die sie für die Kredit-Banken als risikolose Kreditnehmer eingestuft werden.

Die wahre Rolle der Zinsen

Der Zins ist nicht der Preis des Geldes. Er ist ein Spiegelbild der Differenz zwischen Zukunftswerten und gegenwärtigen Werten. Er hat seinen Ursprung im menschlichen Ausdruck von Zeitpräferenz. (Anm.d.Ü.: wichtiger Begriff, der die Präferenz von Konsumenten beschreibt, Konsum in der Gegenwart gegenüber künftigem Konsum vorzuziehen, siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Zeitpr%C3%A4ferenz )

Wenn ein Geschäftsmann mit einem Bankier Kreditbedingungen vereinbart, sollten diese die gegenwärtige Zeitpräferenz widerspiegeln, damit ein Teil des Konsums auf die Finanzierung eines Investments verlagert wird. Alles andere ist eine Verzerrung mit Bastiat-gleichen Folgen. Die Zentralbanken haben die grundlegende Funktion der auf Zeitpräferenz basierenden Kapitalvermittlung zerstört, indem sie Sparer durch Geld- und Kreditinflation als Hauptquelle für Investitionskapital ersetzt haben.

Dies war der Wunsch von Keynes in seiner „Allgemeinen Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes“, erschienen 1936. Er wollte, dass Sparer „euthanasiert“ werden (seine Worte) und dass der Staat das nötige Kapital für die Geschäftswelt bereitstellt. Er erwartete, dass der Unternehmer die staatliche Lenkung von Kapital akzeptiert. Unternehmer, „die ihr Handwerk so sehr lieben, dass ihre Arbeitskräfte weitaus billiger beschafft werden könnten als heute“, sollten von einem risikobasierten Ansatz für ihre Geschäfte zu einer sozialisierenden Funktion übergehen.

Keynes‘ Wunsch ging posthum in Erfüllung, und die einfachen Menschen in der Eurozone und anderswo bezahlen dafür. Wirtschaftliche Strangulierung und die Zerstörung von Vermögen sind die Folgen. Funktionäre wie Mario Draghi und seine Co-Direktoren bei der EZB sind fest entschlossen, diese keynesianischen Ziele zu verfolgen. Sie haben ihren politischen Meistern die wirtschaftliche Rettung durch die keynesianischen Prinzipien versprochen, aber stattdessen haben sie den keynesianischen Traum verwirklicht, aber auf Kosten der Wirtschaft.

Die Verschiebung des TLTRO-III auf September deutet jedoch darauf hin, dass die Wichtigtuer bei der EZB im Hinterkopf haben, dass sie sich auf dem Weg ins Verderben befinden könnten. Oder vielleicht ist es der Einfluss der wenigen Männer des soliden Geldes, die bei der Bundesbank, auf der anderen Straßenseite in Frankfurt, übrig geblieben sind, deren Familien im zwanzigsten Jahrhundert zweimal die Zerstörung ihrer Währung („Währungsreform“) erlitten und gelobt haben, dass das niemals wieder passiert.

Aber sogar sie wurden zum Schweigen gebracht. Die Proteste gegen die EZB vor deutschen und europäischen Gerichten sind Vergangenheit. Wenn sich die Weltwirtschaft, wie von diesem Autor erwartet, am Rande einer katastrophalen Kreditkrise befindet, wird es keinen sinnvollen Einwand gegen eine weitere Beschleunigung der monetären Inflation geben, bis zu jenem Punkt an dem der Euro wertlos wird. Wenn ja, wird Mario Draghi von zukünftigen Generationen als ein neuzeitlicher Rudolf Havenstein identifiziert werden, der bekanntlich die Reichsmark ins Nirvana druckte.

Im Gegensatz zur Reichsmark ist der Euro ein Paradebeispiel einer Reihe von Fiat-Währungen mit sehr unterschiedlichen Zeitpräferenzen. Ein Wissen um die Katallaktik hätte von ihrer Entstehung abgeraten, ein Beweis für die institutionelle Unwissenheit in Sachen Geld und Austausch. Wäre sein Ursprung eine einzelne Währung gewesen, könnten wir erwarten, dass ihr Untergang dem Weg aller Fiat-Währungen in der Vergangenheit folgt. Ein einzelner Staat, der sich das alleinige Recht zur Ausgabe des Tauschmittels gewährt, kann der Versuchung, es bis zu seiner Zerstörung als Finanzierungsquelle zu nutzen, nie widerstehen. Aber der Euro ist ein Kompromiss zwischen Staaten mit sehr unterschiedlichen Inflationsraten. Was zu Deutschland passt, passt nicht zu Italien. Der Euro könnte eine schnellere Zerstörung erleben, allein durch den Zusammenbruch der Eurozone.

Deutschland und einige ähnliche nördliche Staaten scheinen jedoch gefangen zu sein, diesmal durch TARGET2-Ungleichgewichte, durch die der Bundesbank vom System fast eine Billion Euro geschuldet werden. Die Inflation von Geld und Krediten, letztendlich die Ursache dieser Ungleichgewichte, hat die EZB über einen Punkt ohne Wiederkehr hinausgeführt. Unvermeidlich werden die einfachen Menschen irgendwann ihr Wunschdenken, dass die EZB und die nationalen Zentralbanken die Kontrolle über die Kaufkraft des Euro haben, durch die wachsende Erkenntnis ersetzen, dass dem nicht so ist. Und wenn sie sich dieser Realität bewusst werden, werden sie alle Euros, die über ihre Grundbedürfnisse hinausgehen, wegwerfen.

Wir wissen, dass Versuche der Behörden, aufeinanderfolgende Kreditkrisen zu umgehen, letztendlich scheitern, und in diesem Sinne sollten wir uns mit TLTRO-III befassen. Wir müssen zu dem Schluss kommen, dass es sich um eine Ablenkung, eine Schaufensterdekoration für die Schaufenster einer angeschlagenen EZB handelt. Es wird nichts bewirken, denn die Banken wollen keine Kredite an Nicht-Finanzinstitute vergeben, mit Ausnahme der vielleicht kreditwürdigsten Großunternehmen, jener Unternehmen, die die politische Klasse in der Tasche haben.

Es ist nicht nur die EZB, die eine wirtschaftlich destruktive Politik betreibt, sondern es ist eine unheilige Allianz zwischen Großunternehmen und Politikern, und um nichts anderes geht es in Brüssel und der EZB.

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1 Kommentar

  1. Irgendwann ist sowieso Ende der Fahnenstange. Was wurde die Einführung des Euros gepusht und gefeiert. Viele haben sich auf die neue Währung gefreut, allerdings nur solange, bis sie festgestellt haben, was es wirklich bedeutet. Nämlich beim Einkauf oder im Restaurant, wo sich Preise 1zu1 umgesetzt wurden, aber der Umtausch der DM 2 zu 1 gerechnet wurde. Und schwups kostete die Pizza nicht mehr 5 DM sondern 5 Euro. , was zurückgerechnet 10 DM waren. Der Einkaufswagen war für 100 Euro plötzlich nur noch halb so voll als für 100 DM. Und genau so verhält es sich bis heute mit vielen anderen Dingen. Und was der Euro für die anderen Länder der Eurozone gebracht hat, ist ja hinlänglich bekannt.
    Hier noch ein Video, von dem ich nicht wußte, wo ich es sonst unterbringen könnte. Aber es geht eben um die Unzufriedenheit der Bevölkerung in Frankreich und die Gelbwesten-Demos, die ja auch mit der Finanzlage der Leute zu tun hat.
    http://www.youtube.com/watch?v=3NGm7EFv-RM&feature=youtu.be
    Das ist ein Augenzeugenbericht, was dort wirklich geschieht und in unseren Medien verschwiegen wird. Sollten wir eines Tages auch auf die Straßen gehen, ist das schon einmal ein Vorgeschmack dessen, was auch bei uns eintreten würde.
     

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