Die Idee von der Neuen Weltordnung

Vor geraumer Zeit stellte der Leitartikler einer großen und ehemals seriösen deutschen Tageszeitung die Frage, ob die ganzen Krisen, die die Welt bewegen, einen gemeinsamen Grund hätten. Leider versäumte er es, darauf eine Antwort zu geben. Dabei wäre es sehr einfach gewesen, den Roten Faden zu verfolgen, der die Unruhe-Herde dieser Welt miteinander verbindet. Hätte jener Redakteur die Frage danach nicht nur gestellt, sondern pflichtgemäß auch beantwortet, so hätte sein Beitrag etwa folgendermaßen lauten müssen:

Als mit dem Jahr 1991, als die Sowjetunion aufhörte zu bestehen, die USA zur einzigen Supermacht wurden, wurde offenbar, daß der Kommunismus nicht nur selbst eine Bedrohung dargestellt, sondern seinerseits eine andere Bedrohung neutralisiert hatte, die durch die Weltherrschafts-Doktrin der USA. Sie selbst nennen es heute die „Neue Weltordnung“. Anhand der schlimmsten Krisen der Gegenwart läßt sich die Wirkweise darstellen.

Die Idee von der Neuen Weltordnung hat ideologischen Charakter, das heißt, für sie zählt die Wirklichkeit nur wenig. Sonst hätte es nicht geschehen können, daß die USA, sobald sich die Gelegenheit dazu bot, einen der gravierndsten Fehler der UdSSR nachmachten, nämlich in Afghanistan einzumarschieren. Und mit den USA die ganze NATO, wie man überhaupt diese beiden meist gar nicht mehr trennen kann, jedenfalls nicht mehr, seit die NATO vom Verteidigungsbündnis zum größten Aggressor der Welt mutiert ist.

Vorwand für die USA, in Afghanistan einzumarschieren, war die al-Kaida, die angeblich das Welthandelszentrum in New York vernichtet hatte. Allerdings wäre der Eifer der USA im Kampf gegen den Terrorismus glaubhafter gewesen und heute noch glaubhafter, wenn sie es nicht selbst gewesen wären, die die a-Kaida ins Leben gerufen, aufgebaut und ausgerüstet haben. Mehr noch: Auch wenn mit dem Schützling manches aus dem Ruder läuft, dauert die Zusammenarbeit der CIA mit al-Kaida an. Das ging so weit, daß Bin Laden, als er angeblich von allen Sicherheitskräften der USA weltweit gesucht wurde, sich in Kalifornien einer Therapie seines Nierenleidens unterziehen konnte, organisiert von der CIA.

Nach zehn Jahren Krieg in Afghanistan, der sich gegen ein Volk richtete, das nach eigenen Regeln leben will, und nicht nach denen der USA, ist deren Versagen offenbar, wenn auch zu Lasten der Bevölkerung. Krieg und Krise halten an.

Aus der CIA-Küche stammte auch die Lüge vom irakischen Giftgas, als der Beschluß ergangen war, Saddam Hussein, den früheren Freund und Waffenbruder, zu stürzen. Dabei war es nicht nur um Erdöl gegangen, sondern auch um einen Plan, den Saddam gefaßt hatte, und der sich als tödlicher als Giftgas herausstellte. Er wollte eine eigene arabische Investitionsbank gründen. Das hätte ein wesentliches Instrument der Weltherrschaft gefährdet, nämlich das US-Finanzsystem mit dem Dollar als weltweiter Leitwährung. Also beschloß die Wall Street, was die USA-Politik zu tun habe, und der zweite Irak-Krieg wurde losgetreten. Bei der Vernichtung des Irak bedienten sich die USA anderer Hilfskräfte, die unter wechselndem Namen immer wieder auftauchen, nämlich der Söldner von Blackwater.

Im Februar 2011 traf sich John McCain, der gewaltigste Kriegshetzer des politischen Washington, im Begleitung mit dem französischen Linksintellektuellen Bernard Levy in Kairo mit Vertretern der Golf Emirate und Katars. Das gemeinsame Thema war nicht nur der Krieg, den man gegen Libyen zu führen gedachte, sondern auch derjenige gegen Syrien wurde im Vorgriff besprochen. Was nun Libyen angeht, so wurde das Land von Gaddafi ungeachtet seines bizarren Auftretens vorzüglich regiert. Ausbildung und Gesundheitswesen waren kostenlos, in seiner Regierungszeit stieg die Alphabetisierungsrate von 20 auf über 80 Prozent. Die Quote an Universitäten entsprach der deutschen. Es gab Zuschüsse bei Eheschließung und Firmengründungen. Und Gaddafi erschloß die gewaltigen Wasservorräte in der Tiefe der Sahara und war auf dem Weg, sein Land agrarisch unabhängig zu machen. Und er wollte eine afrikanische Investitionsbank gründen.

Also riefen Wall Street und City of London zum Gefecht, Frankreichs Sarkozy nahm gern teil, denn er was Gaddafi noch 40 Millionen Euro schuldig, womit dieser Sarkozys Wahlkampf finanziert hatte. Um einen Aufstand zu inszenieren, hetzten, was traditionell nicht schwer ist, die CIA mit Geld und Waffen vor allem die Araber der Harabi gegen den Berber Gaddafi auf, unterstützt von Blackwater. Dazu kam ein Schachzug der besonderen Art. Im fernen Afghanistan, aus einem Taliban-Lager nahe Chost an der pakistanischen Grenze, holte ein CIA-Mann den Mudschaheddin Achmed Hakim al Hasidi nach Pakistan, wo dieser in die Obhut des Dienstes überstellt wurde. Als es gegen Gaddafi ging, wurde al Hasidi zum Befehlshaber der „Libyan Liberation Fighting Group“ gemacht, die sich unter anderen aus 450 Kämpfern zusammensetzte, die die CIA auf dem US-Gefangenenlager Guantanamo hergeholt hatte. Wieder mit dabei: Blackwater.

Das Ergebnis ist bekannt, Libyen ist vernichtet, Krieg und Krise halten an.

Kaum war Gaddafi tot, wurden im libyschen Hafen Tobruk Mannschaften, Waffen und Material nach Syrien verschifft, denn dort war schon der nächste Krieg angebrochen. Er lief nach bekanntem Muster: die CIA macht sich lokale ethnische, religiöse und soziale Verwerfungen zunutze, um Unruhe zu schüren. Außerdem rief sie, wie einst die al-Kaida in Afghanistan, eine neue radikale Truppe ins Leben: ISIS, die sich heute IS nennt. Das Ergebnis: Staatschef Assad, der in seinem Land viele Jahre lang Ruhe, Wohlstand und Frieden erhalten konnte, ist in Bedrängnis, die Sache mit dem IS läuft aus dem Ruder, Krieg und Krise halten an.

Was gibt es noch an Krisenherden? Richtig, die Ukraine. Hier ist die Ursachenforschung recht einfach. Schließlich war es die Staatssekretärin des US State Department, Nuland, die öffentlich bekannt hat, daß die USA für den Umsturz in Kiew über Jahre hinweg fünf Milliarden Dollar investiert hatten. In solchen Fällen kommt weniger die CIA unmittelbar zum Zug, sondern einer ihrer Ableger, das „National Endowment for Democracy“. Es gilt in den USA als private Stiftung, wird aber zu hundert Prozent vom Weißen Haus bezahlt. Etat geheim. Davon wurden auch die Scharfschützen des Maidan entlohnt. In einem Telefonat mit dem estnischen Außenminister Paet verwahrte sich die damalige EU-Außen-Ashton dagegen, den Vorfall untersuchen zu lassen. Nuland wiederum beschloß in einem Gespräch mit dem US-Botschafter in Kiew, Parry, wer ukrainischer Regierungschef werden sollte, nämlich Jazenjuk („Klitschko nicht“). Als Poroschenko zum Staatspräsidenten gewählt wurde, schickte er umgehend die Armee in den Osten, wo man den Putsch in Kiew nicht anerkennen will.

Und dafür, daß Poroschenko den Bürgerkrieg begonnen hat, muß Putin bestraft werden.

Soviel zu der Frage, was die derzeitigen Krisen gemeinsam haben. Hätte jener Redakteur sie in diesem Sinne beantwortet, so müßte er sich wohl schon um einen neuen Posten umschauen.

 Florian Stumfall

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