Die hässlichen Scherben der WERTE-Gemeinschaft EU

Redaktion politonline

d.a. Wäre die EU wirklich eine solche, wie sie dies unablässig hervorhebt, hätte sie sich niemals an dem Angriffskrieg auf Afghanistan beteiligen, geschweige denn diese mörderische Zerstörung über 20 Jahre hinweg mit unterstützen dürfen. Mit der Räumung und Übergabe des Airfield Bagram ist nun die US-Besetzung Geschichte. Die afghanische Armee selbst ist desolat, während die Taliban bereits 70 % des Landes kotrollieren und weiter auf dem Vormarsch sind: In Richtung Kabul. Zurück bleibt ein von den Vereinigten Staaten und ihren Verbündeten hinterlassenes Land,

das sich womöglich am Rand eines Bürgerkriegs befindet. Der ehemalige Fallschirmjäger Robert Müller, der dreimal am Hindukusch im Einsatz war, empfindet den Abzug als »moralische Verwundung«; er schäme sich als Deutscher, »weil wir den Afghanen versprochen haben, das Land erst allein zu lassen, wenn es selbst für seine Sicherheit sorgen kann. Und was hinterlassen wir nun? Einen großen Scherbenhaufen«. Vor ein paar Tagen postete Müller einen Zeitungsbericht über das Vorrücken der Taliban bei Facebook und kommentierte: »Hey Deutschland, da habt ihr euer Vietnam!«. [1]

Damit ist nun der zweitlängste und bislang blutigste Militäreinsatz der Bundesrepublik Deutschland zu Ende. Die letzten Soldaten der Bundeswehr, die in der Nacht zuvor Afghanistan verlassen hatten, trafen am 30. Juni auf dem Luftwaffenstützpunkt Wunstorf nahe Hannover ein.

Wie einem Bericht von German Foreign Policy [2] zu entnehmen ist, sind in den Kämpfen am Hindukusch dem Costs of War Project der Brown University in Providence, Rhode Island, zufolge ungefähr eine Viertelmillion Menschen ums Leben gekommen; hinzu kommt eine unbekannte Anzahl von Opfern, die an direkten Kriegsfolgen verstarben. Fast 7 Millionen Afghanen sind auf der Flucht; zahllose Menschen sind verletzt oder verstümmelt, darunter Zehntausende Kinder. Allein die US-Aufwendungen für das Gemetzel belaufen sich auf mehr als 2,2 Billionen US-$; Deutschlands Regierung gibt die Ausgaben für den Bundeswehreinsatz mit 12,2 Milliarden € an. Während die westlichen Truppen abziehen, erobern die Taliban immer weitere Teile Afghanistans; in Kürze dürften dort die Machtverhältnisse vom September 2001 wiederhergestellt sein, also wie unmittelbar vor Kriegsbeginn.

Dieser Krieg hat einen furchtbaren Blutzoll gefordert. Verlässliche, der Lage im Land jedoch wohl nicht ganz entsprechende Opferzahlen hat das Costs of War Project, das bereits seit 2010 am Watson Institute for International and Public Affairs an der Brown University betrieben wird, in regelmäßigen Abständen vorgelegt. Die Brown University ist eine der 8 Ivy League-Elitehochschulen der Vereinigten Staaten. Den Angaben des Costs of War Project zufolge sind in Afghanistan und in den angrenzenden Gebieten Pakistans, auf die der Krieg übergegriffen hat, bis Mitte April 2021 rund 241.000 Menschen zu Tode gekommen, darunter rund 71.300 Zivilisten und ungefähr 69.000 afghanische Soldaten und Polizisten. [3] Es listet zudem 2.442 getötete US-Soldaten, 1.144 Militärs verbündeter Streitkräfte sowie beinahe 4.000 umgekommene US-Söldner auf, weiteres Security-Personal eingeschlossen. Das Project weist ausdrücklich darauf hin, dass diese Aufstellung lediglich die direkten Kriegsopfer umfaßt, nicht aber die Afghanen und Pakistaner, die den unmittelbaren Kriegsfolgen zum Opfer gefallen sind. Das bezieht sich etwa auf all diejenigen, die durch Krankheiten, durch Mangel an Wasser, Nahrung und Unterkunft oder vergleichbare kriegsbedingte Umstände ihr Leben verloren haben.

Verletzt, verstümmelt, hungernd

Zu den Todesopfern kommen immense weitere menschliche sowie gewaltige materielle Schäden hinzu. Zahllose Afghanen sind im Krieg verletzt oder verstümmelt worden; die Vereinten Nationen registrierten allein in den vergangenen zehn Jahren neben 7.792 getöteten 18.662 verletzte Kinder – oft Kinder, die durch Sprengfallen, durch liegengebliebene Streumunition oder bei Luftangriffen Gliedmaßen verloren haben. [4] Afghanistan, dessen Bevölkerung zur Zeit mit 36 Millionen Menschen beziffert wird, verzeichnet 4 Millionen Binnenvertriebene; 2,7 Millionen Menschen sind ins Ausland geflohen, die meisten davon nach Pakistan oder in den Iran. [5] Während die Lebenserwartung von 56 Jahren (Stand 2001) auf 64 Jahre (Stand 2019) gestiegen ist – einer der recht wenigen Fortschritte – ist die Armutsrate deutlich gewachsen: Von 33,7 % im Jahr 2007 auf 54,5 % im Jahr 2016. 2019 berichtete UNICEF, dass 3,7 Millionen afghanischer Kinder im Schulalter die Schule nicht besuchten. Zahlreiche Schulen sind – wie unzählige andere Gebäude, auch Krankenhäuser – teilweise oder ganz zerstört worden; die Schäden an der ohnehin schwach ausgebildeten Infrastruktur Afghanistans wiegen schwer.





Billionen für den Krieg

Die für den Krieg von 2001 bis 2021 verschlungenen riesigen Summen, die für andere Zwecke fehlten, beziffert das Costs of War Projectallein für die USA auf rund 2,26 Billionen US-$. Darin nicht enthalten sind die Beträge, die Washington in den kommenden Jahren und Jahrzehnten an Kriegsveteranen zahlen muß; auch fehlen die Zinsbeträge, die in Zukunft aufgebracht werden müssen, um kriegsbedingt aufgenommene Kredite zu bedienen. [6] Im März wurde bekannt, dass hohe Beträge, mit denen der begleitende Aufbau ziviler Infrastruktur finanziert wurde, verpufften. Laut einem Bericht des Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (SIGAR), einer Aufsichtsstelle der US-Administration, stellte Washington seit 2008 alles in allem 7,8 Milliarden US-$ für die Errichtung von Gebäuden und den Erwerb von Fahrzeugen zur Verfügung, es wurde allerdings lediglich ein Teil davon in Höhe von 1,2 Milliarden US-$ wie geplant genutzt. [7] Die meisten Gebäude wurden im Lauf der Zeit zerstört oder verfielen, weil die Instandhaltung nicht geregelt war; aktuell befinden sich nur noch Gebäude und Fahrzeuge im Wert von 343,2 Millionen $ in gutem Zustand. Bekanntlich hat auch Deutschland hohe Beträge für den Krieg ausgegeben; allein für den Einsatz der Bundeswehr hat die Bundesregierung von 2001 bis Ende 2020 rund 12,2 Milliarden € aufgewendet; hinzu kamen im selben Zeitraum Ausgaben für humanitäre Hilfe im Wert von 425 Millionen €, allerdings keine 4 % der Summe, die in unmittelbare militärische Belange investiert wurde. Die Höhe weiterer Ausgaben für zivile Projekte, die einsatzbegleitend realisiert wurden, ist nicht genau bekannt.

Die Taliban in der Offensive

Die voluminösen US-amerikanischen und deutschen Finanzmittel, zu denen diejenigen diverser weiterer westlicher Mächte sowie ihrer Verbündeten hinzukommen, sind in einen Krieg geflossen, der nicht zur zahllose Menschenleben gekostet, kaum bezifferbare soziale Schäden und eine immense materielle Zerstörung verursacht hat, sondern der zudem de facto verloren ist, und der nach den Maßstäben der kriegführenden Staaten erfolg- und damit sinnlos war.

Dies belegt die Aussage des ranghöchsten Kommandanten der abziehenden US-Truppen, General Austin Scott Miller, der einen rasanten Vormarsch der Taliban einräumt. Laut Schätzungen von Experten kontrollieren die Taliban mittlerweile rund 140 der insgesamt 370 Distrikte des Landes und verfügen in 170 weiteren über signifikanten Einfluß. »Fast täglich«, heißt es, »fallen mehr Distrikte an die Taliban, entweder in gewaltsamen Zusammenstößen oder durch friedliche Kapitulation«. Miller spricht von einer »landesweiten Offensive«, die eine Entwicklung wie diejenige in den 1990er Jahren nach dem Abzug der sowjetischen Armee befürchten lasse.

Nach Lage der Dinge kämen dann in absehbarer Zeit die Taliban in Kabul an die Macht. Damit wäre im Wesentlichen der Zustand des Landes unmittelbar vor Beginn des Krieges im Jahr 2001 wiederum erreicht.

Anmerkung politonline
Wie sinnlos dieser Krieg war, ergibt sich auch aus einer Mitteilung der Washington Post vom 19. Dezember 2000, gemäss der schon die Clinton-Administration einen Krieg am Hindukusch in Erwägung gezogen hatte, also Monate vor den Anschlägen des 11. September 2001. Auch der ehemalige Aussenminister Pakistans, Naiz Naik, bestätigte, dass der Krieg gegen Afghanistan vor dem 11. September beschlossen worden war, denn im Juli 2001 war seine Regierung seitens der US-Administration darüber informiert worden. Afghanistan war das schwächste Glied in der Kette derjenigen Länder, die im Rahmen der als Greater Middle East Initiative bezeichneten Strategie der Neokonservativen um Dick Cheney, Donald Rumsfeld, Paul Wolfowitz, Richard Perle und George W. Bush, demokratisiert werden sollten. Daher wurde der 11. 9. 2001 zum Anlass genommen, zuerst einen Krieg gegen Afghanistan zu führen.

 

[1] https://www.welt.de/politik/ausland/plus232278531/Afghanistan-Die-Angst-vor-einem-zweiten-Vietnam.html   4. 7. 21

[2] https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8645/
1. 7. 21   Der Zwanzigjährige Krieg

[3] U.S. Costs to Date for the War in Afghanistan, in $ Billions, 2001-2021. watson.brown.edu.

[4] Afghanistan. Visualising the impact of 20 years of war. interactive.aljazeera.com.

[5] Isabel Debre: Counting the costs of America’s 20-year war in Afghanistan. apnews.com 30.04.2021.

[6] Kathy Gannon: Report: US wasted billions on cars, buildings in Afghanistan. abcnews.go.com 01.03.2021.

[7] Pamela Constable: U.S. military commander in Afghanistan warns of chaotic civil war. washingtonpost.com 29.06.2021.

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