Die Gründung der Bank von England – Erscheinungen und Wesentliches danach

Russophilus (vineyardsaker)

Dieser Artikel wurde von unserem Dorfbewohner HPB verfasst.

Vorbemerkung für die Blog-Leser:
2014 verfasste ich einen siebenteiligen Studien-Leitfaden für jedermann mit dem Titel: „Ein gültiges Urteil. Wie und woran Sie den Messias erkennen werden“. Dabei führte jeder Textteil jeweils zu einer Studien-Aufgabe hin.
Die ersten beiden Teile waren dem damals aktuellen Bezug und dem politischen Irrgarten gewidmet. Der dritte Teil führte zu der Erkenntnis hin, dass die scheinbar chaotischen Ereignisse sehr wohl gesellschaftlichen Gesetzen unterliegen, deren Wirken durch unterschiedliche oder gegensätzliche Interessen von Menschen(-gruppen) geprägt wird.
Danach geht es um Geldschuld, Zins und Wucher im historischen Werdegang. Teil 4 behandelt die Ursprünge dessen in Athen und Attika im 7. Jahrhundert v.u.Z., Teil 5 die Wucherei des Mittelalters bis zur Gründung der Bank von England. Teil 6 umfasst die Zeit bis zur Gründung der FED 1913 und trägt den Untertitel „Das Tier, das aus dem Land aufsteigt“.
Der Teil 7 reicht von 1913 bis in unsere Zeit und wurde vor etwa drei Jahren hier im Blog schon veröffentlicht.

Jetzt folgt der eigentliche Textteil (ohne die Studienaufgabe):

Ein gültiges Urteil! Wie und woran Sie den Messias erkennen werden. – Teil 6 – Das Tier, das aus dem Land aufsteigt –
Ein kleiner Studienleitfaden © HPB

Im Teil 5 identifizierten wir die Bank von England als das biblische Tier, das aus dem Meer aufstieg. Lassen Sie uns kurz Rückschau halten, was mit Hilfe dieses „Geld- und Kredit-Vehikels“ auf der globalen Bühne ge­schah.

Macht und Kriege

Das 17. Jahrhundert neigte sich in Europa dem Ende zu mit dem entscheidenden Sieg des Prinzen Eugen von Savoyen als Oberbefehlshaber der österreichischen Truppen in der Schlacht bei Zenta gegen die osmanischen Türken. Der Krieg endete 1699 mit dem Friedensvertrag von Karlowitz. Mit Österreich-Ungarn entstand eine neue Großmacht auf dem europäischen Kontinent. Doch bereits im Jahr darauf begannen zwei neue große Kriege.
Der Große Nordische Krieg bis 1721, in dem sich Schweden (unter Karl XII.) auf der einen Seite und Dänemark, Sachsen (August, der Starke), Polen und Russland (Peter, der Große) auf der anderen Seite gegenüber standen. Im ersten Kriegsjahr leistete England gemeinsam mit Holland den Schweden Waffenhilfe, was aber deren spätere Niederlage nicht verhindern konnte.

Der Spanische Erbfolgekrieg, in dem Frankreich gemeinsam mit Bayern und Aufständischen in Ungarn gegen Kaiser und Deutsches Reich, Österreich, Holland und England kämpften, dauerte bis 1714. Das Machtstre­ben des Sonnenkönigs, Ludwig XIV., der die spanische Krone für die Bourbonen in Besitz nehmen wollte, war dem Parlament und dem Haus Oranien unter Wilhelm III. auf dem Thron des Vereinigten Königreichs schon lange ein Dorn im Auge. Zumal Ludwig mehrmals versucht hatte, nicht nur die spanischen Niederlan­de sondern auch die Republik der Niederlande an sich zu bringen. Im Einvernehmen mit Jacob II., dem ka­tholischen König Englands, wäre ihm das 1672 auch beinahe gelungen. Ludwigs Besitzungen erstreckten sich so weit, dass in ihnen niemals die Sonne unterging, was ihm im Volksmund den Titel „Sonnenkönig“ einbrachte. Ob die Briten mit Ihren Schiffen in der Karibik, vor den Küsten Nordamerikas oder Indiens kreuz­ten, immer trafen sie dort auch auf französische Schiffe. Obwohl Großbritannien noch vor Kriegsende aus der Koalition gegen Frankreich ausschied, wurde Ludwigs Ziel, Frankreich und Spanien unter dem Zepter der Bourbonen zu vereinen, vereitelt.

Mit dem Sieg von 1675 bei Fehrbellin über die von Frankreich subsidierten Schweden und dem „Edikt von Potsdam“ 1685 trat Brandenburg-Preußen als neuer „Spieler“ auf die politische Bühne. Von König Friedrich Wilhelm I. (1713 bis 1740) mit einem beachtlichen stehenden Heer ausgestattet, blieb dieses Potential im Vereinigten Königreich nicht unbemerkt, zumal seit 1714 mit Georg I. das Haus Hannover dort den Thron inne hatte. Ab 1740 übernahm Friedrich II. die preußische Königswürde und machte mit den drei Schlesi­schen Kriegen gegen das von Kaiserin Maria Theresia regierte Österreich-Ungarn von der militärischen Macht, die ihm sein Vater hinterlassen hatte, wirksamen Gebrauch.
Der dritte Schlesische Krieg ging in die Geschichte als der Siebenjährige Krieg von 1756 bis 1763 ein. Den Kriegsschauplätzen nach war er ein Weltkrieg, denn es wurde nicht nur in Mitteleuropa sondern auch in Nordamerika und Indien gekämpft. Gegner Preußens waren Sachsen, Österreich-Ungarn, das Heilige Römi­sche Reich, Russland und Frankreich. Einzig das Vereinigte Königreich und das Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel (Haus Hannover) standen auf Seiten des Preußenkönigs. Mit finanziellen Zuwendungen und hannoverschem Beistand stärkte Großbritannien die preußische Widerstandskraft, um den Erzrivalen Frank­reich endlich aus seinen kolonialen Besitzungen in der Karibik, Nordamerika und Indien zu vertreiben. Dank der Bank von England ging dieses Spiel auf. Friedrichs Preußen überstand den Krieg ohne territoriale Verlus­te, da die gegnerische Koalition 1762 zerfiel.

1757, also während des Siebenjährigen Krieges, setzten mit dem Ausgang der Schlacht bei Plassey zwischen den Truppen des Nabob von Bengalen und der Britischen Ostindien-Kompanie die territorialen Eroberungen Indiens durch die Briten ein.

Schon 10 Jahre nach dem Friedensvertrag von Paris, der die britischen Erwerbungen in Nordamerika bestä­tigte, begann 1773 dort die koloniale Unabhängigkeitsbewegung, die 1776 die amerikanische Republik gründete. Zur Niederwerfung der republikanischen Streitkräfte mietete Großbritannien beim Landgraf Friedrich II. von Hessen-Kassel ein Truppenkontingent, das im Verlaufe der Kriegshandlungen von 1776 bis 1783 mit ca. 19.000 Soldaten etwa ein Drittel der britischen Kolonialtruppen stellte. Zwar sorgten die französischen „Füchse im Weinberg“ (Lion Feuchtwanger) um Beaumarchais mit heimlichen Waffenlieferungen für die Unterstützung des jungen Bundesstaates, doch erst die Eintritte Frankreichs 1778, Spaniens 1779 und Hollands 1780, die mit Großbritannien noch offene Rechnungen zu begleichen hatten, in die Kampfhandlungen auf Seiten der USA besiegelten die britische Niederlage im „Unabhängigkeitskrieg“. So wurden die beiden Bourbonenmonarchien Frankreich und Spanien zu Geburtshelfern der Vereinigte Staaten von Amerika.

Die finanzmächtige und familiäre Verquickung Großbritanniens mit Deutschland begünstigte im Verlaufe des 18. Jahrhunderts den Aufstieg Preußens zu einer Großmacht. Sie förderte die als Dualität bezeichnete Machtkonkurrenz zwischen dem Österreich-Ungarn Habsburgs und dem Hohenzollernschen Preußen im Heiligen Römischen Reich und gewährte so die Eigenständigkeit des Hauses Hannover bis zum Eingreifen Napoleons in die Geschicke des Reiches.
Trotz des herben Rückschlags durch den Verlust der amerikanischen Kolonien geboten die britische Krone und die Bank of England im 19. Jahrhundert über das sich weltweit ausdehnende britische Empire, das heute in Gestalt des Commonwealth fortbesteht. Aber die aufstrebende amerikanische Republik blieb weiter im Blickfeld, denn sie versprach eine lohnende Beute.

Wirtschaft

Das Geschäft der Bank von England bestand im Wesentlichen darin, Banknoten als Zahlungsmittel in Umlauf zu bringen, Einlagen zu sammeln und unter Nutzung des Stammkapitals sowie der Einlagen verzinsliche Kre­dite zu gewähren. In den ersten Monaten nach der Gründung bestand bei wohlhabendem Publikum ein starkes Bedürfnis nach gut verzinslichen Einlagen ebenso wie eine rege Kredit-Nachfrage für neue Unternehmungen. Rasantes Wachstum von Einlagen und Ausleihungen mündete im dritten Geschäftsjahr in einen Bankrun verunsicherter Einlagenbesitzer.
Nach der Rettung im vierten Geschäftsjahr wurde ein Wachstumspfad eingeschlagen, der den großen Exzess mied. Allmählich drang die Bank mit ihren Noten und Münzen als Zahlungsmittel in alle Sphären der Waren­zirkulation und Besteuerung ein, sorgte dafür dass sich alle Naturressourcen und menschliche Produkte – ob nun physischer, künstlerischer oder geistiger Art – in Waren, klingende Münze und Profit, in Reichtumsquellen für Bankiers, Parlament und Krone verwandeln ließen.

Im 18. Jahrhundert wurden riesige Profite mit den amerikanischen Kolonien gescheffelt, an denen britische Unternehmen führend beteiligt waren. Es handelte sich um ein gigantisches „Dreiecksgeschäft“, das aus Sklavenhandel von Westafrika (Guinea) nach Amerika, aus dort mit den afrikanischen Sklaven betriebener Plantagenwirtschaft für Rohrzucker, Tabak und Baumwolle und der Versorgung Europas mit diesen Produkten sowie Lieferung von Tand und Waffen für die afrikanischen Häuptlinge im Austausch gegen weitere Sklaven bestand.

Im 19. Jahrhundert kam mit den territorialen Eroberungen Indiens und dessen Reichtümer durch die ostin­dische Kompanie ein neues Geschäftsmodell ins Spiel: Opiumproduktion in Bengalen und Export gegen Sil­ber nach China. David Sassoons Handelshaus in Bombay gehörte zu den größten Profiteuren des Opiumhan­dels, der mit den beiden Opiumkriegen von 1839 bis 1842 und von 1856 bis 1860 richtig in Schwung kam und das Mandschu-Reich in China zerstörte. (Falls Sie sich fragen sollten, warum die USA mit ihren Verbündeten 2001 Afghanistan besetzten, dann finden Sie darin einen Teil der Antwort: Es ging darum, dort die Opiumproduktion wieder anzukurbeln und das Opium nach Mittelasien und Russland zu schleusen, um Mittelasiatisch-Turkestan und die russische Gesellschaft so zu zerstören, wie es den Briten einst beim Mandschu-Reich gelang.)

Abgesehen von den kolonialen Auswüchsen fand in England in den Jahrzehnten, die auf die napoleonischen Kriege folgten, eine durch technische Erfindungen geprägte industrielle Revolution statt. Später nannte man diese Periode den „Kapitalismus der freien Konkurrenz“, um klar zu stellen, dass ausgangs des 19. Jahrhun­derts – seit 1894 – der Kapitalismus einen anderen Charakter annahm: Den des Monopolkapitalismus.
Betrachten wir nun einige kredit- und zinsbedingte Gesetzmäßigkeiten, die infolge des Wirkens der Bank ins Dasein traten.

Das Wesen des Zinses im Kapitalismus

Der Zins entspringt dem Leihkapital in Form von Bankkredit zum Beispiel als Darlehen für Industrie- oder Handelskapitalisten, indem es als Industrie- oder Handelskapital fungiert. Dabei wird seitens des Bankiers unterstellt, dass das kreditierte Unternehmen im Stande sei, die durchschnittliche Profitrate zu realisieren und den geforderten Zins abzuwerfen.
Bei der Ausleihe des Geldkapitals veräußert der Bankier eine Ware, die sowohl einen Gebrauchswert als auch einen Wert besitzt. Der Industrie- oder Handelskapitalist erwirbt die Ware um ihres Gebrauchswertes willen. Der Wert des verliehenen Geldkapitals entspricht der Nominalgröße des Darlehens plus einem Mehrwert. Sein Gebrauchswert tritt in Funktion mit der Verwendung als Industrie- oder Handelskapital, als welches es Profit erzielt. Der Gebrauchswert und Zweck von Leihkapital entfaltet sich folglich für den Bor­genden in der Erzeugung von Profit. Dem Verleihenden fließt das realisierte Leihkapital mit einem Mehr­wert zurück, wobei dieser die Form des Zinses annimmt und stets nur ein Teil des vom Industrie- oder Han­delskapitalisten erzielten Profits sein kann, wenn sich das Geschäft für beide lohnen soll.

Kredit und Zins im Auf und Ab der Konjunktur

Bereits im 19. Jahrhundert war in England zu beobachten, wie sich die freie, nicht monopolisierte Wirt­schaft auf einen zyklischen Verlauf hinein schwang, – ein Phänomen, mit dessen Erklärung die National-Ökonomen über Jahrzehnte rangen. Markante Wirtschaftskrisen traten dort beispielsweise 1825, 1837, 1847 und 1857 auf. Auch andere Wirtschaftsmächte folgten diesem Verlauf. Die Wirtschaftszyklen wurden nur durch Kriege oder Naturkatastrophen modifiziert und später durch Monopolisierung, Zentralbank- und Staatseingriffe deformiert (siehe „antizyklische Konjunkturmaßnahmen“).

Betrachten wir den zyklischen Verlauf von Kapital, Kredit und Zins in der produktiven Sphäre: Solange die Produktion stagniert (bei Depression), bewirkt Expansion von Einlagen und Depositen bei Geschäftsbanken Reichlichkeit von leih-barem Geldkapital gegenüber produktivem Kapital, das in Form von Waren, fungieren­den Produktionsmitteln, Arbeitskräften und Geld existiert. Dies ist am Anfang des Zyklus nach dem „Krach“ der Fall. Zu dieser Zeit ist produktives Kapital überreichlich vorhanden, sei es in Warenform (nur schwer ab­setzbare Waren) oder in Form nicht fungierender (also still liegender) Produktionsmittel und Arbeitskräfte. Leihbares Kapital steht im Überfluss zur Verfügung, ohne von Unternehmern gebraucht zu werden. Das An­gebot übersteigt die Nachfrage bei weitem. Der Zins ist daher sehr niedrig. Ist ein Unternehmer geneigt, Kredit aufzunehmen, so kann er unter vielen Anbietern wählen und die Bedingungen (fast) nach Belieben diktieren.

Ausgangs der Krise kommt es nach der Stagnation zur Belebung der wirtschaftlichen Aktivität. Hierbei wird brach liegendes Eigenkapital der Unternehmer wieder in Funktion genommen. Es bedarf dazu nicht des Bankkredits. Selbst wenn der Reproduktionsprozess des Kapitals nur kleinen Profit verspricht, so fällt dieser doch ungeschmälert dem Unternehmer zu, weil er nicht durch Zinsen belastet ist. Da noch längst nicht alle brach liegenden Kapitalien wieder fungieren, sind Industrie- und Handelskapitalisten in der Lage, sich ge­genseitig auch ohne das Dazwischentreten von Banken kommerzielle Kredite zu gewähren. Der Zins bleibt deshalb noch auf Minimalniveau.

Gelangt die Produktion auf den Stand der Blüte wie im konjunkturellen Aufschwung, so erreicht der kom­merzielle Kredit eine sehr große Ausdehnung. Wachsende Produktion geht mit leicht eingehenden Rückflüs­sen (Erlösen) einher. Säumige Kunden sind die Ausnahme. In dieser Phase ist die Zinsrate immer noch nied­rig, wenn sie auch bereits über das Minimum steigt. Die Profitrate erreicht eine Höhe, wo aufgrund der niedrigen Zinsrate und Löhne Extraprofite erzielt werden, welche schnell reinvestiert werden. Die Kredit­quellen sprudeln reichlich; die Nachfrage nach leih-barem Kapital kann leicht befriedigt werden, ohne an Grenzen zu stoßen. Der Kreditsuchende setzt seine Bedingungen nicht mehr so leicht wie in der vorange­gangenen Phase durch; die Wünsche der Kreditgeber kommen stärker zur Geltung. In dieser Phase von etwa zwei bis drei Jahren Dauer fallen wirkliche Ausdehnung des industriellen Kapitals mit relativer Reichlichkeit des leih-barem Kapital und niedriger Zinsrate zusammen. Infolge leichter und regelmäßiger Rückflüsse in Verbindung mit ausgedehntem kommerziellen Kredit wird ein großes Leihkapitalangebot gewährleistet, das trotz der steigenden Nachfrage den Anstieg der Zinsrate bremst.

In dieser Etappe schnell wachsender Erträge und des relativ leichten Verdienstes kommen zunehmend Glücksritter und Schwindler („Trittbrettfahrer“) ins Spiel, die ohne Reservekapital oder überhaupt ohne Ei­genkapital nur auf Geldkredit hin operieren. Die Kreditinstitute sind geneigt, solchen Leuten das noch brach liegende Leihkapital zur Verfügung zu stellen, weil es doch Verzinsung verspricht. Dadurch kommt es zu einer großen Ausdehnung des fix investierten Kapitals (industrielle Anlagen, Fabriken etc.) und zur massenhaften Eröffnung neuer, weitreichender Unternehmungen. Der Zins steigt jetzt an und erreicht die Durchschnittshöhe. Auch die Löhne steigen. Extraprofite werden nicht mehr erzielt. Wir kommen jetzt in die Hochkonjunktur, in der die Geschäfte überwiegend mit Kredit bei steigenden Zinsen finanziert werden müssen. Doch die Konkurrenz auf den Absatzmärkten nimmt zu, und nicht mehr jedes Stück Warenkapital lässt sich leicht erlösen. Trotz steigender Zinslasten müssen die Marktpreise gesenkt werden oder Waren bleiben unverkäuflich. Erste Wechsel werden gezogen und platzen; erste Bankkredite sind nicht mehr bedienbar. Es tritt eine Überanspannung im Reproduktionsprozess des Kapitals ein. Rein äußerlich glaubt man, alles stehe zum Besten, denn noch expandieren Produktion, Distribution und Konsumtion; aber dies geschieht unter höchster Anspannung mit exorbitant steigendem Kreditbedarf und unter wachsender Zinslast. Der Profit schwindet dahin.

Der Zins erreicht sein Maximum, wenn die Zahlungen stocken und jedermann nach Kredit verlangt, koste es was es wolle. Dann hört der Kredit plötzlich auf. Eine Kreditklemme tritt ein, und nur noch bares Zahlungs­mittel zählt. Geschäftsleute, denen Erlöse zufließen, horten diese in ihren Tresoren, um sich gegen geschäft­liche Risiken abzusichern. Dadurch wird auch Geld als Zahlungsmittel knapp. Der kommerzielle Kredit ver­siegt. Es tritt ein fast absoluter Mangel von Leihkapital und ein Überfluss von unbeschäftigtem industriellem Kapital ein. Profit existiert nicht mehr. Die Krise ist da. Die Märkte und Lager sind überfüllt, Fabriken werden geschlossen und Arbeitskräfte entlassen. Alle Übertreibungen und Fehlentwicklungen der vorangegangenen Zeit werden nun zwangsläufig korrigiert. Der gute Haushälter unter den Unternehmern, der mit hohem Ei­genkapitalanteil und ausreichendem Reservekapital wirtschaftet, überlebt die Krise. Glücksritter und Schwindler, die nur mit Fremdkapital operieren, werden gezwungen, den Offenbarungseid zu leisten und die Unternehmer-Arena zu verlassen.

Die Krise erscheint als ein gewaltsamer Andrang nach Zahlungsmitteln, weshalb sie sich als Kreditkrise oder Geldkrise darstellt. Jetzt erweist sich, dass die Produktion über die gesellschaftlichen Bedürfnisse hinaus ausgedehnt wurde, dass jede Menge Schwindelgeschäfte und Spekulationen gemacht wurden. Es kommt zu einer Entwertung der nicht mehr fungierenden Kapitale. Die Banken ziehen noch einbringliche Kreditforde­rungen aus der Produktionssphäre heraus und harren neuer Kreditvergaben. Doch plötzlich benötigt wegen des überschüssigen Industriekapitals niemand mehr Kredit. Große Mengen Kreditgeld finden keine Anlage mehr; der Zins fällt ins Bodenlose, das heißt auf sein Minimum.
So etwa gestaltet sich die Entwicklung des Zinses im wirtschaftlichen Zyklus.
Die Zinsrate ist eine Variable, die von Angebot und Nachfrage abhängt. Sie schwankt dabei um einen Mittelwert. Durch die Oszillation um diesen erweist sich der Zins nicht als statische sondern als dynamische Größe. Im Wirtschaftszyklus von 1837 bis 1847 lag die niedrigste Zinsrate beispielsweise bei 1½ % und die mittlere bei 4 bis 4½ %. Während der Krise 1847 stieg die Zinsrate auf 8 % und mehr.

Golddeckung und Geldmenge

Trotz des wachsenden Kolonialreiches ergaben sich für die Bank von England spezifische Schwierigkeiten aus der Edelmetalldeckung der Landeswährung, die die Wirtschaftszyklen zusätzlich verschärften. Die Bank durfte nur so viel Banknoten zirkulieren lassen, wie durch Edelmetall in ihren Tresoren gedeckt war. In der Hochkonjunktur wurden Rohstoffe stets so reichlich in den Kolonien geordert, dass die Exporterlöse dahinter zurückblieben. Die Zahlungsbilanzen mussten folglich mit Edelmetall-Lieferungen ausgeglichen werden. So kam es, dass vom Zenit der Konjunktur an mehr und mehr Gold und Silber aus den Tresoren der Bank von England abfloss und gleichzeitig die Geldmenge im Mutterland reduziert werden musste, obwohl die Geschäftswelt dringend nach vermehrtem Kredit und Geld verlangte.

Einflüsse auf die Zinsrate

Der Profit zerfällt in die Anteile Unternehmerlohn und Zins. Je geringer die Zinslast ist, desto höher fällt der Unternehmerlohn aus. Folglich steht derjenige Unternehmer gut da, der mit hohem Eigenkapitalanteil oder gänzlich ohne Fremdkapital wirtschaftet.

1. Die Profitrate

Die Profitrate bildet die obere Schranke für die Zinsrate. Im wirtschaftlichen Zyklus wächst die Zinsrate, wenn allgemein der Kreditbedarf explodiert, wohingegen die Profitrate stabil bleibt oder sogar aufgrund der verschärften Konkurrenz sinkt. Dies schmälert den Unternehmerlohn bis zu einem Punkt, wo der Unterneh­mer gezwungen sein kann, auf alles zu verzichten und Teile seines Eigenkapitals zu opfern, um die Fremdka­pitalverpflichtungen zu erfüllen. Dies darf jedoch nur kurzzeitig geschehen. In der Krise verschwindet jegli­cher Profit und macht den Einsatz von Fremdkapital untragbar.
Daraus folgt, dass die Zinsrate unterhalb der Profitrate um ihren Mittelwert zyklisch oszilliert und nur aus­nahmsweise die Profitrate tangiert oder übersteigt. Im Durchschnitt muss sie erheblich unter der Profitrate bleiben, damit sich das Industrie- oder Handelsgeschäft für den Unternehmer lohnt.

Die Profitrate unterliegt neben den o.g. zyklischen Schwankungen einer langfristigen Entwicklungstendenz hin zum Fallen. Diese Merkwürdigkeit wurde anfangs des 19. Jahrhunderts bereits von David Ricardo und Adam Smith bei wirtschaftlichen Untersuchungen industrieller Unternehmungen entdeckt.
Das lässt sich wie folgt erklären: Im Produktionsprozess übertragen alle sachlichen Produktionsfaktoren wie Grund- und Hilfsmaterial, Vorprodukte, Maschinen, Gebäude, Energieträger etc. lediglich ihre Werte auf die Produkte, ohne dabei Mehrwert zu erzeugen. Der einzige Produktionsfaktor, der imstande ist Mehrwert zu produzieren, ist die lebendige menschliche Arbeitskraft. Das bedeutet nichts anderes, als dass die Arbeits­kraft fähig ist, einen größeren Wert zu erzeugen, als sie den Unternehmer kostet. Mit zunehmender Indus­trialisierung, Technisierung, Automatisierung wird dieser Faktor mehr und mehr freigesetzt. Daher sinkt langfristig die Mehrwertrate und folglich auch die Profitrate.
Unternehmungen können sich diesem Trend durch Erschließung neuer Märkte, Konzentration und Zentrali­sation von Kapital, Monopolbildung und fortschrittliche Technik zeitweilig entziehen, wodurch Extraprofite gegenüber der durchschnittlichen Profitrate der Branche erzielbar sind. Solcherart konkurrenzfähige Unter­nehmungen eignen sich letzten Endes über die nivellierten Marktpreise einen Teil des von den Arbeitskräf­ten der Konkurrenten erzeugten Mehrwertes an. Die Tendenz zum allgemeinen Fall der Profitrate muss demnach auch einen tendenziellen Rückgang der Zinsrate bewirken.

2. Der Entwicklungsstand des Kreditsystems

Die Entwicklung des Kreditsystems brachte bereits im 19. Jahrhundert die Geldersparnisse aller Klassen durch Vermittlung der Bankiers in die Verfügung der Industriellen und Kaufleute. Mögen das anfangs nur die Reservekapitalien und rückfließenden Erlöse der Unternehmer, und die zu deren Privatverbrauch beiseite geschafften Revenuen gewesen sein, so sammelten sich bei ihnen schließlich massenhaft private und ge­schäftliche Rücklagen und Profite in Geldform als Depositen an. Auch spielte vererbtes Vermögen aus der wirtschaftlichen Aktivität vorangegangener Unternehmer-Generationen eine zunehmende Rolle, ebenso wie die kleine Ersparnis einfacher Leute.

Die immer weiter greifende Mobilisierung von Geldvermögen als verleihbares Geldkapital, ließ damals schon die Zinsrate nach unten tendieren, ebenso wie durch die rasche Akkumulation von Industrie- und Bankkapital. Zugleich wurde durch die Machenschaften der Bankiers das Leihkapital quasi vergesellschaftet und den industriellen Unternehmern zum privaten Gebrauch überlassen. Es entwuchs der Verantwortung des einzelnen Sparers oder Vermögensbesitzers.

Das heute bestehende Bruchteilreserven-Banksystem ermöglicht den Banken, nach Belieben Geld zu schöp­fen. Lediglich die erforderliche Mindestreserve von 1 % ist einzuhalten. Das heißt, die Banken dürfen bis zum 99-fachen der bei ihnen zu Buche stehenden Sichteinlagen der Kunden Kreditgeld schöpfen und Zinsen dafür verlangen. Dies gibt dem bestehenden System eine außerordentlich große Elastizität und dem Kredit eine ungeheure Ausweitung, sofern die Kreditnehmer über ausreichende Sicherheiten verfügen.
Kredit steht daher auch bei starker Inanspruchnahme jederzeit in den kapitalistischen Metropolen reichlich zur Verfügung, wodurch die Zinsraten niedrig liegen und Kapital tendenziell fehlgeleitet wird, indem Investi­tionen lukrativ erscheinen, für deren Produkte in Wirklichkeit kein Markt vorhanden ist.

3. Nachfrage nach Leihkapital

Je höher die Nachfrage nach Leihkapital in Relation zu dessen Verfügbarkeit, desto höher steigt die Zinsrate. In der Boomphase, vor der bereits erhebliches Leihkapital in Fehlspekulationen oder riskante Geschäfte floss, steigt der Kreditbedarf rapide an, um die Geschäfte trotz sinkender Profitraten auszudehnen, zu inten­sivieren oder im angestrebten Wachstumsprozess die geschäftlichen Schwierigkeiten zu überwinden. Dies führt gewöhnlich zur Verschärfung des Wettbewerbs zwischen den Konkurrenten und noch höherem Kredit­bedarf, um die Geschäfte am Laufen zu halten. Die Banken reagieren darauf ihrerseits mit dem Verlangen nach neuen Sicherheiten und höherem Zins, um die Kreditnehmer zu hoher Disziplin bei der Bedienung die­ser Kredite zu veranlassen. (Diese Entwicklung setzt sich so fort, bis die Kredite auszufallen beginnen und gebotene Sicherheiten sich entwerten.)

Ein bedeutsamer Nachfragefaktor nach Kapital ist der Staat. Dadurch, dass staatliche Schuldverschreibun­gen Ansprüche auf Zinsen garantieren und die Papiere handelbar sind, besitzen sie den Anschein von Wert­papieren. In Wirklichkeit bedeutet jedoch die Kapitalüberlassung an den Staat in der Regel die Vernichtung des Kapitals, denn der Staat verwendet es nur in Ausnahmefällen als solches, z.B. beim Straßenbau oder im Bildungswesen (Entwicklung von Humankapital). Sobald es für Rüstungen, soziale Zwecke, Beamtengehälter und –-pensionen oder Kriegseinsätze missbraucht wird, geht es verloren.
Die vermeintliche Zinszahlung sichert der Staat heute durch Neuverschuldung oder über die Einkommen­steuerpflicht ab. So bringt faktisch der Steuerzahler die Mittel für die Zinsen durch seine eigene Steuerzah­lung auf. Der Staat wirkt demnach als zinstreibender Nachfrager auf den Kreditmarkt ein, obwohl er seinerseits an möglichst niedrigen Zinsen für seine Schulden interessiert ist. (Diesem Widerspruch versucht er mittels entsprechender Steuerung der Leitzinsen durch die Zentralbank zu entgehen.)

Die Rolle des Kreditwesens umriss Karl Marx im dritten Band seines Hauptwerkes „das Kapital“ wie folgt.
„Wenn das Kreditwesen als Haupthebel der Überproduktion und Überspekulation erscheint, so nur, weil der Reproduktionsprozess, der seiner Natur nach elastisch ist, hier bis zur äußersten Grenze forciert wird und zwar deshalb forciert wird, weil ein großer Teil des gesellschaftlichen Kapitals von den Nichteigentümern desselben angewandt wird, die aber ganz anders ins Zeug gehen als der ängstlich die Schranken seines Pri­vatkapitals erwägende Eigentümer, soweit er selbst fungiert. Es tritt damit nur hervor, dass die auf den ge­gensätzlichen Charakter der kapitalistischen Produktion gegründete Verwertung des Kapitals die wirkliche, freie Entwicklung nur bis zu einem gewissen Punkt erlaubt, also eine immanente Fessel oder Schranke der Produktion bildet, die beständig durch das Kreditwesen durchbrochen wird…“

Was Karl Marx hier als Ursache für die einzelnen Krisen beschrieb, gilt wohl auch für die Gesamtentwicklung der Wirtschaft. Nacheinander wurden verschiedene Wirtschaftszweige zur Blüte gebracht, was heute als „Blase“ bezeichnet wird, zuletzt die Informationstechnologie, deren Dotcom-Blase 2000 platzte. Auf den Gebieten der Gentechnik und der Nano-Technologie verwehren technische und ethische Schranken die Bla­senbildung; Raumfahrttechnologie und fortschrittliche Energietechnologien sind (noch) verschlossen. Es blieb dem „Kreditwesen“ mangels Anlagesphären nichts anderes übrig, als sich selbst in Form der „Finanz­markt-Industrie“ aufzublasen und nun wiederum zu verdorren.

Dieser Ursachenbeschreibung mangelt es jedoch an dem im Teil 5 erwähnten Zwang, das fehlende Geld für Kreditzinsen den Konkurrenten auf dem Markt abzujagen. Und das mit zinsbedingt verteuerten Produkten. Dort hieß es: „Je höher der Kreditanteil am zirkulierenden Geld, desto stärker ist folglich die Tendenz zur Geldverknappung für alle.“ Diese Gesetzmäßigkeit entfaltet sich während jedes Krisen- oder Konjunkturzyklus. Je mehr mit der anspringenden Konjunktur die Kreditvergabe expandiert, desto mehr progressieren die Zinsforderungen. Die Kluft zwischen aufzubringender Zinsmasse im Verhältnis zur zirkulierenden Geldmenge steigt. Im Moment des Konjunkturhochs scheint sie noch wirtschaftlich erträglich zu sein, denn die Mehrzahl der Kredite wird bei steigendem Zins und sinkender Profitrate von den Schuldnern bedient, doch schon kurze Zeit später beginnt sie, die Konjunktur abzuwürgen und auf die Krise zuzusteuern, weil sich die kalkulierten Gewinne in rote Zahlen verwandeln. Die Kreditwirtschaft selbst verursacht also das Auf und Ab der Wirtschaft mit all den sie begleitenden Fehlentwicklungen.

Fazit

Zudem entsteht mit jeder Kredit- und Geldschöpfung aus dem „Nichts“ durch die Banken eine Zinsforde­rung und eine Forderung nach realer Sicherheit (wie Grundschuld oder Immobilie), was den Gläubigern fi­nanziellen oder sachlichen Reichtum beschert, indem die Kreditnehmer entsprechende Tribute zu leisten haben. Dieses parasitäre Geschäftsmodell wird durch spezielle Bankprivilegien des Staates, gestützt auf des­sen Gewaltmonopol, legalisiert und abgesichert. – Ein monströser Betrug, vor dem uns Johannes vor zwei­tausend Jahren schon warnte!

Mit dem Monopolkapitalismus, in dem durch Akkumulation und Zentralisation von Kapital große Industrie­konzerne, Kartelle und Syndikate marktbeherrschenden Einfluss gewannen und ihre Interessen bei Regie­rungen und Staaten immer wirksamer durchzusetzen wussten, begann 1894 ein neues Entwicklungsstadium. Das monopolkapitalistische Geschäftsmodell der Industrie war derartig profitabel, dass der „Kuchen“ der etablierten großen Geschäftsbanken in den USA immer kleiner zu werden drohte. Die Morgans, Rockefellers, Warburgs und Schiffs bekamen es mit der Angst zu tun. Seit der Wende zum 20. Jahrhundert sprudelten die Gewinne für die marktbeherrschenden industriellen Großunternehmen geradezu und sorgten für üppige Liquidität. Die Industriemonopole waren nicht mehr auf Kredite der Großbanken angewiesen. Im Gegenteil – sie konnten sogar selbst Darlehen vergeben!

Die klein- und mittelständische Industrie hingegen benötigte zwar Kredit um zu wachsen, bildeten aber un­ter dem Druck der monopolistischen „Platzhirsche“ eine am „Hungertuch“ nagende Kundschaft der Ge­schäftsbanken.
Händeringend suchten die führenden Bankmanager der Vereinigten Staaten nach einem Geschäftsmodell, das ihnen in Anbetracht solcher Herausforderungen dauerhaft sichere Profite verschaffte. Ein zentrales In­strument musste her, mit dem der ganze Staat als Geisel und die Großindustrie an die Kandare genommen werden konnte. Die Suche führte 1913 schließlich zur Gründung des Federal Reserve Systems, kurz FED ge­nannt, – einer privaten Zentralbank-Institution, die den Anschein einer bundesstaatlichen Einrichtung er­weckt, aber tatsächlich im Besitz eines Konsortiums US-amerikanischer Großbanken steht.

© HPB 02.11.2014

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