Von Doris Auerbach (politonline)
Das jährliche Treffen, dass 55. seiner Art, das vom 15. bis 17. Februar stattfand, ist schon wieder Legende, mitsamt seinen eher als überzahlreich zu betrachtenden Teilnehmern von 600 Personen, zu denen mehr als 40 Staats- und Regierungschefs zählten. Nun figuriert diese Konferenz unverändert unter dem Begriff »Sicherheit«, indessen dürften die von Seiten der USA dort vorgetragenen Forderungen und Drohungen bei Europäern und Nichtamerikanern eine rechte Unsicherheit erzeugt haben.
Was gewissermassen unausweichlich zu erwarten war, war die Fortsetzung der bereits gewohnten Angriffe Washingtons auf Nord Stream 2 unter Zuziehung aller bereits ausgesprochenen Warnungen. Schon zuvor, anlässlich der von der USA und Polen organisierten Nahostkonferenz, die am 13. und 14. 2. in Warschau abgehalten wurde, hatte US-Aussenminister Mike Pompeo erklärt, dass die russisch-deutsche Erdgaspipeline europäische Länder von russischen Gaslieferung abhängig machen würde. Zuvor hatte er im Zuge seiner Europareise, die er 11. 2. in Budapest angetreten hatte, die slowakische Hauptstadt Bratislava besucht, wo er in Erinnerung an den Fall des Eisernen Vorhangs vor 30 Jahren nicht versäumte, die ewig gleiche Warnung vor der russischen Aggression vorzutragen, die, wie er zu behaupten beliebte, »die Freiheit auf dem Kontinent zu untergraben drohe«. Gegner des Projekts, so Pompeo mit offener Ehrlichkeit, sei die USA auch deswegen, »weil es Russland überlegener mache«. [1] Was aus der Sicht Washingtons ja schon gar nicht eintreten darf….
Von Seiten der USA war der Kampf um den europäischen Energiemarkt schon 2015 in vollem Gange, da diese unverändert danach trachtet, die europäischen Staaten von der von ihr als ›Energieabhängigkeit von Moskau‹ bezeichneten Versorgung mit umweltfreundlichem Erdgas durch Russland zu lösen. »Wer darin eine Hilfestellung der Amerikaner sieht«, so die ›Deutschen Wirtschafts Nachrichten‹, »der täuscht sich. Stattdessen sollen US-Konzerne die Energiesicherheit Europas garantieren. US-Unternehmen sollen in den Fracking- und Kernkraftmarkt Europas dringen, um die russischen Energie-Konzerne zu verdrängen«. [2] Damit die USA ihr umweltschädliches Fracking-Gas verkaufen kann, »würde es«, so Oskar Lafontaine, »seit längerem eine Lügenkampagne unter der Beteiligung von ›Bild‹ und ähnlichen ›Qualitätsmedien‹ und einschlägig bekannten ›Atlantikern‹ bei CDU und Grünen geben«. »Ihr Ziel sei es, zu verhindern, dass Putin einen zu großen Einfluß in Deutschland bekomme«, so Lafontaine ferner. [3]
Bei dem von Washington entwickelten Plan, das Projekt Nord Stream 2 durch die EU-Kommission zum Scheitern zu bringen, ging es darum, dass dieses aus der deutschen Rechtsprechung herausgenommen werden sollte, so dass die Entscheidung bei der EU-Kommission läge, wodurch es möglich gewesen wäre, auf europäischer Ebene Beschränkungen für den Bau der Gasleitung zu verhängen. Und die Amerikaner wären so imstande gewesen, zu signalisieren, dass sie damit nichts zu tun hätten, wodurch der Eindruck entstanden wäre, als wäre die Pipeline von den Europäern selbst abgelehnt worden. [4] So hatten die Vereinigten Staaten auch eine verschärfte Drohung gegen die an Nord Stream 2 beteiligten Unternehmen ausgesprochen, die in dem von dem neuen US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell, an Uniper und die BASF verschickten Schreiben enthalten war. Darin war die Rede von einem ›signifikanten Sanktionsrisiko‹ für ›Aktivitäten im russischen Energieexport-Pipeline-Sektor‹. Uniper ist wie die BASF-Tochtergesellschaft Wintershall Finanzinvestor des vom russischen Staatskonzern Gazprom verantworteten Projekts. Indessen machte Gazprom klar, Nord Stream 2 bei einem Rückzug der Investoren notfalls im Alleingang fertigzustellen.
Der Vorsitzende des österreichischen Energiekonzerns OMV, Rainer Seele, der zuvor die Kasseler BASF-Tochterfirma Wintershall, die zu den von Grenell bedrohten Unternehmen zählt, geleitet hatte, erklärte Mitte Januar, Grenells Schreiben sei »eine vollkommen inakzeptable Bedrohung von deutschen Unternehmen. Europa darf sich bei energiepolitischen Fragen nicht von der USA bevormunden lassen«. Unterdessen schreitet der Bau von Nord Stream 2 mit hohem Tempo voran. Schon Ende Dezember waren, wie berichtet, von den etwas mehr als 1.200 Pipeline-Kilometern bereits rund 370 verlegt worden; weiterhin ist geplant, die Erdgasleitung bis Ende dieses Jahres fertigzustellen, um sie spätestens zum 1. Januar 2020 in Betrieb nehmen zu können. Gelänge dies, dann hätte Berlin in zumindest einem Streitfall einen wichtigen Punktgewinn gegen Washington erzielt [5], auch wenn Vizepräsident Mike Pence in seiner Rede in München gefordert hat, dass sich Deutschland von Nord Stream 2 verabschiede. ›Einmalig‹ wie immer, verhielt sich das EP, das Mitte Dezember eine Resolution gegen Nord Stream 2 annahm, die einen Baustopp der Pipeline und einen Abbruch des gesamten Projektes fordert. Die Resolution bezeichnet das Projekt als politisch; behauptet wird, dass es eine Bedrohung für die europäische Sicherheit darstelle. »Das Europäische Parlament fordert daher die Annullierung dieses Projekts«. Zudem wird eine Verlängerung der antirussischen Sanktionen gefordert«. [6] Beides richtet sich völlig unverständlicherweise klar gegen die Interessen der europäischen Bevölkerung. Wie von der EU-Kommission in der Folge am 12. / 13. 2. bekannt gegeben, haben die EU-Länder und das EP eine Einigung erzielt, der zufolge der Betreiber der Gasleitung mit zusätzlichen Auflagen rechnen müsse. Diese vorläufige Einigung muss vom Rat der Mitgliedsländer und vom EP noch formal gebilligt werden. Dann wäre die Änderung der Gasrichtlinie endgültig unter Dach und Fach.
Wie sich die EU immer wieder den Forderungen der USA beugt, ist an der Stellungnahme des Europa-Abgeordneten und Präsidenten der europäischen Grünen, Reinhard Bütikofer, abzulesen: »Es darf kein geteiltes europäisches Energierecht geben und keine Sonderrechte für Gazprom und Nord Stream 2«. Man geht sicherlich nicht fehl, wenn man annimmt, dass sich innerhalb der EU ohne die mit Drohgebärden verbundene Einmischung Washingtons gar keine Auseinandersetzung ergeben hätte. [7] Und was soll da noch eine Rede von Annalena Baerbock, dass die Europäer weltpolitikfähig werden müssten: »Sicherheitspolitik ist mehr als Verteidigung allein, es sind Handelsfragen, es ist eine Wirtschaftspolitik und die Klimakrise spielt zentral mit rein; dafür braucht es eine gemeinsame europäische Strategie«, so die Grünen-Chefin. Wie gedenkt sie das anzustellen, unterliegt doch die Wirtschaft der EU ständigen, sie zu erdrosseln drohenden Sanktionen von Seiten Washingtons und einer auf die Erfordernisse der USA ausgerichteten und von ihr gelenkten Sicherheitspolitik? [8]
Zankapfel Iran
Als wesentlich schwerwiegender resp. folgenreicher zeigt sich die Auseinandersetzung hinsichtlich des Irans. Am deutlichsten hat dies wohl der iranische Aussenminister Mohammed Dschawad Sarif in München ausgedrückt: »Die USA ist vom Iran pathologisch besessen«. In seiner Rede empörte er sich über die Angriffe und forderte von Europa mehr Solidarität. Gewiss kann man ihm hierin folgen, dennoch ergibt sich auch hier dieselbe Schwierigkeit: Wie soll das bei dem Status der EU als US-Kolonie auf verlässliche Weise erreicht werden…. Sarif, schreibt ›sputniknews‹, erfüllt so gar nicht das Klischee vom fanatischen Mullah, das Washington gern von dem Iraner verbreiten möchte. Der Top-Diplomat ist Professor für Internationales Recht und Politikwissenschaft, spricht fliessend Englisch, hat in der USA studiert und war massgeblich an der Aushandlung des Atomabkommens beteiligt. Wie es überdies hiess, ging US-Vizepräsident Mike Pence dem Vertreter des Erzfeindes tunlichst aus dem Weg. [9]
Was bleibt, ist, dass Pence in seiner Rede klargestellt hat, dass die USA von den Europäern erwartet, sich beim Atomabkommen mit dem Iran auf die Seite der Vereinigten Staaten zu schlagen. [8]
Ferner hat Pence von Berlin und der EU erneut ultimativ verlangt, politische und wirtschaftliche Vorhaben, die mit der US-Politik nicht in vollem Umfang übereinstimmen, umgehend aufzugeben, wozu, wie bereits erwähnt, natürlich auch die Aufgabe von Nord Stream 2 gehören würde. Die bedrohlichste Forderung besteht nun allerdings darin, das Nuklearabkommen mit dem Iran zu kündigen. An diesem wollen die Europäer jedoch festhalten, wie dies auch Bundeskanzlerin Merkel bekräftigt hat: »Zwar verfolge man ebenfalls das Ziel, Irans Politik ›einzudämmen‹; dies werde allerdings besser gelingen, wenn man die Vereinbarung beibehalte, um dadurch vielleicht auch auf anderen Gebieten Druck machen zu können«. Weder Berlin noch die EU sind zur Zeit bereit, im Streit mit Washington klein beizugeben. Unklar ist aber auch, vermerkt ›German Foreign Policy‹, ob die Bemühungen, das Nuklearabkommen mit dem Iran zu retten, gelingen können. Bislang gilt als Voraussetzung hierfür, dass die Geschäfte mit dem Land zumindest in nennenswertem Umfang aufrechterhalten werden können was allerdings bislang nicht der Fall ist. Auch das kürzlich geschaffene Finanzvehikel ›INSTEX‹ [Instrument in Support of Trade Exchanges], eine Art Tauschbörse, gilt als ungeeignet, um eine Wende zu erreichen, was von Irans Aussenminister soeben in München bekräftigt worden ist: ›INSTEX‹, so Sarif, reiche nicht aus. Überdies hat die Atomvereinbarung in der Bevölkerung im Iran deutlich an Rückhalt verloren, weil die EU zwar in Bezug auf Handel viel verspricht, aber nicht liefert, wie es die Stiftung ›Wissenschaft und Politik‹ in einer aktuellen Stellungnahme aufgezeigt hat. Auch im Teheraner Polit-Establishment seien zuletzt die ›Gegner der Vereinbarung gestärkt und die Hardliner im Land beflügelt‹ worden. Gebe es beim Handel nicht rasche Erfolge, dann könnten »selbst die Pragmatiker vor einem Austritt aus der Vereinbarung nicht länger zurückschrecken«, heisst es weiter: »Damit steht die Atomvereinbarung mit dem Iran auf der Kippe«. Wobei Analysen dieser Art durchaus mit Vorsicht zu begegnen ist. [10]
Bezüglich des ebenfalls umstrittenen INF-Vertrags hat der oberste Aussenpolitiker Chinas, Yang Jiechi, jetzt am 16. 2. in München erklärt, dass sein Land den Beitritt zum INF-Verbotsabkommen für nukleare Mittelstreckenraketen ablehnt. Sein Land orientiere sich bei der militärischen Rüstung ›streng an defensiven Notwendigkeiten‹. »Wir sind gegen die Multilateralisierung des INF-Vertrags«, so Jiechi [11] und wies die Aufforderung von Bundeskanzlerin Merkel, nach der Aufkündigung des INF-Vertrags an den internationalen Bemühungen um Abrüstung mitzuwirken, zurück. Der bilaterale Abrüstungsvertrag habe ›gute Dienste geleistet‹, und er hoffe, dass die USA und Russland wieder zu ihm zurückkehren. Die Rüstungsstrategie Chinas mit ihrem rein defensiven Charakter stelle keinerlei Bedrohung für andere dar. [12] Wie der vormalige Präsident der Sowjetunion Michail Gorbatschow darlegt, »kann man nur schliessen, dass hinter der Ausstiegsentscheidung der USA nicht die von amerikanischen Anführern genannten Gründe stehen, sondern etwas ganz anderes. Die USA will alle Beschränkungen im Bereich der Rüstung abschaffen, um absolute militärische Überlegenheit zu erreichen. Wohl um der Welt ihren Willen zu diktieren – wofür sonst?«. Dies aber sei ein Phantasiewunsch, behauptete er. Denn die Hegemonie eines Landes sei in der modernen Welt unmöglich. Gorbatschow hat die Bemühungen der europäischen Staaten zur Rettung des Vertrags begrüsst und diesbezüglich auch die jüngsten Reisen von Heiko Maas nach Moskau und Washington erwähnt. »Es ist bedauerlich, dass dieser Versuch nicht erfolgreich war. Aber man muss die Bemühungen fortsetzen, denn es steht zu viel auf dem Spiel«. [13]
Natürlich ist auch hier der Sündenbock wieder Russland, auch wenn der Auslöser der ganzen Misere Washington ist. So warf Jens Stoltenberg Russland vor, die Schwelle zum Nuklearkrieg zu senken, was er mit den angeblichen russischen Verletzungen des INF-Vertrages begründete. Es gebe immer mehr russische Raketen in Europa, nicht US-amerikanische. Die NATO, so Stoltenberg ferner, werde für die notwendige Abschreckung sorgen. [14] Was uns alle hier in Europa erstarren lassen dürfte !
Zur Lage in Venezuela
Im Hinblick darauf, dass der venezolanische Umstürzler Juan Guaido bereits von einigen EU-Staaten, immerhin noch nicht von der EU als Ganzes, aber, wiederum einmalig, auch vom EP schon eilfertig als Übergangspräsident anerkannt worden ist, ist die Forderung an die EU ergangen, diesen nun als legitimen Präsidenten Venezuelas anzuerkennen. Inzwischen sind es rund 50 Staaten, darunter eine Reihe lateinamerikanischer Länder, die Guaido als Übergangspräsidenten gutheissen. Mike Pence zufolge ist Maduro »ein Diktator, der kein Recht mehr auf die Macht hat. Er müsse gehen«. Wenn Pence das so sieht, muss ja wohl so sein … [15] Die Krise in Venezuela spitzt sich im Augenblick fatalerweise dramatisch zu: Hilfslieferungen werden abgewiesen, bei den Auseinandersetzungen kommt es zu Toten. Jetzt sieht auch Aussenminister Pompeo die Zeit zum Handeln gekommen. [16] Man kann ruhig hinzufügen: Endlich! Ziel erreicht. Schliesslich ist das Weisse Haus direkt in die Aufheizung der Unruhen eingebunden, wie dies aus den beiden Berichten
Venezuela – Die Eskalation seit Monaten geplant und
Venezuela – Ein neuer Brandherd? hervorgeht.
Noch vor den Massenprotesten gegen Maduro, zu denen die von der oppositionell geführten Nationalversammlung am 23. 1 aufgerufen hatte, hatte Vizepräsident Pence eine Videobotschaft veröffentlicht, in der er seine ›unerschütterliche Unterstützung‹ für einen Regimewechsel in Venezuela bekräftigte. Und Regimewechsel pflegt die USA bekanntlich ohne grössere Skrupel zu lancieren, man ziehe hier nur einmal das letzte Opfer dieser Schachzüge, die Ukraine, in Betracht, die sich heute einem das Land niederdrückenden Chaos ausgesetzt sieht. Schon Anfang Januar hatte Pence verlauten lassen, dass es für das venezolanische Volk an der Zeit sei, ›die Dinge selbst in die Hand zu nehmen‹. »Die Vereinigten Staaten unterstützen die mutige Entscheidung von Juan Guaido, dem Präsidenten der Nationalversammlung, die verfassungsmässigen Befugnisse dieses Gremiums geltend zu machen, Maduro zum Usurpator zu erklären und die Bildung einer Übergangsregierung zu fordern«. Wer natürlich die Geschicke des Landes in die Hand nehmen möchte, ist niemand anderes als Washington selbst. Seit Februar 2013, Chavez starb am 5. März 2013, ist Venezuela Ziel wirtschaftlicher US-Sanktionen und administrativer US-Schikanen. Und seit Anfang November 2017 sanktioniert auch die EU. Ihre gegen Venezuela verhängten Sanktionen hat die USA jetzt noch ausgeweitet, insbesondere die, die Venezuelas überlebenswichtige Erdölbranche treffen. Hinzu kommt, dass der Ölpreis derzeit lediglich bei 30 US-Dollar pro Barrel liegt. Indessen benötigte Venezuela Einnahmen in Höhe von 120 $ pro Barrel, um seine Ausgaben zu decken. Eine Steigerung der derzeitigen Förderung von 2,3 Millionen pro Tag auf 5 Millionen pro Tag ist auf Grund fehlender Mittel für die erforderlichen Investitionen jedoch nicht durchführbar.
Die fünftgrösste Nation Südamerikas mit 31 Millionen Einwohnern verfügt mit etwa 50 Milliarden Tonnen über die weltweit grössten und wohlgemerkt anzapfbaren Ölreserven; zudem gehören Gold, Diamanten und Eisen zu den nahezu unerschlossenen Potentialen des Landes. Nun zählt Venezuela, wie der in Sao Paulo lebende Autor Wolf Gauer darlegt, zu den wenigen ressourcenstarken Wirtschaftsräumen, die noch nicht unter US-amerikanischer Vormundschaft stehen und obendrein wirtschaftliche Beziehungen zu Russland und China pflegen. Das reizt zum Einschreiten. [17] Man erinnere sich: Am 11. April 2002 war Chavez, der 1999 an die Macht gelangt war, mit Unterstützung der CIA von wohlhabenden Oppositionskräften aus dem Amt geputscht worden. Nur zwei Tage später zogen 1,5 Millionen Menschen vor den Regierungssitz in Caracas, vertrieben die Putschregierung und holten Chavez zurück in sein Amt. [18]
Im November 2005 schrieb der mit zahlreichen Preisen bedachte Journalist John Pilger: »Während die Welt auf den Iran und Syrien blickt und die nächste Bush-Attacke dort vermutet, wissen die Venezolaner genau: Sie könnten die nächsten sein. Am 17. März berichtete die ›Washington Post‹, daß Feliz Rodriguez, ›ein ehemaliger CIA Agent mit guten Verbindungen zur Bush-Familie‹ an dem Plan zum Mordanschlag gegen den Präsidenten von Venezuela beteiligt war. Am 16. September sagte Chavez, ›ich habe Beweise, daß es Pläne zur Invasion von Venezuela gibt. Des weiteren haben wir Dokumente, wie viele Bombenflugzeuge am Tag der Invasion Venezuela überfliegen werden..… Die USA führen Manöver auf der Karibikinsel Curaçao durch, die sogenannte Operation Balboa‹. Seitdem haben interne Dokumente des Pentagons, die den Medien zugespielt wurden, Venezuela als eine ›post-Irak-Drohung‹ identifiziert, die eine Planung ›im vollen Ausmaß‹ erfordere«. [19]
Die Grenzunruhen – offensichtlich orchestriert
Am 11. 2. berichtete ›German Foreign Policy‹, dass Guaido Provokationen an Venezuelas Grenze angekündigt hatte und sich offen für einen Einmarsch von US-Truppen in das Land zeigte. Am Wochenende 9./10. Februar hatte er davon gesprochen, dass erste, nicht näher bezeichnete ›Gruppen‹ versuchten, in den Nachbarländern antransportierte Hilfsgüter ins Land zu bringen. Gegebenenfalls sei er bereit, auch eine Intervention fremder Streitkräfte zu autorisieren. Wie es in Washington hiess, handle es sich bei dem Antransport der Hilfsgüter nicht etwa um ›eine humanitäre Mission‹, sondern lediglich um den Versuch, die Streitkräfte doch noch zu einer Erhebung zu motivieren. Guaidos jüngstem Vorstoss waren bisher vergeblich gebliebene Bemühungen, die venezolanischen Streitkräfte zum Putsch zu bewegen, vorausgegangen. Um für einen solchen erwünschten Putsch zu werben, hatte die Nationalversammlung bereits vor Guaidos Selbstproklamation zum Präsidenten eine Amnestie für alle Soldaten beschlossen, die bereit gewesen wären, sich gegen die Staatsspitze zu erheben. Verständlicherweise lehnt es Maduro ab, auf dem Umweg über angeblich humanitäre Lieferungen den Umstürzlern faktisch die Entscheidungsgewalt in Caracas zu übertragen. [20]
Die Begründungen, mit denen Aussenminister Pompeo seinerseits die von ihm dekretierte Notwendigkeit zum Handeln untermauert, spiegeln eine einzige Heuchelei: Es ist die Rede von Washingtons Unterstützung der Demokratie, um dem verzweifelten venezolanischen Volk zu helfen, von der Ergreifung von Massnahmen gegen jene, die sich der friedlichen Wiederherstellung der Demokratie in Venezuela widersetzen und von der Solidarität mit jenen, die ihren Kampf für die Freiheit fortsetzen. [21] Er verfehlte auch nicht, den Familien derjenigen, die bei den gewaltsamen Zusammenstössen an der Grenze zwischen Venezuela und Brasilien ums Leben gekommen sind, sein Mitgefühl auszusprechen. «Wir schliessen uns deren Forderung nach Gerechtigkeit an», schloss Pompeo seine Botschaft. [22]
Am 18. 2. hatte Trump in seiner Rede in Miami dem venezolanischen Militär, das noch an der Seite Maduros stehe, schwere Konsequenzen angedroht, wenn es weiterhin für den Staatschef Maduro einträte [23] und am 6. 2. hatte er seine volle Unterstützung für die venezolanische Opposition zum Ausdruck gebracht. [24] Desgleichen Heiko Maas am 18. 2. im Anschluss an Beratungen mit EU-Amtskollegen in Brüssel: »Wir sind uns eigentlich einig, dass wir unsere Unterstützung für Juan Guaido nicht nur aufrechterhalten, sondern dass wir sie intensivieren müssen«. [25] Letzten Nachrichten zufolge sind nach Angaben der Einwanderungsbehörde Kolumbiens inzwischen etwa 60 Mitglieder der Sicherheitskräfte Venezuelas desertiert und über die Grenze geflohen. Zwei Lastwagen mit Lebensmitteln und Medizin konnten allerdings nicht über die Grenze gebracht werden und mussten umkehren.
Ursula von der Leyen hatte die Konferenz gemeinsam mit ihrem britischen Kollegen Gavin Williamson, der erst seit einem Jahr im Amt ist, eröffnet. Dieser zeichnete sich unmittelbar dadurch aus, dass er nicht davor zurückschreckte, seine hässliche Kritik an Russland vorzutragen, die dem Land ›Abenteurertum‹, Versuche, Vertrauen zu unterminieren und in allen Grauzonen der realen und virtuellen Welt Destabilisierung zu fördern und Zwietracht zu säen, vorwarf. Der Kreml, so Williamson, hoffe »to get away with murder while having blood on his hands«. Das werde nicht gelingen. Letzteres veranlasste die ›Frankfurter Allgemeine Zeitung‹ immerhin zu folgendem Statement: »Die Vereisungen der internationalen Politik sind unübersehbar. So braucht der britische Verteidigungsminister Gavin Williamson nur wenige Sekunden Redeanlauf, um die russische Regierung als ›Abenteurer‹ und Mörder zu attackieren«. [26] Von Wolfgang Ischinger, dem Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, wurde Russland als ›momentaner Problembär‹ dargestellt. Es ist effektiv erstaunlich, mit welcher Gelassenheit Russland auf all die infamen Anschuldigungen reagiert. [27]
Ansonsten mahnte BRD Aussenminister Heiko Maas zu einem selbstbewussteren Auftreten in einer Welt, die »von neuen Rivalitäten zwischen etablierten und aufstrebenden Mächten geprägt« sein werde. Wichtig sei ein »starkes, handlungsfähiges Europa«, das als starker Akteur auftrete, nicht als ›Objekt globaler Politik‹. Erneut: Um solches zu erreichen, müsste sich die EU zunächst von dem Joch der US-Sanktionen befreien können. [28]
Aller Zerwürfnisse entgegen hat der frühere US-Vizepräsident Joe Biden die Verbündeten der USA gebeten, sein Land trotz der gegenwärtigen Schwierigkeiten in den transatlantischen Beziehungen nicht abzuschreiben. Mit Blick auf die derzeitige US-Regierung unter Donald Trump sagte er am letzten Tag der Sicherheitskonferenz: »Ich versprechen Ihnen, das wird vorbeigehen«. Jedoch kann sicherlich auch er heute noch nicht verlässlich abschätzen, wie sich die Lage entwickeln wird. [29]
In Anbetracht der Zwiespältigkeit der Einstellungen, wie sie jetzt in München zutage getreten sind, muss dieses Treffen bedauerlicherweise als Unsicherheitskonferenz im Gedächtnis bleiben.
[1] https://bazonline.ch/ausland/europa/usaussenminister-warnt-vor-russland-und-china/story/21960842 12. 2. 19
[2] http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2015/04/09/griechenland-und-ungarn-kooperieren-mit-russland-bei-turkish-stream/ 9. 4. 15
[3] https://de.sputniknews.com/politik/20190208323893488-lafontaine-kommentar-us-politik-europa/?fbclid=IwAR13inTDItqc2-8ougM4yVuCBMJQSxEU3aATTD7PM5iEsskQnMzOZ7oall8&utm_source=https://www.facebook.com/&utm_medium=short_url&utm_content=kE4N&utm_campaign=URL_sh 8. 2. 19
[4] https://de.sputniknews.com/kommentare/20190131323794981-us-kampf-gegen-nord-stream-2/ 31. 1. 19
[5] https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/7831/
16. 1. 19 Die Souveränität der Macht
[6] https://de.sputniknews.com/politik/20181212323263894-eu-abbruch-nordstream2/ 12. 12. 18
[7] https://www.nzz.ch/wirtschaft/nord-stream-2-eu-einigt-sich-auf-regeln-fuer-pipeline-projekte-ld.1459415 13. 2. 19
[8] https://www.swr.de/swraktuell/Wir-haben-ein-Problem-Houston-Ischinger-zieht-duestere-Bilanz-der-Sicherheitskonferenz,ende-sicherheitskonferenz-100.html 18. 2. 19
[9] https://de.sputniknews.com/politik/20190217324008496-iran-sarif-munchen-sicherheitskonferenz-usa/ 17. 2. 19
[10] https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/7863/
18. 2. 19 Europas ›geopolitische Identität‹
[11] https://deutsch.rt.com/newsticker/84369-china-lehnt-unterzeichnung-des-inf-vertrags-ab/ 16. 2. 19
[12] https://www.epochtimes.de/politik/deutschland/chinas-vertreter-in-muenchen-lehnt-beteiligung-an-neuem-abruestungsvertrag-ab-a2797428.html
16. 2. 19
[13] https://de.sputniknews.com/politik/20190213323938606-gorbatschow-bewertet-inf-ausstieg-usa/ 13. 2. 19 Was steckt hinter INF-Ausstieg der USA?
[14] https://de.sputniknews.com/politik/20190215323981538-stoltenberg-angst-msk-2019/ 15. 2. 19
[15] https://www.epochtimes.de/politik/deutschland/pence-eu-soll-guaido-als-praesidenten-venezuelas-anerkennen-2-a2797312.html 16. 2. 19
[16] https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/pompeo-werden-massnahmen-fuer-demokratie-in-venezuela-ergreifen-16057338.html 24. 2. 19
[17] http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=2743
8. 1. 18 Das »Schweizer Taschenmesser der US-Außenpolitik« – Der Fall Venezuela – Von Wolf Gauer
[18] https://www.gegenfrage.com/cia-putsch-venezuela/ 11. 4. 2018
[19] http://www.newstatesman.com/200511140005 14. 11. 2005 Amerikas neuer Feind im Aufstieg – Von John Pilger im ›New Statesman‹ / ZNet 11. 11. 2005
[20] https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/7856/
11. 2. 19 Aufforderung zum Putsch
[21] https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/pompeo-werden-massnahmen-fuer-demokratie-in-venezuela-ergreifen-16057338.html 24. 2 19
[22] https://www.srf.ch/news/ticker 24. 2. 19 7.34 Uhr
[23] https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/donald-trump-droht-maduro-treuen-militaers-in-venezuela-16048623.html 19. 2. 19
[24] https://deutsch.rt.com/der-nahe-osten/83751-trump-verspricht-unterstutzung-us-waffenlieferungen-venezolanische-behoerden-beschlagnahmt/
[25] https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/venezuela-eu-staaten-drohen-maduro-mit-weiteren-sanktionen-16048134.html
18. 2. 19
[26] https://www.faz.net/aktuell/politik/sicherheitskonferenz/sicherheitskonferenz-kein-politisches-tauwetter-in-muenchen-16043596.html
15. 2. 19
[27] https://de.sputniknews.com/politik/20190117323625134-ischinger-msk-erwartungen/ 17. 1 19
[28] https://www.epochtimes.de/politik/europa/von-der-leyen-wir-europaeer-muessen-mehr-in-die-waagschale-werfen-2-a2796741.html 15. 2. 19
[29] https://bazonline.ch/ausland/amerika/amerika-wird-zurueckkommen-exvize-erhaelt-applaus/story/10890371 16. 2. 19
Man hört immer, dass Amerika Sanktionen verhängt, wenn jemand nicht spurt. Was ist das anderes als Erpressung? Wann machen die anderen Staaten das endlich mal umgekehrt? Amerika gehört nicht die Welt alleine. Dieses Großmannsgehabe, nur weil sie so viel "Spielzeug" haben, geht mir mächtig auf die Nerven. Wie soll jemals Frieden auf der Welt entstehen, wenn diese Kriegstreiber ständig überall drin rumfingern? Auf der anderen Seite stellt sich Trump hin, als wäre er der neue Friedensmessias. Bei den Cowboys blickt doch niemad mehr durch.