von Gerhard Spannbauer (krisenvorsorge)
Ja, da ist auch die Presse überrascht. Und das sollte eigentlich schon misstrauisch machen. Wenn selbst die Medien nicht erwartet haben, dass eine überwiegende Mehrheit den Euro befürwortet, dann liegt das wahrscheinlich daran, dass die Sorge der Deutschen um ihr Geld schon offenkundig ist und somit ein allgemeines Thema. Der Chef der Forsa, Manfred Güllner, versucht auch ziemlich erfolglos zu erklären, wie ein Schwein zwar Angst vor dem Schlachten hat, aber doch seinem Metzger vertraut: „Die für viele nicht durchschaubare Euro-Krise ängstigt die Deutschen zwar. Die Einstellung zum Euro als Währungseinheit wird davon aber heute nicht mehr berührt“
Als 2011 die griechische Schuldenkrise aus dem Ei kroch, stellte eine Allensbach-Umfrage zunehmende Zweifel an der Gemeinschaftswährung fest. Damals hatten 71 % der Befragten „weniger“, „kaum“ oder „gar kein“ Vertrauen mehr in den Euro. Nur 19 % sprachen der Gemeinschaftswährung das Vertrauen aus. Die Krise wurde seitdem immer schlimmer und breitete sich immer weiter aus. Und nun sollen fast 70 % den Euro lieben? Das ist schwer zu glauben.
Kein Wunder, dass der Verdacht aufkeimt, die Studie sei ein bestelltes Machwerk als Wahlhilfe für Kanzlerin Merkel, die damit medialen Rückenwind für ihr legendäres „Scheitert der Euro, scheitert Europa“ bekommt.
Schaut man sich nämlich einmal die Umfragen zum Thema „raus aus dem Euro“ und der Anti-Euro-Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) an, sieht die Situation ganz anders aus: 24 % der Deutschen würden sogar grundsätzlich eine Anti-Euro-Partei wählen.
Vielleicht ist ja das gerade der Grund, warum den Bürgern jetzt an allen Fronten suggeriert werden soll, dass es doch eine ganz prima Sache ist, den Euro zu haben – und die meisten seien ja auch dafür.
Die Nervosität bei den etablierten Parteien steigt wöchentlich. Die neue Alternative könnte einen Senkrechtstart hinlegen, wie vormals die Piraten-Partei. Sie wäre nur deutlich gefährlicher, weil sie ein echtes Programm zu bieten hat und auch geschultes, politikerfahrenes Personal (wie z.B. Hans-Olaf Henkel). Im Ausland hat man ja ebenfalls beobachten können, dass die EU-kritischen Alternativen große Stimmenanteile einfahren konnten: In Italien Beppe Grillo mit seiner Fünf-Sterne-Bewegung, in Großbritannien die UKIP, in den Niederlanden macht die Bürgerbewegung für eine Volksabstimmung zum Austritt aus dem Euro Furore, in Griechenland die Syriza und die Chrysi Agvi.
Es wäre fatal für die EU und den Euro, wenn in Deutschland, dem letzten noch stehen Pfeiler der EU, eine dahergelaufene Anti-Euro-Bürgerpartei eine Patt-Situation herbeiführen und eine stabile, Euro-freundliche Regierungskoalition verhindern könnte. Es bedarf nur weniger Stimmen, der jetzigen Regierungskoalition die Mehrheit wegzunehmen. Italien lässt grüßen …
Daher wird mit Schauergeschichten und apokalyptischen Warnungen aus Berlin nicht gegeizt: “Wer zurück zur D-Mark will, riskiert Deutschlands Spitzenposition und eine Spaltung Europas” orakelt Hermann Gröhe, Generalsekretär der CDU. Oder gleich noch besser: man holt die bewährte Schmutz- und Schlamm-Technik zur Hilfe. Plötzlich sind die Leute von der AfD Rechtspopulisten. Jeder Vorwand kommt gerade recht, um sie in die Verschwörungstheoretiker-Ecke zu stellen oder in der Nähe des braunen Umfelds zu verorten. Irgendwie wird man doch die unliebsame Konkurrenz und den Störenfried kaputt diffamieren können. Frei nach dem lateinischen Spruch „Semper aliud haeret“ – es bleibt immer irgendwas hängen – bewirft man die mit allem möglichen und erfundenen Schmutz, die in dem Euro-Kartell nicht mitspielen wollen. Hauptsache, der „Igitt-Faktor“ verhindert, dass die AfD in den Bundestag einzieht.
Aber das allerbeste Argument, finde ich, ist, dass AfD nur eine „Ein-Themen-Partei“ sei.
Angenommen, Sie befinden sich auf einem halb leckgeschlagenen Schiff, das im Sturm in rasender Geschwindigkeit auf ein Riff zusteuert und der Kapitän samt seinen Offizieren kann sich weder über den Kurs einigen, noch das Riff sehen. Da kommt jemand beherzt daher und schreit gegen den Wind: „Gebt mir das Steuer, ich weiß wie wir um das Riff herum kommen!“ Fangen Sie in so einer Situation an zu nörgeln, er habe nur ein „Ein-Thema-Programm“ und dass er auch noch andere gute Vorschläge zum Leben an Bord machen sollte?
Wir werden ständig manipuliert. Die meisten merken es nur nicht. Sie glauben den Medien und den Politikern. Auch eine Umfrage, wie die eingangs erwähnte Forsa-Umfrage zum Euro, kann man genau so durchführen und formulieren, dass die gewünschten Antworten dabei herauskommen.
Eine Online-Nachrichtenseite hat das sehr witzig und unterhaltsam vorgeführt. Natürlich ist das Satire, aber im Kern stimmt es: Je nachdem, wie man die Fragen stellt, erhält man das Ergebnis, das man braucht. Die Alternativen müssen nur entsprechend unattraktiv sein. Hier ein paar Kostproben aus der Satire:
Welche Währung bevorzugen Sie:
A. Euro (99%)
B. Yuan (1%)
Sind Sie dafür, dass sie Ihr Gehalt bekommen in:
A. Euro (97%)
B. Kartoffeln (3%)
Wenn Sie AfD-Anhänger sind, welche Währung wollen Sie für Deutschland:
A. Euro (65%)
B. Essensmarken (35%)
Als versierter Krisenvorsorgeberater kann ich mir zum Schluss die Bemerkung nicht verkneifen, dass in der mittelfristigen Zukunft wahrscheinlich weitaus mehr Bürger als 3 % Ihr Gehalt in Kartoffeln vorziehen werden. Von Essenmarken ganz zu schweigen.
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