Online-Plattformen bereiten sich mit einem deutschen Wahl-«Stresstest» auf künftige europäische Zensurregeln vor. Unter dem Motto «Schutz vor Desinformation und Wahlmanipulation» schränkt Brüssel die freie Meinungsäußerung immer weiter ein.
Quelle: transition-news
Die großen Online-Plattformen haben letzte Woche ihre Bereitschaft unter Beweis gestellt, erweiterte Zensurregeln der EU umzusetzen. Rechtzeitig vor den vorgezogenen Wahlen in Deutschland haben sie an einer Simulationsübung («Stresstest») teilgenommen, die von der Bundesnetzagentur als Digital Services Coordinator zusammen mit der EU-Kommission durchgeführt wurde.
Ziel der Übung sei es gewesen, «Risiken im Sinne des Digital Services Acts (DSA), die im Zusammenhang mit Wahlen auftreten könnten, zu erkennen und zu minimieren sowie Verstöße effektiv und schnell zu beseitigen». Teilgenommen haben unter anderem Google, Microsoft, Meta, TikTok und X.
Man nehme die großen Online-Plattformen beim Wort, «dass sie die Vorgaben des Digital Services Act engagiert umsetzen wollen», hatte der Präsident der Bundesnetzagentur im Vorfeld gesagt. Das dürfte auch eine Erinnerung an die «freiwilligen Selbstregulierungsstandards» in Form des 2018 eingeführten und 2022 verschärften «EU-Verhaltenskodex gegen Desinformation» gewesen sein.
Mit dem Verhaltenskodex zur Bekämpfung «illegaler Hassreden» ist gerade im Januar eine andere, ursprünglich «freiwillige Vereinbarung» in den DSA eingebunden worden. Auf diese Weise wurde sie in einen formellen Kodex im Rahmen der EU-Gesetzgebung umgewandelt, also in verbindliche Regeln.
Berichten zufolge soll mit dem Desinformationskodex noch in diesem Jahr 2025 das Gleiche geschehen, schreibt Reclaim The Net. Auf diese Strategie hatte die deutsche Bundesregierung bereits 2023 hingewiesen:
«Unterzeichnerinnen und Unterzeichner des EU-Verhaltenskodex sind Online-Plattformen, Faktenprüferinnen und -prüfer sowie Akteurinnen und Akteure aus Forschung, Medien und der Zivilgesellschaft. Der Verhaltenskodex ist zwar freiwillig, soll aber durch das Gesetz über digitale Dienste anerkannt werden. Das Gesetz über digitale Dienste ist bindend.»
Nach den Wahlen zum Europäischen Parlament veröffentlichte der Ausschuss für digitale Dienste im Juli 2024 einen Bericht über die Maßnahmen zur Überwachung der Einhaltung des DSA. Auch vor dieser Wahl gab es übrigens einen «Stresstest» wegen der «Bereitschaft gegen Wahlmanipulation und Einmischung».
Der Bericht hob hervor, es habe aufgrund der Maßnahmen keine größeren Störungen gegeben und forderte die rasche Umwandlung des Desinformationskodex in einen formellen Kodex innerhalb des DSA. Zu den Maßnahmen, die dann durchsetzbar würden, gehört laut Reclaim The Net auch die Anforderung an Tech-Unternehmen, «stärkere Maßnahmen zur Demonetisierung von Desinformation» zu entwickeln.
Jetzt vor der Bundestagswahl würden die Plattformen die Regeln bereits vorsorglich umsetzen, so das Portal. Der Wahlkampf in Deutschland sei geprägt von Versuchen der Noch-Machthaber, die aufstrebende Opposition zu diskreditieren. Dies geschehe sowohl durch inländische Institutionen als auch durch die «Delegation» einiger dieser Bemühungen an die Europäische Union.
Hilfestellung beim Erkennen und Bekämpfen von «Desinformation» möchte aktuell auch die Bundeswahlleiterin geben. In sozialen Medien und in Chatgruppen kursierten falsche Informationen im Zusammenhang mit der Bundestagswahl, die oft nicht erkannt würden. Daher veröffentlichte die Bundesregierung eine Broschüre in leichter Sprache. Unter dem Titel «Zusammen gegen Falsch-Informationen bei der Bundestags-Wahl» sollte man demnach nüchterne, korrekte Fakten erwarten, findet aber auch Folgendes:
«In Deutschland gibt es eine Demokratie. (…) Die Bürger und Bürgerinnen entscheiden zum Beispiel: Welche Personen sollen in der Regierung arbeiten? (…)
Einige wenige Regierungen von anderen Ländern wollen die Wahlen verändern. Zum Beispiel Russland. Dort gibt es keine Demokratie. Diese Regierungen wollen: In Deutschland soll es keine Demokratie geben. (…)
Fakten-Checks geben die richtigen Informationen.»
Quelle:
Reclaim The Net: EU’s “Disinformation” Code Becomes Mandatory Under Censorship Law, Platforms Preemptively Enforce Rules Ahead of German Elections – 3. Februar 2025
Bundesnetzagentur testet Abläufe und Maßnahmen bei Verstößen gegen den Digital Services Act – 31. Januar 2025
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