Die Amis sind erfinderisch

USA: wie man sich selbst um 560 Mrd. USD reicher macht

Miriam Kraus (investor-verlag)

Die Amerikaner sind ja erfinderisch. Ganz besonders was ihre Statistiken angeht. Die überaus kreativen Berechnungsmethoden mit denen die USA ihre Inflationsraten beschönigen…äh, sorry Mitlesender von der NSA, ich meine natürlich optimal anpassen…sind ja hinlänglich bekannt. Aber wenn man eben Amiland ist, dann kann man sich auch von einem auf den anderen Tag auf dem Papier einfach mal reicher machen, als man eigentlich ist. Stopp! Das gilt nicht nur für unsere Freunde aus Übersee. Ab nächstem Jahr werden auch wir fröhlich hinterher ziehen.

Die US-Wirtschaft ist ein Immaterieller Vermögenswert

Wenn Sie ab und zu mal eine Aktie analysieren, dann wissen Sie bestimmt was so genannte Immaterielle Vermögenswerte sind. Der Name sagt eigentlich schon alles. Wenn Sie zu viele dieser Immateriellen Vermögenswerte bei einer Firma haben (insbesondere den Goodwill), dann haben Sie entweder einen viel zu frühen Rohstoff-Explorer vor sich oder sie bekommen (meiner Meinung nach) früher oder später Probleme.

Immaterielle Vermögenswerte können sein: zum Beispiel diese extrem super-guten, hochwertvollen Banker, deretwegen die Banken die Zahlungen von Boni nicht einstellen können (;-)…ich weiß leider nicht wie man ein mit den Augen rollendes Emoticon darstellt). Oder natürlich auch der Name Apple, samt seiner abgerundeten Kanten (hoffentlich werd‘ ich jetzt nicht wegen Nutzung des Namens Apple in diesem Daily verklagt). Wobei der Name sicher was wert ist (da sag ich ja gar nichts gegen), die Frage ist nur wie viel. Auf diese Frage gibt es bislang keine einheitliche Antwort, denn auch die Analysten weltweit sind sich hinsichtlich Berechnungsmethode und Bewertung nicht einig.

Macht aber nix. Vielleicht können wir armen ahnungslosen Fundamentalanalysten ab sofort von der extrem großen und mega-reichen US-Wirtschaft lernen. Die ist nämlich in diesem Monat schlagartig um 560 Milliarden US-Dollar mehr wert geworden – dank all der immateriellen Vermögenswerte, welche die US-Wirtschaft ausmachen.

USA: Neue Berechnungsmethoden für das BIP machen US-Wirtschaft reicher als sie ist

Das Bureau of Economic Analysis (also das Statistikamt der Amis) besteht offenbar aus einer ganzen Reihe hochintelligenter und kreativer Köpfe. Die machen sich anscheinend große Sorgen um das Wachstum der US-Wirtschaft – immerhin muss man sich schon fragen, warum trotz all der vielen Stimuli seitens der US-Notenbank das Wachstum noch nicht raketengleich in den Orbit gestartet ist. Weil die US-Notenbank sich doch aber so große Mühe gibt und die kreativen Köpfe doch so gerne heitere Gesichter sehen, haben sie ab sofort beschlossen, dass die US-Wirtschaft ganz viele tolle immaterielle Vermögenswerte hat, die ab sofort zur Berechnung des BIP beitragen werden.

Das hebt den Wert der US-Wirtschaft mal eben um besagte 560 Milliarden USD auf über 16 Billionen USD an. 560 Milliarden USD mehr von einem Tag auf den anderen – das müssen Sie sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Das entspricht in etwa dem Wert der gesamten Wirtschaft des US-Bundesstaates New Jersey. Das gesamte BIP Schwedens ist mit 539,7 Milliarden USD nur unmerklich kleiner.

Und welche Immateriellen Vermögenswerte haben die USA nun?

Nun ja, die USA haben also im Gesamtwert von Schweden Lady Gaga, Seinfeld und Star Trek. Lachen Sie nicht, das ist Ernst gemeint! Und gemeint sind damit nicht etwa Lady Gagas verkaufte Konzerttickets, Seinfeld-DVDs oder Star Trek Merchandise – das fließt gerechtfertigter Weise sowieso schon ins BIP.

Nein, was die USA haben ist Lady Gaga während sie über ihren nächsten Song grübelt, den Namen Seinfeld und die Rechte am Star Trek Universum. Das alles zusammen genommen hat den Wert von Schweden. Fantastisch, n’est-ce pas?!

Also die Amis können ja nicht nur Geld aus dem Nichts entstehen lassen, sondern sogar den angeblich realen Wert auf dem unser Papiergeldsystem beruht. Ja, die Amis können einfach ihr BIP um den Wert der Gesamtwirtschaft Schwedens anheben, indem sie aus Lady Gaga und der Fernsehserie Seinfeld immaterielle Vermögenswerte machen. Aber was sollte man auch sonst tun, wenn man außer Lady Gaga und Seinfeld kaum noch Exportprodukte produziert?!


(Falls Sie sich das je gefragt haben sollten, fragen Sie sich dann immer noch, weshalb ich dem Papiergeldsystem, das durch nichts anderes als die irgendwie zusammen geschusterte BIP-Zahl gedeckt ist, kein Vertrauen entgegen bringe?)

Doch lassen wir mal das Kopf-schütteln beiseite und widmen uns der Frage, weshalb die Amis eigentlich sich selbst und dem Rest der Welt schon wieder den nächsten hanebüchenen Blödsinn als Must-Have verkaufen.

Neue Berechnungsmethode kann Schulden schrumpfen lassen…

Also zunächst einmal ist das US-BIP im 2.Quartal ja um ganz gewaltige 1,4% gewachsen. (;-) Früher hätte das keinen Hahn hinter dem Misthaufen hervor gelockt, aber heute ist eben alles anders). Das ist super, weil die Analysten im Vorfeld ja nur ein Wachstum von 0,9% erwartet hatten. Da können Sie mal sehen, wie viel Captain Kirk noch heute für sein Land tun kann.

Aber eigentlich ist das pille-palle neben dem größten Vorteil, den die Ami-Wirtschaft und ihre Regierung aus den neuen Methoden ziehen kann.

Denn weil heute ja nix mehr in absoluten Zahlen gemessen wird (obgleich die, wie wir ab jetzt wissen, ja auch nix mehr aussagen), sondern nur noch in Abhängigkeit zum BIP, werden wie von Geisterhand gleich auch die Schulden (in Abhängigkeit vom BIP) kleiner. Ist das nicht super? Und auch die Staatsausgaben (in Abhängigkeit vom BIP) wirken gleich viel aufgeräumter. Sogar die Aktienmärkte wirken ab sofort weniger überbewertet.

Herrlich nicht wahr?! Die Amis haben den Bogen echt raus…und damit nun neben Marilyn Manson und Lassie einen echten Exportschlager auf die Beine gestellt.

…und erweist sich als Exportschlager für Europa

Ja, liebe Leser, auch wir werden bald in den Genuss der neuen Berechnungsmethode kommen. Ab September 2014 will auch das Statistische Bundesamt immaterielle Vermögenswerte zu unserem BIP dazu zählen. Und nicht nur Destatis hat offenkundig die Vorteile der Anpassungen für sich entdeckt, auch die übrigen Statistikämter in Europa sind dabei (sogar die Schweiz zieht mit).

Hach liebe Leser, ich bin ja schon so gespannt, um wie viel wertvoller die Rechte an „Feuchtgebiete“ (Roman, Charlotte Roche) wohl die Wirtschaft des Landes der Dichter und Denker machen werden. 😉

Und vor allem freue ich mich darüber, dass nun endlich eine Lösung für das große Schuldenproblem in Ami- und Euroland gefunden worden ist. Wir sagen einfach die Schulden sind geringer, als sie es sind. Warum ist da bloß nicht früher schon einer drauf gekommen?

So long liebe Leser….die US-Wirtschaft ist also auf einen Schlag um 560 Milliarden USD reicher geworden…seltsam nur, dass das durchschnittliche Einkommen der US-Haushalte seit Beginn der Erholung um 4% gesunken ist…wirklich seltsam, seltsam, seltsam….vielleicht könnte man zum Trost ab nächstem Jahr noch die Kreativität der Leute vom US-Statistikamt als Goodwill in die Bewertung der US-Wirtschaft mit einfließen lassen….dann knacken die bestimmt bald die 20 Billionen USD-Marke….das wird den Durchschnittsamerikaner bestimmt freuen, obwohl er sich leider nichts davon kaufen kann….liebe Grüße…

Ihre Miriam Kraus 

 

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