Die AfD und ihr Rendezvous mit der Geschichte

Tageskommentar 15. 09. 2013: fortunato,
Die AfD und ihr Rendezvous mit der Geschichte

von fortunato (fortunanetz)

Die Wutbürger

Die letzten Jahre, insbesondere seit der Lehman-Pleite und mehr noch, seit Merkel offen ihre alternativlose Transferunion anstrebt, verstärkte sich ein schon lange anhaltender Trend. Bei der letzten Bundestagswahl lag die Gruppe der Nichtwähler bei fast 30 Prozent und war damit so hoch wie seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr. Sehr große Teile der Bevölkerung haben sich von den etablierten Blockparteien abgewendet, weil sie sich bei zentralen Themen im Parlament nicht mehr vertreten sahen. Dabei bildete sich sogar eine Gruppe von Wutbürgern heraus. Diese Wutbürger machen aus ihrer Wut über die grundlegend schlechte Politik von CDUCSUSPDFDPGrüne kein Geheimnis, sondern sie schmähen praktisch alle Parteien lautstark. Anhand der vielen Blogs und Zeitungsdiskussionen im Internet konnte man schon seit 2 Jahren sehen, dass die Anzahl der lautstarken Wutbürger immer weiter anwächst. Wutbürger sind ein Novum in der Geschichte der BRD und damit ein absolutes Alarmsignal in Bezug auf unsere Gesellschaft. Die etablierten Blockparteien haben auf dieses Signal praktisch bis heute keinerlei ernsthafte Reaktion gezeigt. Im Gegenteil: Alle Blockparteien versuchen, dieses Phänomen aus zu sitzen und hoffen, dass die von Kohl damals in Gang gesetzte Karawane weiter zieht. Die Wahlwerbung dieser Parteien spricht hier eine deutliche Sprache. Sie reflektiert die deutsche Wirklichkeit praktisch gar nicht….

Der Auftritt der Alternativen

Dass es eine alternativlose Politik nicht gibt weiß jedes Kind. Und dass diese Behauptung lediglich Dialogverweigerung ist, leuchtet jedem ein, der auch nur 5 Minuten darüber nachdenkt.

Angesichts des riesigen Potentials von Nichtwählern, Kritikern der Blockparteien und der Wutbürger kümmerten sich schon vor 2 Jahren mehrere kleine oder auch neue Parteien um dieses Wählerpotential, das von den Blockparteien einfach links liegen gelassen wurde. Darunter waren vor allem die ‚Partei der Vernunft‘ (PDV) und die ‚Freien Wähler‘ sehr aktiv. Lange Zeit war nicht klar, welche Lösung man finden würde, um die Kräfte zu bündeln. In Bezug auf die Bundestagswahl wurde auch ein Verein wie die ‚Wahlalternative 2013‘ gegründet, die auch von renommierten Wirtschaftswissenschaftlern und Intellektuellen aus dem bürgerlichen Lager unterstützt wurde.

Die PDV leidet darunter, dass ihre libertäre Position noch immer unbekannt ist. Zu sehr unterscheidet sich die Sichtweise der PDV von der Lebenswirklichkeit der Menschen. Die Freien Wähler haben zwar eine über Jahrzehnte gewachsene Struktur im Bereich der Kommunalpolitik, aber in der Bundespolitik und außer in Bayern auch in der Landespolitik, haben sie kaum Erfahrung. Sie sind sich zudem auch nicht einig. Viele Freie Wähler Mitglieder wollen lieber bei der Kommunalpolitik bleiben und sabotieren die Versuche, in der Bundespolitik anzutreten. Eine Einigung zwischen der PDV, den Freien Wählern und der Wahlalternative 2013 am Anfang des Jahres 2013 scheitert aus vielfältigen Gründen, die ein eigenes Kapitel darstellen würden. Am Ende der Einigungsversuche steht in den Kreisen um Prof. Lucke herum die Entscheidung, eine eigene Partei zu gründen, die ‚Alternative für Deutschland‘ (AfD).

Die AfD als neue Kraft

Von den drei vorgenannten Parteien, die eine Alternative zu den etablierten Blockparteien darstellen, erweist sich die AfD als die bisher bei weitem erfolgreichste Kraft. Nachdem sie in die Gründungsphase eingetreten ist, zeigt schon die erste Veranstaltung in Oberursel im März 2013 bei der es nur darum ging die Parteigründung öffentlich zu machen, wie riesig das Interesse an dieser Partei war und ist. Für den Besucherandrang in der Stadthalle in Oberursel mussten die Trennwände zwischen den Sälen aufgemacht werden. Diese Szenen wiederholten sich dann im April bei der Gründung der Bundespartei wieder. Auch im Tagungszentrum in Berlin war der geplante Saal viel zu klein und es mussten weitere Räume hinzu genommen werden…


Aufgrund der vielen prominenten Köpfe, die auch regelmäßig im Fernsehen auftreten, hat die AfD bedeutende Multiplikatoren. Diese wären aber nicht wirksam geworden, wenn nicht viele tausend Hände und Köpfe sich freiwillig dazu bereit erklärten, am Aufbau einer flächendeckenden Organisation mit zu arbeiten. Noch so gute Reden alleine bringen keine Parteiorganisation zustande! Die AfD brachte das absolute Kunststück fertig, von März bis Mitte Juli den Bundesverband, in jedem Bundesland einen Landesverband und dazu Kreisverbände aufzubauen und damit flächendeckend anzutreten. Dafür benötige die AfD gerade einmal ein halbes Jahr. Dann brillierte sie noch damit, in den Kreisverbänden jeweils mit Direktkandidaten anzutreten – etwas, das so auch noch nicht in der Geschichte der BRD vorkam. Darüber hinaus brachte sie nach dem Wahlgesetz die erforderlichen Unterstützerunterschriften in jedem Bundesland zusammen. Im Vergleich dazu schaffte es die PDV nur in den großen, nicht aber in allen Bundesländern. Und am Ende wurde die AfD auch zur Landtagswahl in Hessen und zur Bundestagswahl zugelassen. Kurzum: Es gibt in der Geschichte der BRD keine Partei die das geschafft hat. Die AfD ist keine normale Partei, sondern zugleich auch eine Bewegung des bürgerlichen Unmuts über die furchtbare Politik der Blockparteien. Und die Wucht die sich im Aufbau der AfD manifestiert zeigt ganz klar: Hier wurden tiefsitzende Wut und großer Unmut umgewandelt in Taten, denn sonst wäre das alles nicht möglich gewesen!

Die AfD und der Wahlkampf

Die AfD entwickelte eine für viele Bürger und auch für die Blockparteien überraschende Schlagkraft, die bis heute anhält. Am Anfang ignorierten die Blockparteien und die ihnen dienende Mainstream-Presse die AfD. Aber diese besteht nicht aus schreienden Wutbürgern, sondern aus tatkräftigen Personen, die eine Parteistruktur aufbauen und ein wenn auch kurzes Wahlprogramm beschließen. Die AfD besteht auch aus vielen Eurokritikern, die sehr wohl wissen, wovon sie reden. Sie können, im Unterschied zu den Blockparteien auch inhaltlich liefern! Das sah man in mehreren Talkshows mit Prof. Lucke und Prof. Starbatty.

Die AfD zu ignorieren erwies sich als schlechte Idee. Nun versuchte man die Partei aktiv schlecht zu machen, etwas was weder der PDV noch den Freien Wählern widerfuhr. Zuerst war sie die ‚Professorenpartei‘, obgleich nun nicht gerade 16.000 Mitglieder alle Professoren sind. Dann war es die Rentnerpartei. Nur stört in diesem Bild, dass die AfD auf Facebook mehr likes hat als jede andere Blockpartei. Mittlerweile hat sie 65.000 likes und nur die Piraten haben dort mehr. Diese Sympathiewerte bei einem überwiegend jungen Publikum stören das Bild von der ‚Rentnerpartei‘ erheblich. Dann versuchte man es mit der Behauptung, die AfD, das seien Nazis und Spinner oder eine Ein-Themen-Partei. Die AfD ist zur Zeit eine Sammlungsbewegung des bürgerlichen Unmuts und natürlich schlüpfen dort auch Menschen unter, die ihre speziellen Themen haben. Aber es sind auch viele von der CDU, der SPD, der FDP und manche sogar von den Grünen zur AfD gekommen und daher sind Personen mit speziellen oder auch extremeren Positionen nicht repräsentativ.

Besonders lustig waren die Versuche, Interviews verkürzt wieder zu geben und der AfD zu unterstellen, ein Anhängsel der CDU zu sein. So wurde von Reuters und vielen Zeitungen die Behauptung ventiliert, die AfD habe der CDU ein Koalitionsangebot gemacht. Mit einer solchen Meldung versuchte man, der AfD das ‚A‘ für ‚Alternativ‘ zu klauen…. Genützt hat auch das nichts.

Nachdem die AfD als noch unbekannte Partei erst Mitte Juli den Wahlkampf begann, war sie sehr viele Wähler noch völlig unbekannt. Und während dieser Zeit ’sahen‘ die Wahlforschungsinstitute die AfD zuerst einmal bei 1 Prozent und Ende August bei vielleicht 2 oder 2,5 Prozent. So präsentierte sie sich als Splittergruppe. Eine Stimme für die AfD wäre damit eine verlorene Stimme. Doch das ungeheure Engagement der Mitglieder, die Partei bekannter zu machen, hat die Wahlforschungsinstitute vorsichtig gemacht. Seit ca. 1 Woche ’sehen‘ sie die AfD bei 4 bis 5 Prozent Stimmanteil bei der Bundestagswahl. Und damit fällt auch das Argument der ‚verlorenen Stimme‘ weg.

Dass die AfD ernsthaft den Einzug in den Bundestag schaffen kann zeigt auch eine Äußerung von Angela Merkel: Sie hat gestern bekundet, sie wolle nicht mit der AfD koalieren. Eine solche Überlegung stellt man doch nur ernsthaft an, wenn man auch mit dem Einzug der AfD in den Bundestag rechnet.

Nach meinen gestrigen Beobachtungen am Wahlstand der AfD kommen zur Zeit vermehrt Bürger und stellen konkrete Fragen dazu, was die AfD will. Das war noch vor einer Woche nicht so. Damals holten sich viele einmal einen Flyer oder sonstiges Infomaterial und gingen dann sofort weiter. Es war zwar Neugier da, aber viele Berührungsängste und keine innere Öffnung. Dieses Eis scheint nun 1 Woche vor der Bundestagswahl gebrochen.

Wenn es die AfD nicht nur schafft, innerhalb eines halben Jahres zur Bundestagswahl anzutreten, sondern auch noch in den Bundestag zu kommen, dann dürfte dies einmalig in der Parteiengeschichte der BRD sein. Ich persönlich vermute, dass der Einzug nicht nur eine Sensation und einmalig in der Geschichte der BRD sein wird, sondern dass dieser Erfolg auch ein Rendezvous mit der Geschichte dieses Landes sein könnte,

meint
fortunato

 

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