Deutschland muss entweder zahlen oder ein Chaos in Kauf nehmen

Von Manfred Gburek, 17. Februar 2012

Deutschland muss entweder zahlen oder ein Chaos in Kauf nehmen

Falls Sie bisher daran gezweifelt haben, ob die Lektüre eines EZB-Monatsberichts spannend sein kann, werden Sie durch den soeben erschienenen Bericht für den Monat Februar eines Besseren belehrt. Heißt es doch darin auf Seite 21 zum Thema Kreditklemme im vierten Quartal 2011: „Insgesamt meldeten die Banken im Euroraum im Vergleich zum dritten Quartal 2011 per saldo eine deutlich stärkere Verschärfung ihrer Kreditrichtlinien. Besonders ausgeprägt war die Verschärfung bei den Ausleihungen an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften sowie bei den Wohnungsbaukrediten an private Haushalte.“

Und wie verhalten sich die Banken weiter? Dazu die EZB: „Für das erste Jahresviertel 2012 rechnen sie mit abermals strengeren Kreditrichtlinien und einem weiteren Rückgang der Nettonachfrage nach Krediten sowohl seitens der Unternehmen als auch der privaten Haushalte.“ Wobei es den Banken da gar nicht so schlecht geht, denn sie haben ihre Margen einschließlich der Nebenkosten schon im vierten Quartal 2011 kräftig erhöht und setzen dies im laufenden Quartal fort. Außerdem werden sie im Hinblick auf die Höhe der zu vergebenden Kredite, deren Fristigkeit und Besicherung immer strenger.

Weshalb ich Ihnen das alles schreibe? Weil es hier um das Verhalten der Banken im ganzen Euroraum geht, weil von ihrer Kreditvergabe die Konjunktur abhängt, weil Deutschland als europäische Konjunkturlokomotive wegen der bekannten Probleme anderer Euro-Länder an Zugkraft zu verlieren droht und weil die Kreditklemme in so einem Umfeld bestehen bleiben wird.

Neben der EZB können auch Banken und Sparkassen Geld schöpfen. Tun sie es nicht im gebotenen Umfang, schrumpft die Geldmenge – es sei denn, die EZB springt ein. Dadurch verhindert sie zurzeit, dass der Geldumlauf abnimmt, mehr nicht. Wann er zunehmen wird, steht in den Sternen.

Bereits an dieser Stelle ist ein Zwischenfazit fällig: Wer einen Kredit aufnehmen oder verlängern will, egal ob als Unternehmer, als Immobilienkäufer, Bauherr oder für private Zwecke, sollte sich auf längere Verhandlungen und ungünstigere Konditionen als noch vor Jahresfrist gefasst machen, obwohl das allgemeine Zinsniveau aktuell niedriger ist als damals. Allein aus meinem Bekanntenkreis kenne ich Beispiele von Immobilieninteressenten, die neben dem üblichen Gehalts- und Vermögensnachweis noch eine Restschuld- oder Risikolebensversicherung, das Gutachten eines Sachverständigen und sonstige Sicherheiten beibringen mussten, um einen Baukredit zu erhalten.

Wie reagieren verschiedene Anlagen auf die neue Situation? Den gerade veröffentlichten Daten der HPX-Immobilienindizes zufolge haben die Preise für neu errichtete Wohnhäuser und für Eigentumswohnungen ihren nun schon seit über zwei Jahren anhaltenden Anstieg bis zuletzt verstärkt fortgesetzt, während die Preise für bestehende Ein- und Zweifamilienhäuser in den Monaten Dezember und Januar deutlich eingeknickt sind. Die deutschen Aktienkurse haben im Durchschnitt etwas mehr zugelegt als die europäischen insgesamt, während die Anleihenkurse je nach Bonität gestiegen oder gefallen sind. Die Preise von Gold und Silber haben naturgemäß nur wenig auf den Geldumlauf im Euroraum reagiert, dafür – unter dem Strich positiv – umso mehr auf Käufe aus China und Indien; auf beide Länder entfallen jetzt 49 Prozent der weltweiten Goldnachfrage.

Wie geht es nun insgesamt und im Detail weiter? Will man diese Frage konkret beantworten, muss man eine Art Glaubensbekenntnis ablegen: pro oder kontra Griechenland als Euro-Mitglied, pro oder kontra Konjunkturaufschwung, alternativ Rezession, pro oder kontra Inflation, alternativ Deflation, pro oder kontra Fortsetzung der Kreditklemme. Ganz schön komplex. Zumal die griechischen Trickser und Täuscher emotional werden, sobald jemand sie kritisiert. Zumal eine Rezession droht, falls es mit der Kreditklemme so weiter geht wie bisher. Und zumal die Gefahr einer Deflation längst noch nicht gebannt ist, sodass zwar die Geldmenge inflationiert, die Verbraucherpreise davon aber mit Ausnahme der Energiepreise kaum betroffen sind.

Da hilft erst einmal ein weiteres Zwischenfazit: Wie an den HPX-Immobilienindizes, am Dax nebst Indexfamilie und sonstigen Indizes abzulesen ist, kaufen – überwiegend betuchte – Anleger wie wild Neubauten und Eigentumswohnungen, während Anleger querbeet, egal ob steinreich oder nur etwas vermögend, hin und wieder Gefallen an Aktien finden. Derweil begnügt sich die Masse mit Sparkonten, Tages- und Festgeld, Bundesschatzbriefen und sonstigen niedrig verzinslichen Anlagen. Gold und Silber gelten mal mehr, mal weniger allenthalben nur als Beimischung.

Am Verhalten der verschiedenen Anlegergruppen wird sich so lange nicht viel ändern, bis es zu einer Initialzündung kommt. Diese kann positiv oder negativ wirken, zum Beispiel in der Bewältigung des Griechenland-Problems oder im Austritt des Landes aus dem Euro bestehen, in einem plötzlichen, aus Asien und speziell China kommenden Konjunkturimpuls oder aus dem Gegenteil, einer Mischung aus Rezession und Deflation. Der Phantasie in Bezug auf weitere Effekte sind keine Grenzen gesetzt.

Warum hierbei dem Euroraum mit all seinen Wirkungsmechanismen einschließlich Kreditklemme und Griechenland-Tricks die Hauptrolle zufällt, ergibt sich daraus, dass die Einheitswährung auf einem historisch einmaligen Experiment beruht. Es kann gut gehen oder scheitern. Im ersten Fall bringt Deutschland mit seinen – ökonomisch gerechnet – 27 Prozent Anteil an diesem Experiment das größte Opfer, im zweiten Fall droht ein weit über den Euroraum hinaus wirkendes internationales Währungschaos.

Da lässt sich leicht argumentieren, man solle die eigene Geldanlage diversifizieren (was im Prinzip ja immer richtig ist). Doch woher nehmen, wenn man schon auf das eigene Haus einen Kredit aufgenommen hat und damit ein kumuliertes Risiko eingegangen ist? Also bleiben für den Risikoausgleich nur noch in Relation zum Wert des Hauses kleine Beträge übrig. Die müssen gut angelegt sein: als Tagesgeldreserve für den Fall des Falles, auch wenn die Verzinsung zu wünschen übrig lässt, als Bargeld in einem guten Versteck zu Hause, falls die Geldautomaten wegen eines größeren Stromausfalls streiken, in Form von Aktien, die man sinnvollerweise nach temporären Kurseinbrüchen kaufen sollte, und natürlich in Form von Goldmünzen oder -barren, für den Fall einer allgemeinen inflationären Entwicklung ergänzt um Silbermünzen, allesamt hinterlegt in einem guten Versteck zu Hause.

Quelle: http://www.gburek.eu/

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