Der Raucher, das ungeliebte Wesen

von Gert Flegelskamp (flegel-g)

Ich gestehe, ich bin ein unwürdiger Mensch, denn ich bin Raucher und wie jeder weiß, belasten die Raucher die Krankenkassen in unerträglichem Maße, verpesten die Luft, sind rücksichtslos gegen andere und schrecken nicht einmal davor zurück, Kinder mit ihrem Qualm zu verletzen.

Ich muss gestehen, ich bin einer dieser triefäugigen Konsumenten von Tabakwaren. Mein faltenreiches, graues Gesicht stets gebeugt schlurfe ich schwerfällig auf meinen Raucherbeinen in die Garage, erklimme irgendwie den Sitz meiner BMW, zum Glück mit elektrischem Zünder ausgestattet, schaffe es gerade noch, die knapp 300 kg in eine aufrechte Position zu bringen, um dann vornüber gesunken den Weg zum angepeilten Ziel zu suchen. Dort angekommen ist der erste Griff in die Tasche, um das Suchtgerät herauszufischen und zwischen die zitternden Lippen zu schieben.

Habe ich es geschafft, mit zitternder Hand das Feuer auch noch an das Ende des Glimmstengels zu bringen und füllt der erste tiefe Zug meine angefressenen Lungen, bin ich endlich so weit, mein Bein mit Unterstützung der Arme so hoch zu bringen, dass ich mein Fahrgerät wieder verlassen kann, um dem endgültigen Ziel entgegen zu schlurfen, natürlich wieder mit tief gesenktem Kopf, um die einzige Farbe in meinem Gesicht (die Schamröte) vor den vorwurfsvoll auf mich gerichteten Blicken zu verbergen. Wieso ich immer noch schamhaft erröten kann, weiß ich nicht, denn dank der Auswirkungen des Rauchens auf den Blutkreislauf dürfte auch das nicht mehr funktionieren. Ob ich mir das mal von einem Arzt erklären lasse?

Ja ja, Ihr jungen, neuen Nikotinsüchtigen, so ist das Leben eines Rauchers, wenn er dieser Sucht seit über 60 Jahren frönt, unglücklich und frustriert, dass sein Gesundheitszustand nicht mit den so genannten Schock-Fotos übereinstimmt, unglücklich darüber, dass er stets nur selten einen Arzt in Anspruch genommen hat, weil es ihm an der nötigen Fantasie mangelt, wenigstens eine Krankheit zu simulieren.

In meinem Frust über meine Unzulänglichkeit sitze ich dann oft am PC und schreibe böse Briefe an die Politiker, obwohl das doch alles gute Menschen sind, so voller Sorge um uns und unsere Gesundheit. Schlimm genug, dass ich das tue, bin ich auch noch so dreist, diese Briefe öffentlich zu machen, indem ich sie auf meine Web-Seite stelle.

Ihr seht, liebe Neuraucher, gebt das Rauchen wieder auf, sonst fangt am Ende auch Ihr noch an, gegen den Strom zu schwimmen und das bringt nur zusätzliche Probleme. Schmeißt die Kippen weg und vergiftet Euch nicht selbst, sondern überlasst das der Lebensmittel- und Pharmaindustrie, die haben da doch viel effizientere Methoden.

Wie nicht anders zu erwarten, bin ich als Raucher natürlich lernresistent, was so viel bedeutet, dass ich neuen Erkenntnissen, das Rauchen betreffend, absolut nicht aufgeschlossen bin. Im Gegenteil, sie machen mich wütend und daher sehe ich bei derartigen Veröffentlichungen eine weitere Verschwörung gegen die Raucher. Wenn ich vernünftig wäre und der Presse, den Ärzten und der Politik vertrauen würde, eigentlich eine Grundvoraussetzung für den braven Bürger, würde ich in mich gehen und dem Nikotin abschwören. Doch als Raucher fehlen mir diese Einsicht und das Vertrauen.

Ich klammere mich lieber an Gegenargumente, z. B. nehme ich da auch mal die Demographie zu Hilfe, nach der wir ja einen nicht verkraftbaren Anstieg Älterer in der Bevölkerung zu erwarten haben und das, obwohl die größtenteils zum Teil starke Raucher waren und teilweise heute noch sind. Eigentlich müssten die doch alle schon tot sein oder dank Raucherbeinen alle im Rollstuhl sitzen. Was läuft da falsch in unseren Körpern, dass wir alten Raucher trotz der vielen wissenschaftlichen und politischen Erkenntnisse immer noch putzmunter sind?

Na ja, ich bin Raucher und als solcher habe ich natürlich gleich eine Verschwörungstheorie zur Hand. Es geht gar nicht ums rauchen, sondern um die Lenkung der Massen und deren Spaltung. „Divide et impera“, die wirkungsvollste Waffe aller Machthaber seit ewigen Zeiten, weil die Massen alles nur als Einzelfall betrachten und deshalb auch nicht fähig sind, Zusammenhänge zu sehen und wie ein Puzzle zusammen zu setzen, um ein Gesamtbild zu erhalten. Politiker werden von den Massen oft als dumm bezeichnet, wenn sie mal wieder etwas tun, was dem Volksgeist widerstrebt. Dabei sind solche Entscheidungen oftmals übelstes Schmierentheater, um den Massen die Sinne zu vernebeln. Und Politiker sind, anders als ihre Zahlenstärke vermuten lässt, nur wenige, nur die an der Spitze. Der Rest sind Mitläufer, denen ihre Pfründe wichtiger sind, als ihrem Amtseid gemäß ihr Gewissen mit in den Bundestag oder die Landtage zu nehmen und oftmals sogar kaum Ahnung von dem haben, worüber sie abstimmen. Brauchen sie auch nicht, weil der Fraktionszwang ja vorgibt, wie man abstimmen muss, da könnte Wissen über den Inhalt eher irritieren.

Heute bin ich auf einen Artikel in der Ärzte-Zeitung gestoßen (schon im Januar erschienen) und da war mal wieder ein Artikel über eine neue Studie dänischer Ärzte über Probleme von Rauchern bei und nach Operationen. Anstatt einsichtig Reue über mein Rauchverhalten zu empfinden, habe ich einen Leserbrief an die Ärzte Zeitung geschrieben.

Mein Leserbrief:

Zu Ihrem Artikel in Ärzte Zeitung online, 24.01.2014
Was Raucher nach der Op erwartet:

Es ist kein Geheimnis, dass alleine in Deutschland Tausende in Krankenhäusern aufgrund mangelnder Beachtung der Hygienevorschriften sterben. Da kommt es Ärzten sicher gelegen, dass man einige dieser Fälle darauf zurückführen kann, dass es ja Raucher waren.

Ich habe nach 5 Jahren 2013 zum ersten Mal wieder einen Arzt aufgesucht, weil ich eine Fußverletzung hatte, die eiterte. Der Arzt (Hausarzt) sah sich die Wunde an, fragte nicht, wie ich sie mir zugezogen hatte, sondern verschrieb mir eine Salbe und das war es. Doch die Wunde heilte nicht, also ein erneuter Besuch beim Arzt. Er runzelte die Stirn und schickte mich dann zu einem Chirurgen.

Der besah sich die Wunde, fragte mich, wie viele Zigaretten ich am Tage rauchen würde und diagnostizierte: „Raucherbein“. Meine Einwände und meinen Versuch, ihm die Entstehung der Verletzung zu erklären, schnitt er im Wort ab und schickte mich zu einem Internisten und Kardiologen. Das war der erste Arzt, der mich (vor der Untersuchung) fragte, wie die Verletzung zustande gekommen war. Ich erklärte ihm, dass ich mit meinem Motorrad durch eine kleine Unachtsamkeit bei der Einfahrt in die Garage ins Taumeln gekommen bin, beim Versuch, die fast 300 kg. schwere Maschine abzufangen, an der Hauswand landete, wobei die Maschine dennoch soweit umkippte, dass die Fußraste mit voller Wucht auf meinem Fuß landete, sich dadurch allerdings keine Verletzung ergab, dafür aber ein überdimensionaler Bluterguss. Daraus habe sich dann eine quer über den gesamten Fuß gehende Blutblase gebildet, die aufgeplatzt ist und erst dadurch die offene Wunde entstand. Er hat sich das angehört und dann meine Durchblutung gemessen. Und siehe da, kein Raucherbein, meine Durchblutung war einwandfrei, bis in die Zehenspitzen.

Der Grund für die Verletzung war, dass die Blutgefäße durchtrennt worden waren, was den Heilungsprozess verlangsamte. Zurück beim Chirurgen hat dieser sich dann für seine Vermutung (Raucherbein) entschuldigt und schlug mir eine Hauttransplantation vor. Darauf habe ich verzichtet, weil ich mehr Vertrauen in die Heilkräfte meines Körpers habe, der mich auch noch nie enttäuscht hat. Der Heilprozess hat ein wenig länger gedauert, aber inzwischen ist mein Fuß wieder in Ordnung, ohne weitere Salben, nur mit ein wenig Mull und Pflaster.

Ich rauche seit gut 60 Jahren, aber noch nie war ein Arztbesuch wegen meiner Rauchgewohnheiten erforderlich, sondern zumeist wegen Sportverletzungen oder wegen häufig auftretenden Zwölffingerdarmgeschwüren, die natürlich auf meinen Rauch- und Kaffegenuss zurückgeführt wurden. Das habe ich auch geglaubt, bis in den 90er Jahren die neue These des Helicobacter Pylon zu anderen Diagnoseverfahren und anderen, vor allem wesentlich billigeren Behandlungsmethoden führten. 2 Wochen Medikamenteneinnahme haben gereicht und seither habe ich nie mehr ein Ulcus diodeni gehabt.

Dass ich mit 75 Jahren noch relativ fit bin, führe ich vor allem darauf zurück, dass ich Arztbesuche soweit wie möglich meide und vor allem nur äußerst selten Medikamente schlucke. Nach Eintritt in die Rente (2001) hatte ich einmal Darmprobleme. Der Darm war stellenweise perforiert, also wurde eine Operation fällig. Es gab keine Probleme, Schwestern und Ärzte haben sich aber über die schnelle Regeneration gewundert. Danach war ich noch insgesamt 3 Mal (außer dem zuvor beschrieben Besuch) beim Arzt, einmal wegen einer leichten Blasenentzündung, einmal wegen einer Gürtelrose und einmal, um mir Schuheinlagen (Senk-Spreizfuß) verschreiben zu lassen.

Ich behaupte nicht, dass rauchen gesund ist, aber ganz sicher nicht die so gerne und so oft beschriebenen Auswirkungen hat, vor alle nicht, soweit es das Passivrauchen betrifft, denn auch meine Eltern haben beide geraucht und sind beide alt geworden und das, obwohl doch jeder Raucher auch gleichzeitig Passivraucher ist.

Würden Forscher und Ärzte sich mal mehr den industriell erzeugten Lebensmitteln, den Lebensmittelzusatzstoffen und vor allem deren Wechselwirkungen befassen und sie genauestens untersuchen, würde man sicherlich feststellen, dass Essen heute viel gefährlicher als rauchen ist, zumindest, wenn man darauf angewiesen ist, seine Lebensmittel im Supermarkt zu beschaffen und dabei aus Kostengründen oder auch aus Bequemlichkeit nicht auf Bio-Qualität achtet. Aber das passiert nicht, schließlich sind einfach zu viele wissenschaftliche (auch medizinische) Einrichtungen an diesem lukrativen Geschäft beteiligt, zum einen an der Entwicklung und Beurteilung dieser Zusatzstoffe und auch die als Folge häufiger auftretenden Krankheiten kommen den Ärzten nicht völlig ungelegen.

Einer Studie aus diesem Jahr zufolge wird ein massives Ansteigen von Herzinfarkten prognostiziert, obwohl die eigentlich zurückgehen müssten, wo doch so viele Menschen das Rauchen aufgegeben haben.

Ich bin kein Arzt, aber ich glaube, dass die mentale Einstellung eines Menschen zu sich und sein Glaube an die Heilkraft seines Immunsystems mehr zur Gesundheit der Menschen beitragen kann, als alle ärztlichen Empfehlungen. So habe ich mich einmal im Leben gegen Grippe impfen lassen, mit der Folge, ich habe sie bekommen. Ansonsten bin ich natürlich auch gelegentlich erkältet, aber laufe deshalb nicht gleich zum Arzt und diagnostiziere das für mich auch nicht als Grippe. Und gesundet bin ich dennoch, jedes Mal. Und seit ich auch im Winter mit dem Motorrad fahre und nicht mehr den halben Tag in klimatisierten Räumen verbringe, sind auch die Erkältungen eher selten.

Ich finde, Ärzte sollten sich wieder mehr auf das Heilen konzentrieren, statt zu agieren, wie schon Prof. Klaus Döner im Ärzteblatt (PP 1, Ausgabe Oktober 2002, Seite 449) befürchtete:

Der Wettbewerb zwingt zur Erschließung neuer Märkte. Das Ziel muss die Umwandlung aller Gesunden in Kranke sein, also in Menschen, die sich möglichst lebenslang sowohl chemisch-physikalisch als auch psychisch für von Experten therapeutisch, rehabilitativ und präventiv manipulierungsbedürftig halten, um „gesund leben“ zu können.

Ende des Leserbriefes.

Im Prinzip ist die Antiraucher-Kampagne ja nicht so ganz verständlich, Es sollten Gesetze her, die Menschen über 40 Jahre dazu zwingen, zu rauchen, um das andererseits bestehende Problem, dass die Menschen immer älter werden, einzudämmen. Macht man das nicht, könnten in absehbarer Zeit wieder Euthanasie-Programme für die Alten erforderlich werden. Denn Ursula von der Leyen (darf man sie nun als Flintenweib bezeichnen?) wird dieses Problem auch nicht lösen, auch nicht durch Unterstützung europäischer und amerikanischer Kolonialbestrebungen, indem man den Konzernen den Weg mit Minen, Panzern, Patrouillenbooten, Kanonen und sonstigen Waffensystemen deutscher Unternehmen freimacht. Da sollte sie doch lieber den Bau von Drohnen in Deutschland anLeye(r)n.

Aber vielleicht ist rauchen ja doch nicht so wirkungsvoll, wie man immer sagt, um das Ableben zu beschleunigen? Doch könnte man da nicht mit genverändertem Tabak nachhelfen, sozusagen zusätzlich zu den anderen Genprodukten? Sich darauf zu verlassen, dass die europäischen Bauern so wie die indischen Bauern nach dem Anbau genveränderter Produkte reihenweise Selbstmord begehen, halte ich eher für unwahrscheinlich.

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Herr Flegelskamp, nehmen Sie’s gelassen und denken Sie daran:

Toleranz kann man von den Rauchern lernen. Noch nie hat sich ein Raucher über einen Nichtraucher beschwert. (Alessandro Pertini)

 

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