Der intelligente Idiot

von Gert Flegelskamp (flegel-g)

An sich habe ich gar keine Lust, zu schreiben. Das Wetter ist schön und Deutschland ist vom Fußballfieber erfasst. Fahre ich durch die Stadt, sehe ich so viele, die mit ihren Fahnen die Infizierung mit diesem Fieber bekunden, an Autos, aus Fenstern und sogar an Motorrädern, wenn diese eine Antenne haben. Die Presse ist voll davon, die Werbung zum großen Teil auf dieses Ereignis eingestellt und auch die Menschen haben sich teilweise die Farben der Flaggen mit Schminke auf Arme usw. gemalt. So viel Begeisterung für unsere Nationalmannschaft. Es gibt also noch Dinge, die uns bewegen.

Doch Moment mal; Nationalmannschaft?? Mir, von diesem Fieber nicht infiziert, stellen sich da die Nackenhaare hoch. Wird uns nicht ständig suggeriert, dass wir eigentlich keine Nation mehr sind, sondern Teil der EU? Und was ist an der Nationalmannschaft eigentlich national? Ist das nicht eine Ansammlung von Spielern aus unterschiedlichen Vereinen, die zwar vermutlich alle einen deutschen Pass haben, aber nicht die deutsche Nationalität. Ich weiß, das wird mir nun als Fremdenfeindlichkeit ausgelegt, hat aber damit nichts zu tun. Fast alle Spieler dieser „Nationalmannschaft“ wurden von den jeweiligen Vereinen gekauft, völlig losgelöst vom nationalen Pathos, einfach aus einem einzigen Grund; den jeweiligen Verein zu verstärken. Wo sie eingekauft wurden? Nun, das ist eine globale Frage, ebenso wie Vereine auch Spieler verkaufen, auch an Länder außerhalb der deutschen Grenzen.

Mir ist natürlich bewusst, dass ich kein sonderlicher Fußballfan bin. Vermutlich liegt das daran, dass ich schon als Jugendlicher mangels Talent nicht mitspielen durfte. Und wenn ich an den heutigen Fußball denke, habe ich große Zweifel, ob das, was uns da präsentiert wird, überhaupt noch Sport enthält oder nur noch Geschäft ist. Denn Geschäft ist Fußball allemal, ein globales Multi-Milliardengeschäft und meine Erfahrung sagt mir, dass man ein solches Geschäft nicht dem Zufall und den jeweils 22 Akteuren + Schiedsrichtern überlassen kann. Und dass Korruption in den höchsten Gremien existiert, ist bekannt und ich fürchte, dass das wie bei den großen Konzernen auch funktioniert: Der Betrieb wird auf die Wünsche der Funktionäre (Vorstände) ausgerichtet.

Und auf dem Platz? In der obersten Liga treten da 22 Millionäre gegeneinander an und dabei stellt sich mir die Frage, welches Interesse im Vordergrund steht: „Die Rendite oder der Siegeswille“.

Aber ich will ja niemandem den Spaß verderben und Fußball ist auch nicht das Thema, sondern nur eine Randbemerkung wegen die derzeitigen Aktualität.

Der eigentliche Tenor dieses Beitrags soll zeigen, wie zwei unterschiedliche Themen viel stärker miteinander verwoben sind, als uns wirklich bewusst ist. Es geht um die Bienen und um die Menschen, so ziemlich alle, die ich als intelligente Idioten bezeichne. Um die Empörung über diese Aussage wenigstens ein wenig einzudämmen: Ich beziehe mich da durchaus mit ein.

Aber beginnen wir bei den Bienen. Im Spiegel durfte ich gestern lesen, dass Obama nun gegen das Bienensterben in den USA Schritte einleitet. Nun, wenn Obama etwas in die Hand nimmt, erfasst mich gleich ein Grausen und die Vermutung, dass dabei das Gegenteil von dem herauskommt, was er als Ziel gesetzt hat. Dabei ist das Thema keineswegs neu. Bereits 2007 habe ich aufgrund eines Artikels in der Süddeutschen eine Mail an alle Bundestagsabgeordneten zum Thema Bienensterben geschickt. Ich weiß heute nicht mehr, ob ich darauf Antworten bekommen habe, auf jeden Fall keine mit substantiellem Inhalt.

Nun beschäftigt das Thema erneut die Presse und Arte hat dazu eine Filmdokumentation mit dem Titel Das Geheimnis des Bienensterbens gebracht. Der Beitrag wird am Freitag, dem 04.07. um 8:55 Uhr wiederholt. Hat dieses Datum der Wiederholung nicht den Hauch einer Symbolik, weil dieses Datum ja auch der Unabhängigkeitstag der USA ist? Und nun zeigt sich die Abhängigkeit dieses Landes von so winzigen Wesen wie die Bienen.

Wen der Arte-Beitrag interessiert, der kann ihn sich auch jetzt auf YouTube in 9 Teilen ansehen und der Hinweis in Teil 1 auf ein Interviews mit Renate Künast ebenfalls. Aber die YouTube-Videos haben entweder eine schlechte Bildqualität, doch vielleicht liegt das auch an meinem Player.

Meine 2007 angeführte Besorgnis, dass vor allem genmanipuliertes Saatgut mit ein Verursacher dieser des Bienensterbens sein könnte, wird direkt nur einmal angesprochen, aber mit dem Hinweis, dass man es nicht beweisen konnte. Dafür wird viel auf die unterschiedlichen genutzten Pestizide aus der Gruppe der Neonikotinoide eingegangen, vor allem auch im Zusammenhang mit der Ausbringung dieser Pestizide bereits auf das Saatgut und die Erkenntnis, dass sich diese Ausbringung bei den daraus erwachsenden Pflanzen dennoch bis in die Blütenpollen nachweisen lässt. Und ziemlich am Schluss Part (Teil 9) wird auch darauf verwiesen, dass Versuche erfolgten, Bienenvölker mit minimalen und nicht nachweisbaren Dosierungen zu infizieren und dabei Wechselwirkungen mit Krankheitserregern festgestellt wurden.

Machen Sie sich selbst ein Bild davon, was mit den Bienen passiert und wie vor allem die chemische Industrie incl. der Gen-Industrie jede Schuld weit von sich weisen. Und deren Lobbyorganisationen sind sehr viel mächtiger und finden bei der Politik viel eher Gehör, als die Rufe und Demonstrationen der Imker. Nur eines noch zum Thema Bienen. Was für die Neonikotinoide gilt, nämlich die Auswirkung des Giftes bis in die Blütenpollen, auch wenn nur das Saatgut damit behandelt wurde, gilt aus meiner Sicht ebenfalls für genmanipuliertes Saatgut, weil die Pflanzen (Raps, Mais, Soja) durch die Genmanipulation ja die gegen Schädlinge wirkenden Gifte selbst produzieren.

Kommen wir nun zu den aus eigener Sicht intelligentesten Wesen dieses Planeten, zu den Menschen. Aber woran macht man Intelligenz fest? Früher, als die Welt noch einfach war, war der Mensch intelligent und alle übrigen Mitgeschöpfe auf diesem Planeten dumm. An dieser Auffassung hält die Wissenschaft heute nur noch bedingt fest. Sie hat erkannt, dass es Primaten gibt, die Werkzeuge nutzen. Sogar bei Vögeln, speziell den Krähen konnte das beobachtet werden. Das wird wissenschaftlich als Zeichen von Intelligenz gewertet.

So hat auch der Mensch, bzw. sein Vorläufer einmal begonnen, wenn man den Anthropologen glauben darf. Wie heißt es doch noch? Am Anfang war das Feuer. Das wiederum halte ich für eine unhaltbare These, denn bereits eine Gruppe der Spezies Australopithecus africanus hat nachweislich Steine dazu verwendet, Knochen zu zerschlagen, um an das Mark heranzukommen. Doch das spielt bei dieser Betrachtung auch keine Rolle. Was war es, dass der Mensch sich überhaupt zum Menschen entwickeln konnte? Er hat die Technik entdeckt und zwar über den Punkt hinaus, in dem man Werkzeuge nutzt. Er hat begonnen, die Technik zu entwickeln. Nehmen wir das Feuer. Die Entdeckung der Nützlichkeit war ein erster Schritt, aber der wäre recht nutzlos gewesen, hätten unsere Vorfahren nicht Techniken entwickelt, Feuer auch zu entzünden. Auch die Steine als Hilfsmittel hat er nicht nur entdeckt, sondern bei den unterschiedlichen Gesteinsarten erkannt, dass man die eine Sorte bearbeiten konnte, die dann scharf wurden und Möglichkeiten boten, damit zu schneiden. Andere Gesteinsformationen waren hilfreich für die bisher mühsame Form des Feuermachens. Man schlug sie gegeneinander und die Funken ersetzten das mühsame drehen eines Holzstabes auf einem Holzbrett, um ein Feuer zu entzünden. Und sie kombinierten Werkzeuge, indem sie z. B. entsprechend zurecht geformte Steine auf Holzstäbe banden und damit die ersten Speere schufen, was die Jagd einfacher machte, weil man diese Speere sowohl als Wurf- und als Stichwaffe bei der Jagd einsetzen konnte. Und was im großen der Speer, war dann im kleinen das Messer, sehr nützlich, um der erlegten Jagdbeute das Fell über die Ohren zu ziehen. Und sie entwickelten die Nähahle (auch aus Stein) und konnten damit die Felle zu Kleidung verarbeiten.

Ich will jetzt nicht einen Vortrag in Anthropologie halten, sondern nur verdeutlichen, dass es nicht die Nutzung von Werkzeugen war, sondern deren Herstellung, die dem Menschen den Vorsprung bei den Geschöpfen dieser Welt gab. und irgendwann vor 8.000 bis 12.000 Jahren wurde ein Teil der Menschen sesshaft, weil sie die Landwirtschaft entdeckt hatten. Sie hatten gelernt, Tiere zu domestizieren, aber vor allem erkannt, dass man Früchte und andere landwirtschaftliche Produkte an Ort und Stelle anbauen konnte. So entstanden Siedlungen, vor allem an den Flüssen, weil Wasser ein unverzichtbarer Teil der Besiedlung war. Und weil Flüsse bekanntlich zwei Ufer haben, wurde wohl ungefähr zur gleichen Zeit das Boot und/oder das Floß erfunden, denn das Holz schwimmt, war wohl schon lange vorher aufgefallen.

Mit der Besiedlung wurde der moderne Mensch geboren (bildlich gesprochen). Und der moderne Mensch hat nicht nur die Technik ständig weiter entwickelt, sondern auch deren Anwendung. Dinge wurden erschaffen und es gab dann immer Gruppen, die diese Dinge haben wollten, mit der Folge, dass man sich gegenseitig die Köpfe einschlug. Und Tiere, die den Haustieren gefährlich wurden, wurden unbarmherzig bis zur Fast-Ausrottung gejagt. Andere Tierarten, die etwas hatten, was den Menschen nützlich erschien, sei es nun das Fell, oder der Stoßzahn, oder das Horn, oder der Rogen (Stör), es gab immer Menschen die ihren Mitgeschöpfen gegenüber keinerlei Verantwortung fühlten und sie nach Belieben abschlachteten, um zu dem zu kommen, was der moderne Mensch inzwischen am meisten liebte: „Das Geld!“.

Im Laufe der Jahrtausende rottete der Mensch zahllose Tierarten völlig aus und dezimierte andere bis auf ein Minimum. Und er baute Tierheime, Zoo genannt, mit der aus meiner Sicht heuchlerischen Begründung, damit für einige Spezies das Überleben zu sichern. Sperrt man Menschen ein, nennt man solche Einrichtungen Gefängnis oder Zuchthaus

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Aber die Entwicklung der Technik ging immer schneller vonstatten. Früher mussten Landwirte hinter Pferden, die den Pflug zogen, herlaufen und den Pflug in den Boden drücken, heute machen das Maschinen, schneller, gleichmäßiger und viel größere Bodenflächen in kürzerer Zeit. Automatische Sprinkleranlagen sorgen für Bewässerung, wenn der Regen ausfällt und je nach Größe der Felder werden Pestizide mit großen Maschinen oder mit Flugzeugen ausgebracht.

Wir sind an einem Punkt angekommen, wo sich unsere viel geliebte Technik gegen uns wendet. Ohne die heutige Technik wären Monokulturen in der heutigen Form undenkbar. Es ist die Technik, die uns ermöglicht, ganze Urwälder innerhalb kürzester Zeit kahlzuschlagen. Ohne die Technik wäre Genmanipulation unmöglich (und wir haben bisher noch keinen Schimmer, welche Auswirkungen das auf das gesamte Öko-System hat bzw. haben wird). Ohne unsere Technik wäre die Massenproduktion von Pestiziden und Herbiziden nicht möglich. Ohne die Technik würde die Lebensmittelindustrie noch immer Genießbares herstellen, statt mit Zusatz- und Geschmacksstoffen genießbar gemachten Müll. Ohne die Technik wäre die Globalisierung in der heutigen Form nicht möglich und diese Globalisierung ist an sich nur eine Globalisierung der Ausbeutung, wie bei den Bienen in der Arte-Doku.

Die Menschheit wächst, die Arbeit, um den Lebensunterhalt zu verdienen schrumpft, dank der Technik. Vor einigen Tagen stand in der Zeitung, dass sich die Zahl der Allergiker verdoppelt habe. Man sucht überall nach den Ursachen, aber sicherlich nicht bei den genehmigten Lebensmittelzusatzstoffen und auch nicht bei den Futtermitteln für die Tiere, denn das sind Geschäftsfelder der chemischen Industrie und für jedes Gutachten, mit dem eine vorhandene Schädlichkeit nachgewiesen wird, liefert die chemische Industrie 10 Gegengutachten renommierter Wissenschaftler, denn käuflich sind sie fast alle, das ist lediglich eine Frage des Preises. Und die Anhäufung unterschiedliche Zusatzstoffe in unseren Lebensmitteln und damit verbundene Wechselwirkungen werden erst gar nicht untersucht.

Der Mensch ist unzweifelhaft intelligent und er erfindet immer neue Techniken, aber er ist auch ein Idiot, denn er merkt schon lange nicht mehr, was er damit anrichtet und dass er sich selbst damit zugrunde richtet. Wir haben heute mannigfaltige Möglichkeiten, miteinander zu kommunizieren, aber miteinander reden, das kommt immer mehr aus der Mode. Wir haben für alles eine App, aber für das meiste keine Erklärung.

Die Technik hat es dem Menschen ermöglicht, die Natur zu ignorieren, um der Jagd nach der Beute in Form von Profiten in immer bizarrerer Form hinterherzurennen. Aber der Mensch ist nicht unabhängig von der Natur, wie das Beispiel mit dem Sterben der Bienenvölker beweist. Wir können sie einige Zeit ignorieren, aber nicht auf Dauer. Nur ist es dann vermutlich zu spät zur Umkehr.

 

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