Der Franken und das Euro-Desaster

Grobe Unwahrheiten gegen die Goldinitiative

Der aktuelle Freitags-Kommentar der «Schweizerzeit» vom 9. Mai 2014

Von Ulrich Schlüer, Chefredaktor «Schweizerzeit»

Der Münchner Wirtschaftswissenschafter Hans-Werner Sinn, Direktor des dort wirkenden ifo-Wirtschaftsinstituts, ist nicht nur ausgewiesener Währungsexperte. Er spricht auch Wahrheiten aus, die staatliche Funktionäre heutzutage stur verschweigen.

Soeben hat er dem «Schweizer Monat» (Ausgabe Mai 14) ein Interview gegeben. Darin sagt er zum Stand der Überschuldungskrise und der damit zusammenhängenden Euro-Krise folgende Sätze:

«Wir bewegen uns tatsächlich weg von der freien Marktwirtschaft, und zwar hauptsächlich dadurch, dass die europäischen Institutionen in riesigem Umfang Investitionslenkung betreiben. Einmal durch die EZB (Europäische Zentralbank, Red.) als Hauptakteur, dann aber auch durch den Rettungsschirm ESM (Europäischer Stabilitäts-Mechanismus, Red.). Beide lenken öffentliches Kapital nach Südeuropa und geben dem privaten Kapital Geleitschutz auf dem Weg an Orte, an die es eigentlich gar nicht mehr hinwill. Sehr viel Kapital ist dort in den letzten zehn Jahren verbrannt worden – das Kapital hat erkannt, dass es ein Fehler war, dorthin zu gehen, die Politik aber will die Korrektur des Fehlers verhindern und drängt das Kapital weiterhin südwärts. … Natürlich, die EZB ist keine demokratische Institution, sondern wird von einem technokratischen Gremium geleitet, das unter dem Deckmantel der Geldpolitik fiskalische Kreditoperationen durchführt. Faktisch ist die Geldpolitik Fiskalpolitik und die EZB zur Bail-out-Institution, ja fast kann man sagen Bad Bank, Südeuropas geworden – ohne dass sie dafür je ein Mandat erhalten hätte. Das sind bedrohliche Entwicklungen, die eigentlich weder aus demokratischer noch aus marktwirtschaftlicher Sicht so hingenommen werden sollten.»

Der Euro bleibt Krisen-Verursacher

Professor Sinn illustriert mit diesen Aussagen, warum die Wirtschaft in den europäischen Ländern gegenwärtig so dramatisch zurückfällt gegenüber dem asiatischen Raum. Ein Unternehmer, der auf den Erfolg der eigenen Firma ausgerichtet Entscheidungen trifft, der bleibt mit seinem Unternehmen doch nicht in einem jener Länder, in welchem ihm ständig neue Maxima an Steuerbelastung aufgebürdet werden – allein um den unrettbar im Schuldensumpf Südeuropas ersaufenden Euro mit Billionen-Transfers aus den Steuerzahlern abgenommenen Geldern am Leben zu erhalten. Und dies absehbar vergeblich – weil der Euro schlicht nicht markttauglich ist.

Selbstverständlich gibt es Schweizer, welche dieser bedrohlichen Entwicklung gegenüber Gleichgültigkeit glauben demonstrieren zu können: Die Schweiz sei ja nicht Euro-Land. Was also kümmere uns die Euro-Krise.

Dass wir von dessen Niedergang nicht betroffen wären, ist allerdings Illusion. Denn die Schweiz, Bundesrat und Nationalbank, haben unsere gesunde Währung, den Franken, fest an den dahinsiechenden Euro gebunden. An jenen Euro, der – zusätzlich zu den Billionen-Transfers in die Schuldenlöcher der bankrotten Südländer – nur mittels «Zinsnullung» am Leben gehalten werden kann – also mittels politisch, an allen Marktgesetzen vorbei durchgesetzten Niedrigstzinsen.

Die Folgen der «Zinsnullung»

Was bedeutet denn die politisch verordnete «Zinsnullung» für den Einzelnen? Sie bedeutet, dass dem Sparer die Früchte seines Sparens, nämlich der Zins auf dem von ihm Ersparten vorenthalten bleibt – in Wahrheit gestohlen wird. Der Sparer ist völlig schutzlos jenen Räubern preisgegeben, welche den Sparern die ihnen zustehenden Guthaben rauben, um sie den Überschuldungs-Verbrechern im Süden Europas zuzustecken. Zinsnullung heisst, dass sich die Schuldenverursacher an den Zinsen der Sparer, an den Renten, an den Pensionsguthaben für die heute noch im Arbeitseinsatz stehenden Generationen, an den von den Lebensversicherern angehäuften Sparguthaben skrupellos bereichern können – auf Kosten aller, die für ihre Arbeit Lohn in Form von Geldleistung erhalten und die diesen Lohn im Moment, da sie ihn bekommen, nicht sofort verschleudern.

Zinsnullung heisst Zinsraub. Angeordnet von den Schulden-Verursachern zu Lasten der ehrlichen, soliden Sparer.

Uneinsichtige können dazu ihren Standpunkt wiederholen: Dieser ganze Raubzug auf die Zinsen der Sparer schere die Schweizer nicht, solange die Schweiz nicht Euro-Land sei, solange wir noch eine eigene Währung hätten.

Der Franken: Gefesselt an den maroden Euro

Ihr Einwand wäre zutreffend, wäre unsere Währung nicht fest an den Euro gebunden.

Um es zum x-ten Mal zu wiederholen: Mitte 2011, als der Euro dem freien Fall anheimzufallen drohte, gab es für unsere Nationalbank im Landesinteresse kaum eine andere Lösung als die Festlegung eines Mindestkurses, dessen Unterschreitung Nationalbank-Interventionen an den Devisenmärkten auslösen würde.

Aber diese Massnahme wurde seinerzeit ausdrücklich als «vorübergehend» etikettiert. Sie würde nur solange in Kraft bleiben, als sich der Euro nicht selbst auffangen könne. Dies ist inzwischen – bereits vor vielen Monaten – geschehen. Der Euro hält sich – wenn auch knapp – aus eigener Kraft auf einem Kurs von über Fr. 1.20. Die Nationalbank aber will nichts mehr wissen davon, dass sie ihre Mindestkurs-Politik seinerzeit ausdrücklich als «vorübergehende Notmassnahme» bezeichnet hatte.

Dass die Nationalbank in diametralem Gegensatz zu ihren damaligen Versprechen an dieser Politik festhält, ist Wortbruch. Ein Wortbruch, der jetzt auch noch dazu benutzt wird, dem Schweizervolk offensichtliche, schwerwiegende Unwahrheiten als angebliche «Argumente» gegen die Goldinitiative aufzutischen.

Die wahre Forderung der Goldinitiative

Die Goldinitiative verlangt bekanntlich, dass der Goldanteil an den Aktiven der Nationalbank mindestens zwanzig Prozent betragen müsse. Sie räumt zur Erreichung dieses Ziels eine Übergangsfrist von fünf Jahren ein. Als Folge der überstürzten, als «vorübergehende Rettungsmassnahme» gedachten Zukäufe von über dreihundert Milliarden Euro innert weniger Wochen entsprechen die sich noch im Besitz der Nationalbank verbliebenen 1‘040 Tonnen Gold einem Anteil von nur noch sieben Prozent an den Nationalbank-Aktiven. Wenn Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf – auf dieses Missverhältnis hinweisend – neuerdings unterstellt, die Goldinitiative würde der Nationalbank sofortige Goldkäufe in der Grössenordnung von rund zweitausend Tonnen zumuten, dann bedient sie sich einer geradezu bombastischen Unwahrheit.

Die Goldinitiative verlangt von der Nationalbank überhaupt keine Gold-Zukäufe. Aber sie verlangt, dass sie ihren 2011 abgegebenen Versprechen endlich nachkommt und die in Massen zu dessen Kursstützung aufgekauften Euro Schritt für Schritt – die Initiative gewährt ja die erwähnte Übergangsfrist von fünf Jahren – wieder abstösst, bis der unveränderte Goldbestand wieder zwanzig Prozent an den Nationalbank-Aktiven erreicht.

Wohlgemerkt: Die Goldbestände gefährden die Nationalbank-Bilanz in keiner Art und Weise. Enorme Gefahren bergen indessen die viel zu grossen Bestände an maroden Devisen. Eine Korrektur dieses Missverhältnisses läge im ureigenen Interesse der Schweizerinnen und Schweizer. Denn Nationalbank-Reserven sind Volksvermögen, nicht Manipuliermasse für der Europhilie huldigende Politiker und spekulierende Banker.

Die Sünden der Vergangenheit

Ruft man sich gleichzeitig in Erinnerung, wie kopflos und fahrlässig und zu welch miserablem Preis die Nationalbank vor zehn Jahren weit mehr als die Hälfte ihrer damaligen Goldreserven unter Erpressungsdruck der USA sinnlos verschleudert hat, dann darf immerhin erwähnt werden: Hätten diese kopflosen Verkäufe nicht stattgefunden, betrüge der Goldanteil an den Nationalbank-Aktiven heute – trotz der massiven Zukäufe gefährdeter Devisen – noch immer gegen fünfzehn Prozent. Angesichts der Vorgänge auf den Devisenmärkten wäre die Nationalbank also tatsächlich gut beraten – allerdings nicht gezwungen, das Gold-Fundament zugunsten der Stabilität des Schweizer Frankens Schritt für Schritt wieder zu erhöhen.

Ein ausreichender Goldbestand sichert der Schweiz die Eigenständigkeit ihrer Währungspolitik. Sie schützt den Sparer, den Rentner, den Pensionsberechtigten, den Lohnabhängigen vor Zinsraub und fahrlässiger Geldentwertung durch jene Schulden-Verbrecher, die im Euroraum gegenwärtig das Sagen haben. Die Goldinitiative verlangt nichts anderes als eine in erster Linie Schweizer Interessen dienende Währungspolitik. Sie verlangt die Abnabelung unserer Verantwortungsträger von den Schuldenmachern im Euro-Raum.

Ulrich Schlüer

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