Ein Kommentar zur Lage der Demokratie
von Heinz Sauren (Quelle)
Demokratie als Wiege der Freiheit. Dieses Bild ist nicht mehr aufrecht zu erhalten. In Ägypten wurde der demokratisch gewählte Präsident, durch einen Militärputsch abgesetzt. Die Demokratie wurde im Sinne und für die Freiheit der Menschen beendet. Das Experiment Demokratie ist in Ägypten vorerst gescheitert.
Ein Militärputsch ist nicht demokratisch, aber offensichtlich für das ägyptische Volk, das richtige Mittel seine Freiheit zu fordern. Die Anhänger von Ex-Präsident Mursi haben auf die Demokratie gesetzt und verloren. Zeitgleich versucht in der Türkei die Opposition, sich von der Knechtschaft des ebenfalls demokratisch legitimierten Präsidenten zu befreien. Auch in der Türkei hat die Demokratie den Menschen nicht die gewünschte Freiheit gebracht. Für beide Länder lässt sich sagen, die Demokratie brachte die Unfreiheit.
Demokratie bringt nur dann die Freiheit, wenn eine Mehrheit auch die Freiheit will. Freiheit ist kein Wesensmerkmal der Demokratie, wie es in westlichen Ländern gerne falsch propagiert wird. Demokratie besagt nur, dass eine Mehrheit das Recht hat, mittels Wahlen eine Regierung zu bestimmen, aber nicht welche Maßnahmen die so bestimmte Regierung einleitet. Freiheitlichen Bestrebungen können in einer Demokratie selbstverständlich unterdrückt werden, sofern eine Regierung die das möchte, eine Mehrheit findet. Demokratie besagt weiterhin, dass das Wahlergebnis bis zur nächsten Wahl unantastbar ist und eine demokratisch gewählte Regierung bis zu dieser zu ertragen ist.
Demokratie ist eine Durchführungsverordnung, die sich im Wesentlichen um ihren zentralen Punkt, die Wahlen dreht. Sie ist keine Ideologie, keine politische Ausrichtung und trägt per Definition keine eigenen Werte in sich. Die Bestimmung von Werten, Zielen und Freiheiten, obliegen in einer Demokratie ausschließlich dem Willen einer Mehrheit, womit die Demokratie das Recht hat, auch ihre eigene Unfreiheit, sogar ihre Abschaffung zu bestimmen.
Die Freiheiten, die in westlichen Nationen als demokratisch angesehen werden, sind das Produkt einer Propagandalüge des vergangenen kalten Krieges, in dem der Westen als Verfechter des Kapitalismus die Freiheiten aus diesem, als generelle Freiheiten seiner bevorzugten Staatsform, der Demokratie darstellte. Als politisches Gegenstück zum „unfreien“ Kommunismus. Tatsächlich ist es so, dass die meisten freiheitlichen Rechte der Menschen, innerhalb westlicher Demokratien nicht das Ergebnis demokratischer Gesellschaftsformen ist, sondern die Folge des unbegrenzten Konsums, den der Kapitalismus zu seiner Erhaltung braucht. Aus diesem Grund lassen sich in westlichen Demokratien keine Rechte etablieren die dem unbegrenzten Konsum entgegenstehen, oder auch nur ihm nicht dienen. Auch unsere Demokratien sind nicht frei. Ihre Unfreiheiten werden nur anders besetzt und anders empfunden. Dies bekräftigte Frau Merkel mit ihrer Forderung nach einer marktkonformen Gesellschaft und ihrem Statement, da es kein Grundrecht auf Freiheit und Demokratie gebe.
Ob wir, die uns so wertvoll gewordenen freiheitlichen Rechte auch in Zukunft haben werden, ist keine Frage unserer Demokratie, sondern des marktwirtschaftlichen Nutzens, der sie uns erhalten wird, solange er höher ist, als die Durchführungsprobleme, die sich aus der Wahrnehmung unserer Rechte, für den Staat ergeben. Dabei ist es eher unwahrscheinlich, das diese Rechte uns dauerhaft erhalten bleiben, da der sie begründende Kapitalismus, seinen Zenith bereits überschritten hat und sich dem Ende zuneigt.
Es ist dringend notwendig die Demokratie von den Mythen um sie zu befreien, da ihr Grundgedanke es Wert ist, auch in Zukunft bestimmend zu sein. Allerdings nur wenn sie den Charakter einer Durchführungsverordnung zur unbedingten Durchsetzung des Mehrheitswillens verliert und mit individuellen Rechten befüllt wird, die nicht nur das zugestandene Nebenprodukt einer Wirtschaftsordnung sind, sondern autark gegen jede Bestrebung auftreten können, die diese Freiheiten gefährdet.
Es ist an der Zeit eine grundsätzliche Diskussion zur Demokratie zu beginnen.
Ich empfehle mich in diesem Sinne
Heinz Sauren
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