DAS WACHSTUM: Interview mit Susanne Kablitz (PDV)

Interview mit Susanne Kablitz, Bundesvorsitzende der Partei der Vernunft (PdV)

 

DAS WACHSTUM: Ihre Partei holte bei der Bundestagswahl 2013 25.027 Zweitstimmen und lag mit 0,06 Prozent noch hinter der Satire Partei „Die Partei“ von Martin Sonneborn. Wie beurteilen Sie das Ergebnis und welche Visionen haben Sie für 2017?

Susanne Kablitz: Liberale Parteien haben es im derzeitigen politischen Umfeld  besonders schwer. Eine klassisch liberale Partei, die dazu noch die vorhandenen politischen Strukturen von Grund auf anders gestalten möchte, braucht viel Zeit und Engagement der Mitglieder, um die Wähler von der freiheitlichen Idee zu überzeugen. Es ist nicht der erdrutschartige Wahlerfolg, den wir anstreben. Wir wollen auf lange Sicht eine echte Alternative für die Menschen in diesem Land bereitstellen! Keine halben Sachen, sondern einen Weg und diesen konsequent! Wir stehen zu unserem Wort! Wir werden für „kein Geld der Welt“ und für kein in Aussicht gestelltes „Pöstchen“ unsere Ideale verraten.

 

WACHSTUM: Die soziale Marktwirtschaft ist nach F.A. Hayek unsinnig. Wie sozial ist die Partei der Vernunft, wenn sie es 2017 in den Bundestag schafft? Viel Spielraum für Wohltaten wird Ihnen wegen dem Verbot zur Erhebung direkter Steuern und der drastischen Senkung der Neuverschuldung nicht bleiben!

Kablitz: Nun, da wäre es zunächst notwendig, die inzwischen unter dem Aspekt der politischen Korrektheit völlig degenerierten Begriffe „sozial“ und „gerecht“ zu definieren. Dies führt an dieser Stelle aber zu weit. Es ist jedoch zweifellos so, dass eine Umverteilung, auch wenn sie unter dem sympathischen Nebenbegriff „sozial“ eine angenehme Vorstellung zu sein scheint, niemals gerecht sein kann. „Sozial“ und „Umverteilung“ schließen sich diametral aus; leider hat sich unsere sprachliche Kultur erschreckend negativ entwickelt, so dass selbst Begriffe wie „soziale Gerechtigkeit“ bei kaum jemanden ein Unwohlsein hervorrufen. Was soll „Gerechtigkeit“ sein, außer eben sozial? Der Begriff trägt dieses Qualitätsprädikat doch schon in sich. Was soll also diese doppelte und sich daher ausschließende Betonung?

 

Die Politik der letzten Jahrzehnte hat dazu geführt, dass wir heute an dem Punkt stehen, wo wir stehen. Es ist daher eine Farce, dass gerade die Politiker, die uns in den Schlamassel hineingeführt haben, nun behaupten, den Stein der Weisen gefunden zu haben. Leider sprechen die Menschen auf diese Begriffe an, weil die wahren Beweggründe geschickt verschleiert werden und daher die Folgen einer solch angeblich „gerechten“ Politik noch nicht im notwendigen Maß nach außen in Erscheinung treten.

 

Somit braucht die PDV im Bundestag keinen Spielraum für Wohltaten. Denn nichts ist sozialer, als den Menschen ihr eigenes Geld NICHT abzunehmen. Die aktuellen „Wohltaten“ der heutigen Politik, z.B. die Subventionen, verzerren die Märkte und schaffen dauerhaft mehr Ungleichgewichte und Abhängigkeiten, als sie Vorteile bringen. Zudem kosten sie den Steuerzahler unerhört viel Geld, welches sehr viel sinnvoller eingesetzt werden könnte, wenn man unter anderem die Subventionen streicht und dafür die Steuerlast für alle senkt.

 

WACHSTUM: Sie geben jegliche Kompetenzen dem Individuum zurück und hoffen darauf, dass die Nächstenliebe der Menschen für ein humanitäres Miteinander sorgt. Muss ein Volk den Umgang mit der neugewonnen Verantwortung nicht erst lernen?

Kablitz: Das wird im Einzelfall vielleicht so sein. Aber niemand von denen, die wir bisher befragt haben, hat sich dagegen ausgesprochen, ob er – wenn er doppelt so viel Kaufkraft zur Verfügung hätte als jetzt – nicht etwas von seinem Geld vor Ort in seiner Kommune regelmäßig spenden würde, wenn es dort in Not geratene Menschen gäbe, die Hilfe benötigen. Die Menschen sind von Natur aus sozial gegenüber ihrem Umfeld eingestellt und helfen gerne, wenn sie die Mittel dazu selbst übrig haben. Im Moment nimmt der Staat ihnen diese ansonsten freien Mittel weg und versucht eher schlecht als recht, damit auch nur ansatzweise das zu leisten, was die Menschen vor Ort wesentlich besser selbst könnten. Die Hilfsbereitschaft der meisten Menschen ist beeindruckend positiv; schauen Sie sich nur an, welche Summen im Falle menschlicher Tragödien privat  bereitgestellt werden. Dass die etablierten Politiker es auch nur wagen, an der Freiwilligkeit der Menschen zu zweifeln, ist eine Beleidigung erster Güte. Vielmehr ist es doch eher so, dass die Politik und die „Armutsindustrie“ sehr komfortabel davon leben, dass Gelder zwangsweise eingehalten werden. Also werden vermeintliche Gründe gesucht, die die Zwangsabgaben rechtfertigen.

 

WACHSTUM: Den Fall der Berliner Mauer erlebte der bekennende Anti-Sozialist Hayek noch mit. Welche Haltung nimmt Ihre Partei gegenüber den Ostblockstaaten wie Russland ein und wie möchten Sie die Außenpolitik gestalten?

Kablitz: Unsere Außenpolitik beschränkt sich auf ein friedliches Miteinander. Sonst braucht es kaum außenpolitisches Eingreifen. Und wenn doch, dann sehen wir uns nicht in der Überheblichkeit, über den Kopf der Bürger hinweg irgendwelche Abkommen zu schließen. Wir würden diese gegebenenfalls vorbereiten und dann die Bürger befragen. Ein friedliches Miteinander und freier Handel unter den Menschen – das ist die beste Außenpolitik. Jedes Volk hat seine Vorteile und seine Nachteile, seine Stärken und seine Schwächen. Gegenseitige Toleranz und ein ganz natürlicher Respekt voreinander reichen vollkommen aus, um friedlich nebeneinander und miteinander leben zu können.

 

WACHSTUM: Im Grundsatzprogramm spricht sich die PDV für begrenzte Alternativwährungen (Gold…) aus. Deflationäre Tendenzen führen dazu, dass sich die Konsumenten mit Käufen und Unternehmen mit Investitionen zurückhalten. Wie möchten Sie dem entgegentreten? 

 

Kablitz: Wir fordern nur die freie Wahl des Geldes, gehen aber davon aus, dass sich stabile Währungen, wie beispielsweise Gold und Silber etablieren werden. Die Angst vor Deflation ist ein von der Politik aufgebauschtes Schreckgespenst, um deren Inflationsbestrebungen zu rechtfertigen. Der Staat kassiert seine Bürger zum einen durch enorme Steuern und Abgaben ab und zum anderen durch die massive  Geldentwertung. Daher muss er dieses Märchen von der bösen Deflation am Leben erhalten.

Wir treten dafür ein, dass die Kaufkraft beim Bürger bleibt und nicht über die Geldmengenausweitung (Inflation) hin zum Staat und zu den Banken fließt. Der „kleine Mann“ wird dadurch über die Jahre wohlhabender, während der Staat sich nicht mehr durch Gelddrucken vermeintlich reich drucken und somit über das Hintertürchen Staatsverschuldung seine zerstörerische Politik betreiben kann. Nebenbei müssten die Banken plötzlich auf ehrliche Art und Weise ihr Geld verdienen und würden – wie jeder andere Wirtschaftsteilnehmer – für ihr Tun oder auch ihr Unterlassen die Haftung übernehmen.

Der einzelne Bürger wird weiterhin einkaufen, wenn er neue Schuhe braucht oder der Fernseher kaputt geht. Er muss weiterhin essen und braucht weiter Energie. Es wird sich für den Einzelnen ein positiver Effekt einstellen – aber diejenigen, die heute vom aktuellen System immens auf Kosten des Steuerzahlers profitieren, müssten sich endlich ein ehrliches Geschäftsmodell aufbauen.

 

WACHSTUM: Könnten Bitcoins eine solches alternatives Bezahlungsmittel sein? Wie positioniert sich die PDV zur „gehypten“ Internetwährung?

Kablitz: Bitcoins sind ein durchaus interessanter Versuch, das staatliche Geldmonopol auszuhebeln. Wenn die Menschen dieses Geld akzeptieren, steht die PDV ihnen nicht im Weg. Da Bitcoins bzw. die Cryptowährungen im Gesamtbild eine Art „Monopol“ einnehmen, in dem Sinne, dass sie die EINZIGE aktuell freie Form von Währung darstellen und wir eben nicht zwischen allen möglichen, freien Währungen wählen können, sehen wir Bitcoins mit gemischten Gefühlen. Eine freie, edelmetallgedeckte Währung, die einen realen inneren Wert aufweist, wäre mir persönlich und vielen anderen in der PDV noch lieber als ein paar Bytes an Cryptocodes. Nichtsdestotrotz sind Bitcoins ein erster guter Weg.

 

WACHSTUM: Wird der Euro auf längerer Sicht scheitern und worin investieren Sie eigentlich Ihr privates Geld?

Kablitz: Der Euro wird scheitern. Sogar auf sehr kurze Sicht, wenn die Politik nicht zu noch extremeren Mitteln greift. Und selbst dann wird der Euro keine 20 Jahre mehr Bestand haben. Keine einzige Papierwährung hat jemals auf Dauer überlebt, es ist letztendlich ohne Belang, ob die Währung Euro, Dollar oder Yen heißt. Beliebig vermehrbares Geld ist grundsätzlich eine schlechte Idee. Der Euro beschleunigt diesen Prozess nur eben um ein Vielfaches; wobei – lieber ein schnelles Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Mein privates Geld investiere ich definitiv nicht in Euro-Geldanlagen.

 

WACHSTUM: Als eurokritische Partei hat die PDV viel mit der AfD um Herrn Prof. Bernd Lucke gemeinsam. Worin liegen die zentralen Unterschiede und womit würden Sie einen Wähler der AfD von der PDV überzeugen?

 

Kablitz: Nun, das sehen wir deutlich differenzierter. Die PDV ist sich gerade einmal lediglich in gewissen Fragen der Euro-Politik mit der AfD einig. Während die AfD größtenteils genauso weitermachen will wie alle anderen etablierten Parteien auch, bieten wir fundamental freiheitliche Konzepte, die nahezu alle aktuellen Probleme lösen könnten. Die hauptsächlichen Auslöser all dieser Verwerfungen sind im Geldsystem und in der Politik begründet. Beides spricht die AfD überhaupt nicht an.

 

WACHSTUM: Die Partei der Vernunft möchte für die Europawahl im Mai nächsten Jahres zugelassen werden. Steht das Vorhaben nicht im Konflikt mit der Aussage, dass die EU nicht Europa ist und als supranationale Organisation überflüssig sei?

Kablitz: Die PDV ist eine Partei, die nach den Spielregeln des aktuellen politischen Systems alles daran setzt einen positiven Wandel herbeizuführen. Da müssen wir natürlich auch bei der Europawahl dabei sein, um genau diesen Wandel in die richtige Richtung zu lenken. Und wenn wir dort für´s Erste nur eine einzige, unsinnige Richtlinie verhindern können, hat sich das Ganze aus unserer Sicht schon gelohnt.

 

WACHSTUM: Stichwort „Energiewende“. Der Atomausstieg ist beschlossene Sache. Begrüßen Sie den Schritt der damaligen Bundesregierung oder halten Sie das Atomzeitalter noch nicht für beendet?

Kablitz: Solange ein einziger Meiler bei uns noch läuft, ist der Ausstieg nicht vollzogen und kann jederzeit wieder gekippt werden. Atomausstieg hin oder her, wichtig für uns als Partei ist, dass Strom nach betriebswirtschaftlich soliden Modellen und frei von Subventionen und anderen marktverzerrenden Mechanismen erzeugt wird und immer stabil verfügbar ist. Die Energiewende ist, was Kosteneffizienz und Versorgungssicherheit angeht, ein absolutes Desaster. Versorgungssicherheit – speziell beim Strom – ist das, was eine Wirtschaft und damit den Wohlstand aller sicherstellt. Die Politiker setzen dies durch die Energiewende leichtfertig auf´s Spiel und riskieren gleichzeitig durch die Abschaltung unserer recht sicheren AKWs, dass wir unter Umständen bald Atomstrom aus Nachbarländern importieren müssen, deren Meiler unseren Sicherheitsstandards bei Weitem nicht genügen. Was soll da am Ende besser sein?

 

WACHSTUM: Frau Kablitz, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Quelle: daswachstum (Darüberhinaus finden sich hier noch weitere interessante Artikel)

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