Das überaus seltsame Verständnis des Lauterbach Ministeriums von Rechtsstaat und Demokratie

von Norbert Häring

Wenn es nach dem geht, was Gesundheitsminister Karl Lauterbach seine Anwälte in meinem Verfahren gegen das Paul-Ehrlich-Institut argumentieren lässt, haben Bürger praktisch keine Rechtsmittel gegen seine Willkürentscheidungen. Außerdem haben demnach alle außer ihm gewusst, dass das Robert-Koch-Institut die Dauer des Genesenenstatus umgehend drastisch verkürzen würde. Lauterbach lügt – mal wieder.

Am 19.1. hatte ich darüber geschrieben, „Wie das Corona-Regime die Bürger vom Rechtsweg abschneidet“ , indem durch immer mehr Verweisungen und Unterverweisungen am Ende gar niemand mehr da ist, gegen den man klagen kann.

Ich habe trotzdem beim Verwaltungsgericht einen Antrag auf einstweilige Anordnung dagegen gestellt, dass ich durch eine heimlich vorgenommene Änderung einer Internetseite des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) über Nacht vom halb-privilegierten Grundimmunisierten zum vollständig entrechteten, unvollständig Geimpften herabgestuft wurde.

Die Stellungnahme der (teuren) Anwaltskanzlei, die Lauterbachs Gesundheitsministerium meint, dem Steuerzahler und/oder mir zumuten zu müssen, weil die eigenen Juristen sich offenbar in diesen Themen nicht so gut auskennen, verfolgt genau diese Linie. Argumentiert wird, dass die Kombination aus grundsätzlichem Grundrechtsentzug, kombiniert mit als Privileg zugestandenen Rechten für manche, und mit der bereits erwähnten Verweisungspraxis, effektiv dazu geführt habe, dass man als Bürger niemand hat, gegen den man klagen kann. Und wenn wider Erwarten doch, dann wären das die 16 Bundesländer, gegen die man einzeln klagen müsste, wenn man sich ohne bestimmte Einschränkungen im Bundesgebiet bewegen möchte. Und das, obwohl es eine Bundesbehörde ist, die auf Basis von Bundesverordnungen die bundesweit maßgeblichen Entscheidungen trifft.

Wenn ich also zum Beispiel von Frankfurt nach Berlin und zurück mit der Bahn fahren möchte, ohne mehrmals ein Testzentrum aufzusuchen, und in Berlin womöglich jemand in einer Gaststätte treffen möchte, dann müsste ich je nach Route gegen etwa vier Bundesländer klagen. Ich müsste einzeln dagegen klagen, dass sie sich in ihren Corona-Verordnungen, die mich einschränken, auf die Entscheidung des PEI beziehen, die ich für rechtswidrig halte. Genial, wie Karl Lauterbachs Gesundheitsministerium sich das ausgedacht hat.

Ein paar kleine Kostproben der Argumentation, die die Anwälte in Lauterbachs Namen vorbringen:

1. Wenn §2 Nr.3  der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung, der für die Definition von „geimpft“ auf die Netzseite des PEI verweist verfassungswidrig wäre, wie wir argumentieren, dann hätte ich keine Anspruchsgrundlage für eine einstweilige Anordnung. Denn dann gäbe es einfach die im Infektionsschutzgesetz in §28c mit Verweis auf diesen Paragraphen aufgeführten Ausnahmen von den Grundrechtseinschränkungen nicht und zwar für alle nicht. Dann hätte niemand einen Anspruch auf Ausnahmen von den Einschränkungen und ich also auch nicht.

Genial, nicht wahr. Der Grundrechtsentzug ist aus Gesundheitsgründen die Norm. Alle Ausnahmen sind – nicht einklagbare – Privilegien. Dass es offenkundig unverhältnismäßig und damit grundgesetzwidrig wäre, allen ohne Ausnahme aufgrund einer mäßig gefährlichen Infektionskrankheit, gegen die es eine angeblich wirksame Impfung gibt, wesentliche Grundrechte zu entziehen, ist Lauterbach und seinen Anwälten egal.

2. Richtig krass wird es bei der Wesentlichkeitstheorie, wonach es Sache des Parlaments ist, die wesentlichen Regeln zu erlassen, insbesondere, wenn wichtige Grundrechte betroffen sind. Sie hat den wissenschaftlichen Dienst des Bundestags und verschiedene Verwaltungsgerichte dazu gebracht, die doppelte Verweisung vom Infektionsschutzgesetz auf die Corona-Ausnahmenverordnung und von dort auf die Netzseiten von RKI und PEI für grundgesetzwidrig zu erklären.

Dem halten Lauterbachs Anwälte entgegen, dass die Verweisung auf PEI und RKI auf einer Verordnung beruhten, die im Parlament debattiert worden sei, und der Bundestag und Bundesrat danach zugestimmt hätten. Insofern habe das Parlament alles Wesentliche nach Debatte im Wissen um die Folgerungen selbst entschieden.

Zum Beleg des Letzteren zitieren sie auch tatsächlich aus der Bundestagsdebatte vom 13. Januar Lauterbachs Parlamentarische Staatssekretärin Sabine Dittmar (SPD) mit den Worten:

Meine Damen und Herren, nach den neuen Regelungen müssen die Impf- und Genesenennachweise generell den jeweils aktuell veröffentlichten Anforderungen entsprechen. Für den Impfnachweis sind das die Kriterien auf der Internetseite des Paul-Ehrlich-Instituts, für den Genesenennachweis die auf der Seite des Robert-Koch-Instituts. Diese Kriterien und Vorgaben werden laufend an die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse angepasst.

Der Genesenenstatus wird künftig nach 3 Monaten bzw. 90 Tagen entfallen. Eine Anpassung der Vorgaben für einen vollständigen Impfschutz wird von der Bundesregierung fortlaufend überprüft. Auch die Corona-Einreiseverordnung sieht diese entsprechenden Anpassungen vor.“

Tatsächlich hat sie das gesagt, und wenn ein bisschen kritischer Geist im Parlament herrschen würde, hätten Abgeordnete der ganz großen Corona-Koalition aus Union,SPD, Grünen und FDP dieses Detail bemerken und hinterfragen können. Sie taten beides nicht und waren nachher überrascht, dass das RKI schon am nächsten Tag den Genesenenstatus auf seiner Netzseite verkürzte. Die Opposition hatte ohnehin genug anderes, grundsätzlicheres, zu bemängeln.

Aber das Krasse dabei ist: Karl Lauterbach behauptet trotz dieser Aussage seiner Staatsekretärin, das RKI habe diese Entscheidung gänzlich an ihm vorbei getroffen und er habe nichts davon gewusst. Und nun sagen parallel dazu seine Anwälte, die Sache sei so eingehend debattiert und allen Beteiligten klar gewesen – außer Lauterbach selbst natürlich -, dass man nicht behaupten dürfe, hier sei etwas am Parlament vorbeigeschleust worden, oder – milder – das Parlament habe nicht alle wesentlichen Entscheidungen im Wissen um die Folgerungen selbst getroffen.

Wenn Lauterbachs Anwälte argumentieren, man habe schon im Herbst gewusst, dass die Schutzwirkung einer einmaligen Janssen-Impfung – entgegen der hochfliegenden Effektivitätswerte der Zulassung – eher gering war, dann fragt sich doch, warum Lauterbachs Gesundheitsbehörden mit der Änderung der Einstufung mehrere Monate warteten, genau bis zum ersten Tag, an dem sie diese ohne Beteiligung des Parlaments ändern durften. Lauterbach bucht das wahrscheinlich unter besondere Schläue und nicht unter dem Rubrum Hintergehung des Souveräns.

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Dossier zu Karl Lauterbachs Lügen, Widersprüchen und Fehlprognosen

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7 Kommentare

  1. Hans Hansen vor 2 Tagen

    Was man über Karl Lauterbach wissen sollte:

    Lauterbach kassierte über 800.000 Euro für Medikamenten-Studien, die er im Auftrag der Pharmaindustrie durchführte.

    Er war auch an einer Studie über den Cholesterinsenker Lipobay beteiligt – dem Medikament, das der Hersteller Bayer wegen vieler tödlicher Zwischenfälle im Jahr 2001 vom Markt nahm. Die frühen Hinweise darauf, dass Lipobay gefährlich war, nahm Lauterbach damals ebenso wenig wahr, wie es seine Auftraggeber taten.

    Bereits im Jahr 2011 wurde publik, dass Lauterbach Aufsichtsratsmitglied bei den Rhön-Kliniken war.
    Was auffiel, war eine Politik, die darauf abzielte, vor allem kleinere Krankenhäuser so zu benachteiligen, dass sie „leichte Beute“ für private Klinik-Ketten, wie die Rhön-Kliniken, wurden, die dann diese Krankenhäuser aufkauften und schlossen ‼️

  2. Zitat
    P.Boehringer

    Abstimmung der Impfzwangsgesetze nun am 18. März im Deutschen Bundestag!

    Zur Vorabinfo direkt aus dem Bundestag an alle Leser und Impfzwangsgegner: Nach meinem aktuellen Infostand wollen eine BT-Mehrheit der Ampelparteien bzw -fraktionen bzw. die sog. „Gruppen“ der Impfzwangsbefürworter ihre Gesetzentwürfe zur allg Impfpflicht (ab 18 bzw ab 50) nun am 16. und 18. März durch den BT bringen.

    Gegen jede Evidenz, gegen unsere Grundrechte und noch dazu im Schweinsgalopp in drei Tagen von erster (16.3.) bis dritter Lesung (18.3.) und dann Rechtskraft, falls sich eine einfache Mehrheit der Abgeordneten dazu finden lässt!

    => Der Kampf dagegen muss nun bis Mitte März mit höchster Intensität geführt werden! Es darf auch keinesfalls sein, dass ein solches Gesetz „auf Vorrat“ (CDU-CSU-Vorstellung!) eine Mehrheit bekommt!! Dann hätten wir zwar ggf. nicht SOFORT einen aktivierten Impfzwang. Aber ein jederzeit bei der kleinsten Grippe ab Herbst aktivierbares Unrechts-Gesetz zusammen mit einem totalüberwachenden Datenschutz-Alptraum namens „Digitales Impfregister“.
    => Darum jetzt Widerstand. Am 18.3. wird es im BT tats. sehr ernst. Ich und meine Partei werden auf der Seite der freien Menschen und der freien Wahl und gegen jeden Zwang stehen! Das ist fest versprochen.

    Anderes Zitat

    Wenn der Artikel aus RUBIKON tatsächlich auf einem Strategiepapier von Kanzleramt und Innenministerium basiert, dann waren die erste 2 Jahre C-Diktatur nur der sanfte Einstieg. Was die Junta mit uns vorhat, erinnert dann doch sehr ans Dritte Reich!

    Ausschnitt aus dem Artikel:

    Das Papier enthält interessante Passagen vor allem für die Demokratiebewegung. Darin heißt es unter anderem, dass „Querdenker, Montagsspaziergänger, der demokratische Widerstand und Impfverweigerer“ als Staatsfeinde zu betrachten und „aus der Gesellschaft auszugliedern“ sind. Das gilt ebenfalls für alle, die sich der Regierungsinterpretation von Wahrheit bezüglich des Coronavirus nicht anschließen, diese öffentlich kritisieren oder sogar bekämpfen. Es reiche längst nicht mehr aus, sie als Verschwörungstheoretiker, Aluhutträger, Rechtsradikale, Antisemiten oder Putin-Lover zu denunzieren. In dem Dokument heißt es wörtlich:
    „Hier müssen wir massiv nachlegen. Regierungsfeinde jeglicher Couleur müssen im öffentlichen Bewusstsein als Terroristen gebrandmarkt werden.“

    Da drängt sich mir sogleich die Frage auf: Wie sollen diese Menschen gekennzeichnet werden, damit sie in der Öffentlichkeit jeder sofort als Terroristen erkennt? Sinnvoll wären Oberarmbänder in drei verschiedenen Farben je nach Aggressionsbereitschaft, zum Beispiel rot, orange, gelb.“

    Weiterlesen:
    https://www.rubikon.news/artikel/staatsfeinde-bekampfen

    Dagegen waren alle Honeckers, Stalins, Noriegas, Hitlers, Frankos, Maos und der Rest der Sozialisten spacken Anfänger !!

    • Warten wir doch mal ab, wie sich die Sache mit dem Impfzwang weiterentwickelt. Anfang 2020 dachte ich der Alptraum wäre mitte des Jahres vorbei, aber nein seit zwei Jahren wird es immer schlimmer, bei abnehmender Gefährlichkeit dieses Covid-Virus! Wieviel an Desinformationen hat uns nicht schon seitens der Regierung erreicht, die dann zurückgenommen wurde? Zunächst geht es nur noch darum, daß eine größere Anzahl Ungeimpfter sich „freiwillig“, d. h. durch Medienzwang, impfen läßt.

      Wir müssen unsere Nerven schonen und erst entscheiden, wenn effektiv unmoralische Forderungen an uns herangetragen werden. Natürlich sind wir Widersacher des Systems, das uns aus irgendwelchen Gründen impfen lassen will. Wir sind sozusagen die Robin Hoods gegen den Sheriff von Nottingham. Ich bin gespannt, wie „erfolgreich“ sich das Impfgesetz in felix Austria entwickelt.

  3. Nein, nein…im Gegensatz zu Herrn Häring versteht Lauterbach ganz gut (bzgl. RKI):
    „Über tiefgreifende Entscheidungen wie etwa den Genesenenstatus möchte ich selbst und direkt entscheiden“, sagte Lauterbach der „Bild“. „Sonst trage ich die politische Verantwortung für das Handeln anderer.“ https://www.tagesschau.de/inland/lauterbach-rki-101.html
    Aber klagen kann man natürlich…wenn man sonst nichts Besseres zu tun hat.

    [@Dieter: Du hast E-Post mit Bitte zur vorherigen Prüfung.]

  4. Vielleicht schließt sich das Verwaltungsgericht des Herrn Häring dem Berliner Verwaltungsgericht an?

    https://www.mmnews.de/politik/177858-gericht-genesenenstatus-verkuerzung-durch-rki-rechtswidrig

    „Das Verwaltungsgericht Berlin hat die bundesrechtliche Verkürzung der Geltungsdauer des Corona-Genesenenstatus durch das Robert-Koch-Institut (RKI) für rechtswidrig erklärt. Das geht aus einem Beschluss von Mittwoch hervor, der am Donnerstag veröffentlicht wurde. Über die Geltungsdauer des Genesenenstatus habe nach den Verordnungsermächtigungen im Infektionsschutzgesetz die Bundesregierung selbst zu entscheiden, hieß es zur Begründung.“

    Dabei ist noch gar nicht die Klage eines Genesenen entschieden, der mit dem Geimpften auch ein Jahr lang von den Restriktionen befreit sein will, statt eines halben Jahres.

    https://krisenfrei.com/mwgfd-mitglied-prof-dr-werner-mueller-klage-beim-verwaltungsgericht-darmstadt-bzgl-gleichbehandlung-von-genesenen-mit-geimpften/

    Wie gemein der Lauterbach ist, kann man an folgendem erkennen: Er läßt sich durch einen Anwalt vertreten, der, wenn Herr Häring verliert, ihm seine Anwaltskosten aufbrummen wird, zzgl. Gerichskosten, während Lauterbach natürlich auch eine Rechtsabteilung hat, die das umsonst machen müßte, weil nicht selbständig.

    Wenn man sich z. B. gegen eine ungerechtfertige Umlegung des eigenen Grundstücks wehrt, wird die Umlegungsstelle selbstverständlilch einen Anwalt nehmen, der dann wegen des hohen Streitwerts im Falle des üblichen Obsiegens der Beamten vor Gericht den Bürger praktisch zum Verkauf des Grundstücks zwingt. Das sind so die üblichen Tricks bei uns, um die kleinen Leute fertig zu machen! Die Beamten haben bei solchen Prozessen keinerlei Risiken, weil ihre darauf verbrachte Arbeitszeit als auch etwaig zu erstattende Anwalts- und Gerichtskosten der Steuerzahler übernehmen muß.

    Ich meine deswegen, alle Prozesse mit den Staatsbeamten müßten kostenlos sein!

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