Das russische Fernsehen über das „qualvolle Sterben“ der europäischen Wirtschaft

Die europäische Wirtschaft stirbt einen qualvollen Tod, meint das russische Fernsehen, denn die Konzerne suchen neue Produktionsstandorte und der Mittelstand wird nicht überleben.

Quelle: anti-spiegel

Der Niedergang Europas ist ein trauriges Schauspiel, der von den Europa-Korrespondenten des russischen Fernsehens mit einer Mischung aus Unglauben und Erschrecken beobachtet wird. In Russland haben viele bis zuletzt gehofft, dass sich in Europa der gesunde Menschenverstand durchsetzt und dass die europäischen Staaten sich im eigenen Interesse von den USA emanzipieren. Das ist nicht geschehen und derzeit führen die EU-Kommission und die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten ihre Wirtschaft – und damit den bescheidenen Wohlstand der Menschen – im Interesse der USA zur Schlachtbank.

Die Berichte der Europa-Korrespondenten des russischen Fernsehens waren noch vor einem Jahr zwar kritisch, aber es schwang noch Hoffnung mit, dass man in Europa rechtzeitig verstehen würde, dass die Vasallentreue zu den USA das Ende des europäischen Wohlstands bedeuten wird. Inzwischen ist klar, dass das eine Illusion, eine naive Hoffnung war, und die Berichte der russischen Korrespondenten schwanken nun zwischen bitterer Ironie und mitleidigem Unglauben über das, was in der EU vor sich geht. So war es auch an diesem Sonntag wieder, als das russische Fernsehen den Korrespondentenbericht über die politischen Ereignisse der vergangenen Woche in Europa gezeigt hat, den ich übersetzt habe.

Beginn der Übersetzung:

Tage des Zorns in Europa. Die Gewerkschaften in der Alten Welt haben an diesem Wochenende beschlossen, Proteste gegen den rekordverdächtigen Rückgang des Lebensstandards zu organisieren. Fast 100.000 Menschen gingen in Rom auf die Straße, weil sie unzufrieden sind, dass die Regierung nicht sie, sondern das Kiewer Regime mit Geld unterstützt. Die Demonstranten forderten ein Ende der Waffenlieferungen an die Ukraine, die Europa bereits 20 Milliarden Euro gekostet haben.

In Polen, wo die Reallöhne in der EU mit 14 Prozent am stärksten gefallen sind, versammelten sich verärgerte Demonstranten im Zentrum von Warschau. Die Demonstranten zündeten Kohlekarren an, um auf den Brennstoffmangel aufmerksam zu machen, denn Brennstoff ist für viele Polen zu einem unerschwinglichen Luxus geworden.

Während sich die politische Lage in Europa aufheizt, sinken die Temperaturen. Nach dem ungewöhnlich warmen Oktober kam das kalte Wetter mit zwei Wochen Verspätung. Alle Länder, die über Erdgasspeicher verfügen, haben damit begonnen, Gas abzupumpen. Die Preise sind sofort gestiegen.

Sowohl die Bevölkerung als auch die Unternehmen in Europa werden in diesem Winter astronomische Stromrechnungen bekommen. Die deutsche Regierung fordert harte Sparmaßnahmen und sogar der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel werden Gelder gekürzt. Und die Wirtschaft bereitet bereits die Flucht vor. Dutzende der größten deutschen Unternehmen entscheiden gerade, ob sie ihre Produktion in die USA oder nach China verlagern.

Vor diesem Hintergrund stand der Besuch des deutschen Bundeskanzlers in Peking, wohin er mit den Spitzen der deutschen Wirtschaft reiste, trotz der Bedenken aus Washington, Brüssel und sogar seiner eigenen Regierung, diese Woche im Mittelpunkt des weltweiten Medieninteresses. Warum hat sich Olaf Scholz in Kenntnis aller Risiken für diesen Aufstand entschieden? Der Bericht unseres Korrespondenten aus Europa sucht nach Antworten.

Bei all der Fülle der Ereignisse in Deutschland stellt sich vor allem die Frage, warum Scholz nach China gereist ist. Der offizielle Anlass war der 50. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Ein Tag für die Anreise, dann warten auf die Ergebnisse der PCR-Tests im Gästehaus, dann ein zweistündiges Treffen mit dem chinesischen Präsidenten ohne Händeschütteln an einem so riesigen Tisch, dass er den „Focus“ an den Empfang von Scholz in Moskau erinnert hat. Alles in allem war es ziemlich kühl für einen so bedeutenden Jahrestag. Als Teil der Antwort auf die Frage nach dem Zweck des Besuchs kann man die in den Medien kursierende Version nehmen, dass Scholz als Abgesandter des kollektiven Westens fungierte, der Präsident Xi Jinping einige grundsätzliche Dinge vermitteln sollte. Zum Beispiel die Notwendigkeit, Druck auf Russland auszuüben.

„Ich habe Präsident Xi gesagt, dass es für China wichtig ist, seinen Einfluss auf Russland geltend zu machen. Es geht darum, die Prinzipien der UN-Charta zu respektieren, auf die wir uns alle geeinigt haben – Prinzipien wie die Souveränität und territoriale Integrität eines jeden Landes, die auch für China wichtig sind“, erklärte Olaf Scholz.

Was ist für den Kanzler selbst wichtig? Vor allem eine stärkere Öffnung des chinesischen Marktes für deutsche Waren und Investitionen. Chinas Standpunkt dazu wurde vom chinesischen Premierminister Li Keqiang dargelegt, der von Xi Jinping mit der Mission beauftragt wurde, die gemeinsame Pressekonferenz abzuhalten.

„Die Beziehungen zwischen China und Deutschland entwickeln sich weiterhin auf gesunde und stabile Weise“, erklärte der chinesische Premierminister Li Keqiang. „Wir glauben, dass das eine Botschaft an die Welt ist, dass wir gemeinsam den Multilateralismus verteidigen und die multipolare Welt unterstützen werden, und dass wir gemeinsam den freien und fairen Handel unterstützen werden.“

Die Multipolarität der Welt ist eine Sache, mit der sich die neokolonialen politischen Eliten des Westens nur schwer abfinden können, aber die deutsche Wirtschaft hat schneller erkannt, dass sie sich in einer Situation befindet, in der es einfach unmöglich ist, die neuen Regeln nicht zu akzeptieren.

Der Bundeskanzler wurde auf seiner Reise von den Chefs Dutzender führender deutscher Konzerne und Banken begleitet: Volkswagen, Deutsche Bank, BASF, BMW, Siemens, Adidas. Teilweise könnte man sagen, dass nicht Scholz sie, sondern dass sie Scholz nach Peking geschleppt haben.

„Die USA und die EU erwägen, Ausfuhrbeschränkungen gegen China zu verhängen. Die Verbündeten arbeiten bei den Ausfuhrbeschränkungen für Moskau zusammen und die Regierung von US-Präsident Joe Biden prüft ähnliche Methoden zum Informationsaustausch und zur Koordinierung der Durchsetzung, um ihre eigenen bilateralen Ausfuhrbeschränkungen für China zu verschärfen“, berichtet Bloomberg.

Die Zahl der Fixpunkte für das deutsche Wirtschaftswachstum schwindet rapide. Und auch bei China könnten bald Sanktionen bevor stehen – noch ein paar Schlingen um den Hals der europäischen Wirtschaft, damit sie schneller erstickt. Was jetzt mit ihr geschieht, ist noch keine Agonie, aber das qualvolle Sterben ist in vollem Gange. Industriegiganten – deutsche Chemie- und Automobilkonzerne – planen die Eröffnung neuer Produktionsstätten in den USA und in China und Schließungen im eigenen Land, weil es dort nicht mehr rentabel ist.

„Die Inflation macht keine Pause, alles wird teurer und teurer. Ich sage Ihnen, dieses Jahr wird Brokkoli das perfekte Weihnachtsgeschenk, wenn es so weitergeht“, scherzte der Moderator der Heute-Show.

Obwohl Deutschland mit einer Inflationsrate von 10,5 Prozent im Mittelfeld liegt, hat es seit 70 Jahren keine solche Inflation mehr gegeben, und alle sagen, dass sie nur weiter steigen wird. Der Kanzler versucht zu beschwichtigen, aber diese Beschwichtigungen machen wahrscheinlich nur noch mehr Angst:

„Es ist sehr wichtig, dass wir die Bürger angesichts der enormen Preissteigerungen unterstützen. Wir tun das mit 200 Milliarden Euro, die wir ausschließlich zur Subventionierung der Preise für Strom, Gas und Fernwärme verwenden. Klar ist, dass die Preise dadurch nicht wieder auf das Niveau sinken werden, das sie vor dem aggressiven Krieg Russlands gegen die Ukraine hatten. Aber die Erhöhung wird nicht so gewaltig sein, wie das, was manche Menschen als Rechnungen erhalten haben, bei denen sie befürchteten: Das kann ich nie bezahlen.“

Die 200 Milliarden Euro, von denen Scholz spricht, hat noch niemand gesehen – sie sind noch nicht da, weil die siebenjährigen Staatsanleihen, durch deren Verkauf die Mittel angesammelt werden sollen, immer schlechter laufen. Dennoch plant die Regierung, die Gasrechnungen für Dezember aus dem Staatshaushalt zu bezahlen und ab dem ersten Februar die so genannte „Gasbremse“ einzuführen, also 80 Prozent des Verbrauchs der Haushalte und 70 Prozent des Verbrauchs der Industrie zu subventionieren. Aber das sind bisher nur Versprechungen, während die Bevölkerung die Tarife für 2023 in Händen hält.

Seit dieser Woche erhalten die Mieter Briefe von den Hausbesitzern, in denen ihnen mitgeteilt wird, dass die Heizkosten im nächsten Jahr um weitere 212 Prozent steigen werden. Mit anderen Worten: Wenn eine deutsche Durchschnittsfamilie, die in einem Berliner Stadtteil lebt, früher 1.300 Euro pro Jahr dafür ausgegeben hat, sind es jetzt 4.000. Als wertvoller Tipp wird empfohlen, die Raumtemperatur zu senken. Jedes Grad spart 235 Euro. Vielleicht wäre das für irgendwen eine Lösung, aber es wird eine weitere Rechnung für Strom kommen, auf der nochmal 3.000 oder 4.000 Euro stehen. Mit anderen Worten: Ein durchschnittlicher Haushalt müsste zwei Monatseinkommen beiseite legen, um die Nebenkosten zu bezahlen.

Die Regierung tröstet, dass die Gasspeicher zu 95 Prozent gefüllt sind und der Gaspreis gegenüber den Spitzenwerten des Sommers deutlich gesunken ist, aber der Preis wird wieder steigen, wenn mehr Gas entnommen wird und die chinesische Wirtschaft, die sich immer noch im Ruhezustand befindet, erwacht. Dann kann keine Gasbremse, auch nicht die in Deutschland, den Absturz der Wirtschaft in einen Sumpf aus Zahlungsrückständen und Firmenpleiten verhindern.

In diesem Sinne könnte die Reise deutscher Unternehmer nach Peking, was auch immer Scholz vorhatte, sogar etwas mit dem Wunsch zu tun haben, den neuen Platz an der Sonne näher kennen zu lernen. Für Unternehmen gibt es keinen entscheidenden Unterschied zwischen Bayern, Guangdong oder Oklahoma; sie gehen dorthin, wo die Gewinne höher sind. Für Politiker gibt es einen Unterschied.

„Angesichts der Entwicklung Chinas müssen wir gemeinsam daran arbeiten, die Fehler der Vergangenheit in der Russlandpolitik nicht zu wiederholen“, forderte Annalena Baerbock, die deutsche Außenministerin in Münster. „Es ist wichtig zu verstehen und sich bewusst zu machen, dass sich China in den letzten Jahren verändert hat. China ist nicht nur ein Partner in internationalen Angelegenheiten, sondern auch ein Konkurrent und ein viel stärkerer Gegner in Fragen der internationalen Ordnung geworden.“

Die Reise von Scholz nach China und die Begleitung, mit der er dorthin reiste, widerspricht de facto den Richtlinien Washingtons, für deren Durchsetzung in Deutschland die Grünen zuständig sind. Schließlich hat selbst der Bundeskanzler irgendwann mal den Abzug amerikanischer Stützpunkte aus Deutschland befürwortet, ist aber inzwischen bis in die Haarspitzen transatlantisch geworden, nur dass er jetzt wieder einmal manövrieren muss und versucht, die verbliebenen Eier in verschiedene Körbe zu legen.

Bei den Grünen ist es viel einfacher: Vor einigen Jahrzehnten sahen die Amerikaner in ihnen ein nützliches Potenzial und machten sie zu Lobbyisten im Interesse und zugunsten der USA für die Deindustrialisierung Europas. Baerbock hat versucht, dafür zu sorgen, dass Scholz in Peking als feindlicher Parlamentarier wahrgenommen wird.

„Zwischen Scholz und Baerbock liegen 7.700 Kilometer und politische Kälte bei den Themen Russland, China und Ukraine. Als Scholz sich auf den Weg machte, hatte Baerbock ihm bereits gesagt, was er tun muss und was er tun darf. Öffentlich. Unsere Politik gegenüber China muss sich ändern. Gemeint ist seine, Scholz‘ Politik. Scholz und Baerbock duellieren sich die Spannung in außenpolitischen Fragen ist seit Monaten zu spüren. Baerbock will seit langem Panzer an die Ukraine liefern, Scholz lehnt das ab. Als der Kanzler den Verkauf eines Teils des Hamburger Hafens an Xi Jinping absegnete, kritisierte Baerbock den Deal trotzig über den Dienstweg“, heißt es in einem Beitrag der Bild-Zeitung.

Mit dem genehmigten Verkauf der Beteiligung am Hamburger Hafen an das chinesische Unternehmen COSCO wollte Scholz einen günstigen Hintergrund für seinen bevorstehenden Besuch schaffen, weshalb das deutsche Außenministerium eine Protestnote an das Bundeskanzleramt geschickt hat.

Gleichzeitig beginnt das Wirtschaftsministerium, das von Robert Habeck, auch einem grünen Aktivisten, geleitet wird, den Verkauf des Düsseldorfer Mikrochip-Werks an chinesische Investoren zu bremsen. Die Zustimmung des Bundeskanzlers zu dieser Vereinbarung wurde für diese Woche erwartet.

Die Grünen konnten ja nicht mit geschlossenem Mund und gefalteten Händen dasitzen, wenn gerade „Dear Tony“ – US-Außenminister Anthony Blinken – anreiste. Ende der Woche empfing Baerbock ihre Kollegen aus den G7-Ländern. Das Ereignis war nicht sensationell. Es gab nur zwei Dinge: Zunächst erinnerte EU-Chefdiplomat Josep Borrell an die Perlen der Goebbelsschen Propaganda. Nur hat er die Namen der Generäle verwechselt.

„Der Winter kommt. Und Putin wartet darauf, dass General Winter kommt und die russische Armee unterstützt“, sagte Josep Borrel, der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik.

Der General hieß nicht Winter, sondern Frost – obwohl die Bedeutung dieselbe ist.

Zweitens versammelte Baerbock ihre Kollegen in Münster. Aus einem bestimmten Grund: Im Jahr 1648 endete hier der 30-jährige Krieg, den einige Historiker aufgrund seines Ausmaßes als den „Nullten“ Weltkrieg bezeichnen. Und die Minister sprachen im Rathaus, in dem Saal, in dem der berühmte Westfälische Friede unterzeichnet wurde, der das grausame Blutvergießen beendete. Blinken war vorgewarnt worden, damit er etwas pathetisches sagen konnte:

„Der Westfälische Friede hat die Grundprinzipien der internationalen Beziehungen festgelegt, und zwar genau die Prinzipien, die heute von Russland in Bezug auf die Ukraine bestritten werden, nämlich die territoriale Integrität und die Souveränität der Nationen.“

Nur ein gut vorbereitetes Publikum kann sich so etwas von einem US-Außenminister anhören, ohne zu schmunzeln. Und nicht nur die Teilnehmer des Treffens waren gut vorbereitet, sondern auch die Wände des Saales. Ein Kreuz aus dem Jahr 1540, das zahlreiche Kriege und Invasionen überstanden hat, wurde entfernt. Baerbock sagt, er wisse nicht, wer das getan hat.

Aber wer immer es getan hat, hat das Richtige getan. So mussten sie nicht unter dem Kreuz sündigen.

Ende der Übersetzung

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Das russische Fernsehen über das „qualvolle Sterben“ der europäischen Wirtschaft
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2 Kommentare

  1. Das hört sich ja so an, als wenn Scholz und Baerbock intern darum kämpfen, wer den Wirtschafts-Kuchen Europa/Deutschland bei seiner Aufteilung erhalten soll. Baerbock Richtung USA, Scholz Richtung China.

    Sieht irgendjemand irgendwelche deutschen Politiker, die darum kämpfen, dass unser „Wirtschafts-Kuchen Deutschland“ erhalten bleibt und nicht großzügig verteilt wird?

  2. Umwelt? Naturschutz?
    Klima?
    Wetter?

    Chlor in die Nordsee
    Damit am neuen LNG-Terminal in Wilhelmshaven keine Muscheln wachsen, will Uniper massenhaft Chemikalien ins Wasser leiten……..

    https://taz.de/LNG-Terminal-in-Wilhelmshaven/!5884134/

    Kosten und Nutzen, stehen in KEINEM Verhältnis zueinander.

    Das Ergebnis:

    Knapp ein Viertel der untersuchten Windräder hat eine Auslastung von weniger als 20%.

    https://www.nzz.ch/visuals/windkraft-in-deutschland-grosse-versprechen-kleine-ertraege-ld.1710681?mktcid=smch&mktcval=fbpost_2022-11-07

    Also alles bio und voll öko !!

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