Das Dollarimperium wackelt bedenklich

von Gerhard Spannbauer (krisenvorsorge)

Die Pläne Russlands und anderer Großmächte wie China zu einer multipolaren, nicht mehr von den USA dominierten Wirtschaftsordnung nehmen Gestalt an. Immer mehr Staatschefs denken laut darüber nach, den Öl-, Erdgas- und Rohstoffhandel in anderen Währungen als dem Dollar abzuwickeln und ganz allgemein auch mal etwas ohne Erlaubnis aus Washington zu entscheiden. So selbstverständlich und gerechtfertigt solche Anliegen scheinen, so gefährlich sind sie. Der Letzte, der seine Leistungen auch ohne Rücksprache mit Uncle Sam anbieten und sogar “Fremdwährungen” annehmen wollte, war zum Glück nur ein kleiner Fisch: Saddam Hussein. Bei dem fiel es nicht weiter auf, dass er öfter mal wie in der Vorher-Nachher-Show zwischen dickem Geschäftskumpel und Todfeind Nr. 1 wechselte, je nachdem ob der Dollar gerade mal wieder unter Druck geriet und ein neuer Krieg her musste. Jetzt ist da ein Putin, der zwar immer schon ein böser Russe, doch nicht so einfach zu entsorgen ist.

Russland und China sind seit längerem dabei, ihren internationalen Handel vom Dollar zu entkoppeln. Die lächerlichen Sanktionsdrohungen des Nordatlantikbündnisses werden wohl vor allem Russland bei diesen Bemühungen beflügeln. Beim Verkaufs von Erdöl und Erdgas an die BRICS-Partner will man künftig deren Währungen akzeptieren. Je größer der Anteil des Welthandels, der nicht in US$ abgewickelt wird, desto geringer fällt die globale US$-Nachfrage aus, wodurch die einzige wirklich substanzielle Stütze des Dollarkurses erodiert. Ein abrupt fallender Dollarkurs wiederum hätte eine weiter forcierte Verarmung der US-Bevölkerung und schwere Turbulenzen auf den meisten globalen (Finanz)Märkten zur Folge. Sehr wahrscheinlich ist dann auch ein Ausbruch der Edelmetallpreise.

In der Ukraine haben die USA und ihre Nato-Verbündeten binnen kürzester Zeit eine aus dem Ruder laufende Zersplitterung heraufbeschworen, die – ähnlich wie das Fiasko im Irak – die geplante Inbesitznahme der Landesressourcen massiv erschweren oder unmöglich machen dürfte. Eine friedliche Beilegung der Interessenskonflikte wird allein wegen des zunehmenden Grades an Chaos immer schwieriger. Nicht dass das eine Entschuldigung für ein Hineinschlittern in den Krieg wäre: das hätte man aus reichlicher Erfahrung auch vorher wissen können.

So wie es momentan aussieht, hat Europa genügend Standkraft, sich von den “Partnern” aus Washington nicht für einen solchen Krieg vor den Karren spannen zu lassen. Auch hier könnte es bald zu einer Nagelprobe kommen, in der es zwischen USA und Europa nur noch die Wahl zwischen Freund oder Feind gibt – ohne Zwischentöne. Sollte sich Europa dann tatsächlich abwenden, weil man hier bemerkt, dass aus Russland und China einfach die besseren Angebote kommen und diese Partner auch ohne Erpressung verhandeln können, wird die Luft für den Hegemonen wirklich dünn. Wenn Amerika dann mit dem Rücken zur Wand steht, so behaupten einige, dann besteht durchaus die Gefahr, dass Russland zu einer XXL-Ausgabe des Irak werden könnte, sozusagen die letzte Schlacht, an der sich das wankende Imperium final die Zähne ausbeisst. Auch wenn sich das nur die Wenigsten unter einer Obama-Administration vorstellen können. Ob sie übertreiben ist ungewiss, doch es ist nicht von der Hand zu weisen dass die USA unter genügend hohem Druck stehen, um sich in einem schwachen Moment zu noch größeren Dummheiten als den Irakkriegen verleiten zu lassen.

Auch innenpolitisch mangelt es nicht an Hinweisen für steigenden Druck im Kessel: so zeigte sich erst letzte Woche an der beiläufigen Lockerheit, mit der die Kommunikationsbehörde das Prinzip der Netzneutralität in den Papierkorb der Geschichte befördert, dass die USA immer deutlichere autokratische und feudale Züge annehmen – wie so viele andere frühere Imperien, die sich für das letzte Gefecht rüsteten.

Das Prinzip Netzneutralität garantierte bislang – vereinfacht gesagt – die Informationsfreiheit im Internet, indem es die ansonsten überall übliche Bevorzugung kommerzieller und einschlägiger ideologischer Interessen im Datenstrom verhinderte. Künftig sollen jedoch Onlineinhalte mit finanzieller Durchschlagskraft in US-Leitungen schneller befördert werden als nichtkommerzieller oder finanzschwacher Content.

Da die mächtigsten finanziellen Interessen sehr eng mit den Interessen an einer starken Weltleitwährung Dollar sowie an einer Kontrolle der herrschenden Meinungen und Weltanschauungen gekoppelt sind, ist die Regulierung des Internets durch Kaufkraft auch ein Versuch, die herrschenden Verhältnisse mithilfe eines ideologischen Filters zu “retten”. Selbst im Europa des Brüsseler Zentralismus ist so etwas zur Zeit noch undenkbar – auch wenn es hier ebenfalls Bestrebungen zur Aufhebung der Informationsfreiheit gibt und es allgemein mit der Durchsetzung demokratischer Grundwerte ebenfalls schon mal besser stand. Der Widerstand der Bevölkerung gegen Derartiges ist hier noch zu groß, denn in Europa ist die Bevölkerung noch wach genug, um den wahren Charakter solcher Maßnahmen zu erkennen: als Versuch einer verzweifelten Obrigkeit, die Herrschaft mit der Brechstange zu sichern. Ein solches Niveau an sichtbarer Offenheit erreicht Repression übrigens immer erst dann, wenn den Eliten eines wankenden Imperiums die Felle schon davonschwimmen …

 

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