Coca-Cola in Lüneburg: Verteilkampf ums Wasser

Tobias Tscherrig (infosperber)

Ein Tochterunternehmen von Coca-Cola will in Niedersachsen weitere Brunnenprojekte vorantreiben. Dagegen regt sich Widerstand.

Hitze und Trockenheit machen Wasser zu einem raren Gut, es ist schon lange keine selbstverständliche Ressource mehr. Deshalb erstaunt es kaum, dass der Verteilkampf um den begehrten Rohstoff längst begonnen hat. Die Konflikte um Wasser treten besonders dort offen zu Tage, wo grosse internationale Konzerne Unmengen von Wasser aus dem Boden pumpen und für ihre Zwecke brauchen. Als Folge sitzen dann nicht selten ganze Gemeinden oder Regionen auf dem Trockenen und bangen um ihren Trinkwasserbestand.

Diese Szenarien existieren nicht mehr nur in weiter Ferne, zum Beispiel in der Dritten Welt. Der Kampf um die Verteilung des verbliebenen Wassers geschieht ganz in der Nähe, etwa in Frankreich oder in Deutschland. Das prominenteste Beispiel liefert der Nahrungsmittelkonzern Nestlé in Vittel: Der Grosskonzern macht ein profitables Geschäft mit dem Abfüllen von Quellwasser, während den Anwohnern buchstäblich das Wasser abgegraben wird und der Grundwasserspiegel dramatisch sinkt.

Ein weiterer Verteilkampf ist im Nordosten von Niedersachsen, in der Hansestadt Lüneburg, zu beobachten: Während die Region zunehmend mit Hitze und Trockenheit kämpft, will «Apollinaris Brands», ein Tochterunternehmen des Getränkeherstellers Coca-Cola, einen neuen Brunnen ausheben, um seine Fördermenge zu verdoppeln. Obwohl sich dagegen Widerstand regt, ist die Baustelle seit Ende Juli eingerichtet, die Bagger sind vor Ort.

Neuer Brunnen – obwohl bestehende Anlagen nicht ausgelastet sind

Der Coca-Cola-Konzern fördert im Landkreis Lüneburg Grundwasser aus 200 Metern Tiefe. Weil die Qualität des Wassers hoch ist, wird es als Mineralwasser (Vio) vermarktet. Bisher fördert der Konzern an zwei Standorten 350 Millionen Liter Wasser pro Jahr. Obwohl die bestehenden Anlagen gemäss Angaben des Konzerns nicht ausgelastet sind, will der Coca-Cola-Konzern nun einen dritten Brunnen graben und die geförderte Wassermenge dadurch verdoppeln. «Unsere Marke Vio wächst, die Nachfrage steigt», sagt Dieter Reckermann, der das Brunnenprojekt leitet, gegenüber «NDR».

Die Wasserbehörde des Landkreis hat den dritten Brunnen bereits für einen Pumpversuch genehmigt: Im Herbst sollen einmalig 118 Millionen Liter Wasser aus der Erde geholt werden. Mit über 60 Messstellen soll dann geprüft werden, ob dadurch der Grundwasserspiegel der Region noch weiter absinkt.

Während der Coca-Cola-Konzern also pumpen darf, kämpft die Region mit Trockenheit: 2019 fielen in Niedersachsen rund 36 Prozent weniger Niederschläge als noch im Jahr zuvor. Und auch von den letzten zwölf Monaten wiesen verglichen mit dem langjährigen Durchschnitt neun deutlich weniger Niederschläge auf.





Coca-Cola setzt Druck auf

Trotz der erteilten Genehmigung scheint der niedersächsischen Politik das Problem der Trockenheit bekannt. Der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies (SPD) sagte im September 2019 gegenüber dem ARD-Magazin «Panorama»: «Wasser ist auch in Norddeutschland keine selbstverständliche Ressource mehr.» In den letzten beiden Vorjahren habe man erstmals festgestellt, dass Wasser ein hohes Gut und sein Vorhandensein nicht selbstverständlich sei.

Lies hatte den ansässigen Bauern in der Vergangenheit bei der Wasserentnahme bereits Schranken gesetzt: Um ihre Felder zu wässern, nutzen sie entweder Oberflächenwasser aus Seen – oder sie fördern Grundwasser. Das Wässern mit Grundwasser soll ihnen aber erschwert werden: Eine «neue Genehmigung für Landwirte halte ich für äusserst schwierig», sagte Lies in der Vergangenheit. Bei der Nutzung von Grundwasser habe die Trinkwassergewinnung Vorrang. Davon profitieren auch Getränkeabfüller wie Coca-Cola.

Wie «NDR» berichtet, verlässt sich Coca-Cola aber nicht nur darauf. So sei die Zukunft des Produktionsstandorts mit seinen 200 Arbeitsplätzen von der zusätzlichen Genehmigung abhängig gemacht worden. Sollte der Brunnen nicht abschliessend genehmigt werden, sei das «ein schlechtes Signal für unseren Standort Lüneburg», so Reckermann. Und auf dem eigenen Internetauftritt erklärt Coca-Cola, «alleine zwischen 2013 und 2019 Aufträge in Höhe von 11 Millionen Euro an Firmen aus der Region vergeben» zu haben. Argumente, die nun im Kampf um das Wasser eingesetzt werden.

Einwohner organisieren sich

Die Bürgerinitiative «Unser Wasser» will dem Treiben des Konzerns aber nicht tatenlos zusehen. Gemäss «NDR» besteht die Initiative aus mehr als 100 Menschen, die eine weitere Absenkung des Grundwassers befürchten – und sich Sorgen um die Zukunft der Region machen. «Wir sind die erste Generation, die die Auswirkungen des Klimawandels sieht, und fühlen uns verpflichtet, etwas zu tun, um das kostbare Gut Grundwasser zu bewahren», sagte Cornelia Höllger, eine der beiden Gründerinnen der Initiative.

«In den vergangenen Jahren ist der Grundwasserspiegel stetig gesunken», sagt die Vorsitzende der Initiative, Bettina Schröder-Henning. Es sei unverantwortlich, einen derartigen Brunnen zu genehmigen. Das Land Niedersachsen sei in der Pflicht, den Kommunen bei einem nachhaltigen Wassermanagement zu helfen.

Auch die Genehmigung zum Pumpversuch kritisiert «Unser Wasser» scharf. Die Bürgerinitiative wirft der Behörde vor, Tatsachen geschaffen zu haben, noch bevor entschieden sei, ob an dem betreffenden Standort überhaupt langfristig gefördert werden dürfe. Die Kritikerinnen und Kritiker bezweifeln ausserdem die Unabhängigkeit eines Gutachtens, das Coca-Cola bei der Wasserbehörde für eine dauerhafte Förderung vorlegen muss. Ein Gutachten, das von einem «unabhängigen» Gutachter erstellt – und von Coca-Cola bezahlt – wird.

Coca-Cola sieht kein Problem

Trotz all der Kritik hält Coca-Cola an seinem Vorhaben fest. Die Wassermenge, die Coca-Cola künftig entnehmen will, entspreche etwa zwei Prozent der Gesamtmenge, die dort gefördert werden dürfe, so der Konzern. Man sei sich sicher, dass sich das wenig auf die Umwelt auswirke, werde das aber genau beobachten.

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Dieses braune Zuckerwasser braucht kein Mensch! Ich hatte dieses widerliche Zeug noch nie im Haus, außer für Besucher. Was übrig blieb, wurde in die Spüle gekippt.

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2 Kommentare

  1. Wenn die Leute kein Wasser mehr haben, dann sollen sie halt Cola trinken.

    (Ironie aus)

    Oder….. da kommt die bestellte Baumfällfirma in deinen Garten und macht einen großen Baum um, den sie dir dann als Brennholz verkaufen will.

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