Charakter

Charakter (21.3.2012)

Mit dem Charakter ist es so wie mit den Muskeln: jeder hat sie bzw. ihn. Aber so, wie Sie von einem 120kg-Schreibtischtäter mit beeindruckenden Bauchumfang nicht bewundernd sagen würden: Der hat Muskeln!, so würden Sie von relativ vielen Menschen wohl eher sagen, daß sie keinen Charakter besäßen, oder bestenfalls einen miesen Charakter.

Mit den Muskeln eines Bodybuilders kann ich Ihnen leider nicht dienen, aber einigen wir uns für die nächsten Absätze doch einmal darauf, daß ich „Charakter“ habe, also einen guten Charakter. Ja, damit bin ich auch ein Vorbild geworden.

Sie wissen ja, daß man Vorbildern nacheifern soll. Wie bekommen Sie anhand meines Vorbilds einen guten Charakter? Hilft es Ihnen, Pullover und Jeans zu tragen, meine üblichen Kleidungsstücke? Wohl eher nicht. Dieselben Dinge zu essen, die ich so zu mir nehme, empfinden Sie mit einer gewissen Berechtigung als ungesund, also hilft Ihnen das auch nicht weiter.

Jetzt können Sie noch meine Ansichten, meine Meinungen und meine Weltanschauung übernehmen. Und da wird es gefährlich. Wenn Sie das tun, verleugnen Sie Ihr eigenes Ich. Das sollten Sie folglich zu keiner Zeit tun! Natürlich freue ich mich, wenn Sie mit mir einer Meinung sind. Doch hier kommt gleich das Aber hinterher: Ich will nicht, daß Sie MEINER Meinung sind!

Verstehen Sie den Unterschied? Wenn Sie MEINER Meinung sind, dann haben Sie keine eigene Meinung, sondern sich Ihr Denken von mir aufzwingen lassen. Wenn Sie Ihrer Meinung sind, und diese sich mit meiner Meinung deckt, sind Sie ein unabhängiger Geist. Sie dürfen gerne freudig nicken, wenn Sie meine Texte lesen, weil Sie der Ansicht sind, ich hätte IHRE Meinung gut formuliert.

Damit sind wir an einem sehr wichtigen Punkt angelangt: Was machen Sie, wenn Sie gänzlich anderer Meinung sind? Das ist Ihr gutes Recht, da darf ich nicht unterdrückend eingreifen, von Extremfällen abgesehen. Wenn Sie beispielsweise meinen, Sie könnten mit einer Magazinwaffe Russisch Roulette spielen, würde ich doch eingreifen wollen, mich womöglich sogar zur körperlichen Gewalt hinreißen lassen.

Damit sind wir bei einer ersten Erkenntnis angelangt: Der gute Charakter gibt Ihnen ein Vorbild, doch er überläßt Ihnen jegliche Wahl, diesem Vorbild nachzueifern. Ich möchte das mit einem Beispiel verdeutlichen: Es gibt eine Weltmeisterschaft für Zuckerbäcker. Wer diese gewinnt, ist ein absoluter Könner, ein Vorbild, dem Sie nacheifern sollten. Das heißt natürlich nicht, daß Sie als gelernter Kunstschmied ab sofort Torten backen sollen, denn das ist nicht Ihr Handwerk, nicht das Feld Ihrer Kompetenz. Dagegen sind die Hingabe, die Kreativität, der kühne Entwurf Eigenschaften, die Sie sehr wohl für sich übernehmen können, auch als Kunstschmied.

Das ist die einzige Form, durch welche Sie von einem guten Charaktervorbild profitieren: Nehmen Sie an, was Ihnen nützlich erscheint, und passen Sie das an sich, an Ihre eigenen Möglichkeiten und Fähigkeiten.

Und jetzt stellen Sie sich einen Bilderbuchgermanen vor. 1,95m groß, breite Schultern, blondes Haar und blonder Bart, starke Arme, ein geflügelter Helm und ein Langschwert an seiner Seite. Ein freundlicher Mensch, mit dem sich gut Met und Bier trinken läßt, der aber auch zum Furor Teutonicus fähig ist. Im Gegensatz zu der schlechten Presse hat sich dieser Mann weniger mit Eroberung und Raubzügen beschäftigt, sondern seine Felder bestellt und für seine Familie gesorgt. Aber er war auch ein freier Mann, der für seine Interessen und Meinungen eingestanden war, mit Faust und Schwert, mit Leib und Leben.

Sie messen gerade 1,72m und bei Ihnen befinden sich die Wölbungen nicht an den Oberarmen, sondern eher in der Hüftgegend? Sind Sie deshalb unfähig, für Interessen und Meinungen einzutreten? Vielleicht nicht mit Faust und Schwert, diese sind mittlerweile aus der Mode gekommen. Doch was hindert Sie daran, sich Ihres Verstandes zu bedienen? Was hindert Sie daran, aus vorgegebenen Meinungen auszubrechen und sich ein eigenes Urteil zu bilden? Stellen Sie sich den Mustergermanen vor! Was würde ER tun? Wo würde ER zurückstecken? Und wodurch haben SIE es verdient, sich selbst geringer zu schätzen als er?

Es gibt einen schmalen Grat zwischen Egoismus und Selbstbehauptung. Den Egoismus beherrschen wir alle, das ist der kurzfristige, zumeist materielle Vorteil. Der Egoismus herrscht vor allem da, wo wir nichts riskieren, wenn wir unsere Stimme erheben. Wir finden eben diesen Egoismus in den Dokumödien von Guido Knopp, wenn „die Deutschen“ gegen „die Juden“ vorgehen. Das gleiche Motiv ließ andere Deutsche jubelnd vor Honecker paradieren, begeistert auf CDU-Versammlungen „Äintschie“ rufen und „gegen Rechts“ auf die Straße gehen. Das ist nicht mehr als angepaßtes Verhalten, tiefster Untertanengeist, vor dem sich unser edler Mustergermane geekelt hätte.

Deutschland ist zum Land der Bürgerinitiativen geworden, doch die meisten dieser Bürgerinitiativen sind Floriansjünger. Damit meine ich keine Feuerwehrleute, sondern jene zynischen Mitmenschen, der Motto ist: Heiliger Sankt Florian, laß mein Haus stehn, zünd and’re an! Ja, wir brauchen Energie, wenn schon keine Atomkraftwerke, dann Kohle- und Gaskraftwerke oder auch Windräder. Das geben sogar Floriansjünger zu, nur sollen diese nützlichen Einrichtungen allesamt in Weitfortistan stehen, wo sie keinen belästigen. Die Energie muß auch übertragen werden, nur eben nicht per Stromleitung in deren Aussicht.

Dieses „Andere sollen die Lasten tragen“ ist kein Zeichen von gutem Charakter. Das Projekt Stuttgart 21 hat eines gezeigt: das Umschlagen eines legitimen Protests zum charakterlosen Floriansjünger. Solange die Konstellation Bürger gegen Bahn geheißen hatte, war es Protest. Die Ausschreitungen der Polizei gegen Rentner und Schulkinder hat die häßliche Fratze des BRD-Regimes offenbart. Hier hätte der Germane mit gezogenem Schwert auf der Seite der Demonstranten gestanden. Doch nach der Volksabstimmung, nach dem „Thing-Beschluß“, hätte er sein Schwert weggesteckt und sich zähneknirschend dem Beschluß der Mehrheit gefügt. Wer jetzt noch demonstriert, tut dies nicht für alte Bäume oder Juchtenkäfer, sondern gegen den erklärten Willen der Mehrheit.

Der nächste Aspekt des Charakters ist die Käuflichkeit. Ein Sprichwort besagt, daß jeder seinen Preis habe. Die Frage ist, wie hoch dieser Preis ist. Was würden Sie für 10 Euro, 50 Euro, 100 Euro tun? Den korrupten Beamten, der für ein paar Euro das Recht beugt, betrachten wir mit Abscheu. Den Bundespräsidenten, der sich von Freunden überallhin einladen ließ, kostete dies das Amt. Doch das sind nur offensichtliche Charakterschwächen, weitaus schlimmer sind jene, die nicht so offen ersichtlich sind.

Wer für die qualitätsfreien Medien arbeitet, besitzt die Arbeitsethik einer Prostituierten, die sich auf alles einläßt, was der Freier bezahlt. Gewiß, es sind mehr als 30 Silberlinge, die da bezahlt werden. Es geht um drei Mahlzeiten am Tag, Wohnung, Kleidung – eben den Lebensunterhalt. Die Herrschaften sitzen an der Quelle, sie erhalten alle Informationen, über die wir als Leser, Hörer und Seher der fabrizierten Nachrichten nicht verfügen. Ihr vorgeblicher Auftrag ist, uns objektiv zu informieren, doch diese Objektivität findet nicht statt. Wir bezahlen die Zeitungen, wir bezahlen Rundfunk- und Fernsehgebühren, doch für unser Geld erhalten wir keine Nachrichten, sondern Propaganda.

Die waffenstarrende Atommacht Israel ist furchtbar bedroht, der Iran, der seit Jahrzehnten mit Sanktionen belegt wird, eingekreist von US-Stützpunkten, ist trotz seiner nachweislichen Friedfertigkeit der schreckliche Aggressor. Israel muß von der Landkarte verschwinden? Seit Jahren ist bekannt, daß Irans Präsident Ahmadinedschad das nie gesagt hat, trotzdem wiederholen die charakterlosen Pressehuren diesen Satz immer wieder. Der Holocaust ist eine jüdische Behauptung, deren Lasten das palästinensische Volk ausbaden muß? Ja, das hat Ahmadinedschad gesagt. Und ja, das ist in Merkeldeutschland strafwürdig. Na und? Irans Präsident hat das nicht in Deutschland gesagt, und, so unfaßbar das erscheinen mag, er ist noch nicht mal Deutscher. Zum Ausgleich dürfen Sie den Koran als Klopapier verwenden, in Deutschland – in Persien oder noch mehr in Saudi-Arabien wäre das ein todeswürdiges Verbrechen. Auf der Holocaustleugnung hacken die Pressehuren herum, das mit dem Koran sagen sie Ihnen nicht.

Drei Mahlzeiten am Tag und ein bißchen Wohlstand – das ist der Preis, für den Sie einen Politiker oder einen höheren Beamten bekommen. Die furchtbaren Juristen, die in Deutschland die Menschenrechte mißachten, haben allesamt Abitur und ein abgeschlossenes Studium hinter sich. Wir dürfen somit annehmen, daß zumindest der größere Teil über genug Intelligenz besitzt, die Fehler in ihrer Rechtsprechung zu erkennen. Doch für ihr Gehalt haben sie ihre Seelen verkauft, den einst vorhandenen Charakter in die Vollwäsche gegeben. Bei Politikern ist es noch schlimmer, denn bei denen steht das Versagen in der zivilen Karriere oft genug am Beginn ihres Aufstiegs in der Partei. Die Totalversager im wirklichen Leben haben keine Wahl, sie müssen sich fügen, alles, aber auch wirklich alles für ihre Partei tun.

Christian Wulff ist keine Ausnahme, sondern nur jemand, der zu ungeschickt war, um diese Handlungen im Verborgenen durchzuführen. Und jemand, der sich Feinde geschaffen hat, die nicht mehr bereit gewesen waren, seine Verfehlungen zu vertuschen. Es gab eine Phase, da wurde unsere Kanzlerin mit Preisen überschüttet, so sehr, daß ich von der „vielfach preisgekrönten Leitkuh“ gesprochen habe. Diese Preise gibt es nicht umsonst, sie sind vergleichbar dem Trinkgeld an einen aufmerksamen Kellner. Während der Kellner dieses Trinkgeld durch seine eigene Leistung, durch Höflichkeit und Dienst am Kunden verdient, bekommt ein Politiker diese Preise für die Vorteile, die er dem Preisgeber gewährt hat. Diese Vorteilsgewährung kann dabei durchaus legal sein, in besonderer Pflichterfüllung getreu dem geleisteten Amtseid, doch oft genug geschieht sie entgegen diesem Amtseid.

Ethik, Gewissen, Skrupel, Ehre – wir finden viele Begriffe im Umfeld von „Charakter“. Ein ganz anderes Begriffsfeld hilft uns, dem Charakter im Ausschlußverfahren näherzukommen: Heimtücke, Feigheit, Bosheit. Wir Menschen sind zu beidem fähig, zum Charakter ebenso wie zur Charakterlosigkeit. Die Schwelle läßt sich leicht überschreiten: Die Anonymität des Internets verleitet zur Feigheit und Heimtücke, zur Verleugnung des eigenen Namens. Da läßt sich aus der sicheren Deckung heraus wunderbar lästern und kritisieren. Bösartig, feige und heimtückisch sind die Denunzianten, die sich hinter der Staatsmacht verstecken, ob nun mit oder ohne Namensnennung. Unser Mustergermane hätte seine Feinde mit der Spitze seines Schwertes gestellt, nicht die Römer auf sie gehetzt.

Wir haben eine Regierung, die gerne über Menschenrechte spricht, sie bei anderen Staaten einfordert. Im eigenen Land werden diese Menschenrechte nicht verwirklicht. Tausende Menschen sind jahrelang eingesperrt, weil sie vom Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht haben. Wer für einen Ai Weiwei eintritt, muß genauso für einen Horst Mahler eintreten, sonst ist er charakterlos. Wer für die Rechte der Schwarzen in Südafrika gekämpft hat, muß heute für die Rechte der Palästinenser in Israel kämpfen, sonst ist er charakterlos. Wer propagiert, daß Muslime in Deutschland Moscheen bauen dürfen, muß für den Erhalt der Kirchen in der Türkei, im Irak, in Saudi-Arabien und in Israel eintreten, sonst ist er charakterlos.

Der Gipfel der Charakterlosigkeit ist jedoch, die eigenen Vorfahren in den Schmutz zu ziehen. Wer seine Vorfahren mißachtet, setzt allenfalls Sprößlinge in die Welt, aber keinesfalls Nachkommen. Wer sich der eigenen Wurzeln beraubt, wer in Trägheit zuläßt, daß die Gedanken der eigenen Kinder vergiftet werden, ist nicht wert, daß man sich seiner erinnert.

Wie hoch ist Ihr Preis, werter Leser? Drei Mahlzeiten und ein paar Brosamen als Gehalt? 50 Euro? 50.000 Euro? Schütteln Sie jetzt bitte nicht den Kopf, denn wenn wirklich jeder käuflich ist, dann kommt es auf den Preis an. Ich weiß nicht, wie ich reagiere, wenn vor mir 500.000 Euro auf dem Tisch liegen und ich nur zugreifen muß. Das weiß ich erst danach. Und bei Ihnen wird das nicht anders sein, wenn Sie ehrlich sind. Ich kann mir noch so oft ausmalen, was ich mit einem großen Lottogewinn anstellen würde – in dem Augenblick, in dem ich die Bestätigung der Lottozentrale in der Hand halte, werden die Karten neu gemischt. Tausend Sprünge im Training sagen nichts darüber aus, wie weit Sie bei den Olympischen Spielen springen werden. Wachsen sie über sich selbst hinaus oder haben Sie einen schlechten Tag? Goldmedaille, unsterblicher Ruhm, oder Versager, vergessen von der Welt?

Der Mustergermane brauchte Mut, um in die Schlacht zu ziehen. Würde er schwer mit Beute beladen als Sieger nach Hause zurückkehren? Würde er sterben und nach Walhall eingehen? Würde er verkrüppelt werden und künftig nutzlose dahinvegetieren, eine Last für seine Sippe? Oder gar in Gefangenschaft geraten und als Sklave der Römer zur Schande seines Stammes werden? Weicht er zurück, bleibt er zu Hause, in Sicherheit, oder stürmt er mutig voran, das Risiko und den Tod verlachend?

Keiner ist immer mutig, sonst wäre er nicht bei klarem Verstand. Die Männer in den Schützengräben des ersten Weltkriegs haben gezittert, gebetet, vor Angst gelähmt die Köpfe unten gehalten – vor dem Signal zum Angriff, zum Vorwärtsstürmen gegen den Feind und dessen Maschinengewehrfeuer. Und doch, wenn das Signal gekommen ist, sind sie aus ihren Gräben gesprungen, nicht aus Angst vor dem Kriegsgericht, sondern aus Gründen der Ehre, der Mitverantwortung für die Kameraden. Ein kleines bißchen davon erleben Sie selbst jeden Morgen, wenn der Wecker klingelt und Sie aus der Geborgenheit des Traumes in die rauhe Wirklichkeit geworfen werden.

Sie haben immer die Wahl nachzugeben. Opfern Sie Ihre Interessen, weichen Sie der Auseinandersetzung aus? Halten Sie den Kopf unten, bleiben Sie in Deckung? Sie dürfen ein Schaf bleiben, mit dem Kopf nach unten Ihr Futter dort suchen, wo andere hingeschissen haben. Es ist Ihre Wahl, Ihre Entscheidung. Sie werden überleben, und damit sind es dann fünf Schafe – vier auf dem Bild und eines, das dieses Bild betrachtet. Wollen Sie das? Drei Mahlzeiten am Tag, ein bißchen Wohlstand? Oder bekommen Sie einen größeren Anteil vom Kuchen überlassen? Wie hoch ist Ihr Preis?

Der Charakter zeigt sich, wenn eine Handlung einen Preis hat. Jedes Hündchen wird schließlich Männchen machen, wenn es ein Häppchen als Belohnung bekommt. Gib Pfötchen, braver Hund, und ich streichele dein Köpfchen. Und schön bei Fuß gehen! Wie viel Verantwortung hat ein Hund, der Männchen macht und Pfötchen gibt? Der Hund kann nicht aus seinem Fell, das ist sein Wesen, seine Eigenart, sein Betriebssystem. Der Hund gehorcht, weil das gut für sein Rudel ist.

Sie, als Mensch, haben die Fähigkeit, sich selbst zu entscheiden. Sie hatten sie gestern, sie haben sie heute, in jedem Augenblick Ihrer Existenz. Es steht Ihnen frei, diese Fähigkeit zu verleugnen, sich sklavisch unterzuordnen. Oder sind Sie lieber tot als Sklave?

Die Demokratie benötigt mündige Bürger, doch die Politiker wollen gehorsame Wähler. Beides schließt sich gegenseitig aus. Der Politiker möchte in aller Ruhe seiner Partei dienen, ohne daß ihn die Wähler stören. Deshalb ist das ganze heutige System darauf angelegt, eben diesen mündigen Bürger zu verhindern. Ihre Kinder erfahren in den Schulen die Indoktrination mit den Lehren des Systems. Sie alle werden in den qualitätsfreien Medien mit der Propaganda des Systems gefüttert. Die Politiker setzen sich über ihren Amtseid hinweg, zum Nutzen der Partei und des Systems. Bleiben Sie ein Schaf, und Sie werden belohnt, machen Sie Männchen und geben Sie Pfötchen, und Sie bekommen ihr Extra-Häppchen.

Das ist die stetige Verlockung des Systems, das Sie als Schafe in der Herde halten will. Was aber wollen SIE?

Das ist die Prüfung Ihres Charakters. Denken fordert seinen Preis, denn es ist einfacher, sich treiben zu lassen. Das Herrchen wird Sie versorgen, stellt Ihnen den Futternapf hin und ein Körbchen zum Schlafen. Ihr Feierabendbier, seichte Fernsehunterhaltung, Nachrichten, die Ihnen eine Weltsicht vorgaukeln, die dem System genehm ist – das sind die Annehmlichkeiten.

Die Freiheit hingegen ist anstrengend. Den Blick hinter die Kulissen müssen Sie sich erarbeiten. Die Nachrichten enthalten Wahrheiten, doch die sind zwischen den Zeilen, zwischen den Worten versteckt. Diese zu finden erfordert Scharfblick, den Sie trainieren müssen. Sie werden die Welt mit anderen Augen ansehen, das Vertrauen in die Politik und die Politiker wird Ihnen abhanden kommen, für immer.

Dabei ist das nur der erste Schritt! Die Welt ist keine Scheibe mehr, sondern eine Kugel, die um die Sonne kreist. Ihr Universum ist größer geworden, jetzt müssen Sie entscheiden, was sie mit diesem Wissen anfangen. Vor diesem Schritt waren es fünf Schafe, vier auf dem Bild, eines, das davor sitzt. Zeigen Sie das Bild einem Anderen, dann ist es ihre Entscheidung, eine Frage Ihres Charakters. Vier Schafe auf dem Bild – behandeln Sie den Anderen als Schaf, sind es wieder fünf Schafe. Sie sind damit überaus brauchbar für das System, ob als Politiker, als Staatsanwalt oder Richter, denn Sie verwandeln Ihre Mitmenschen in Schafe, in Hündchen, die bei Fuß laufen und Pfötchen geben.

Sie haben drei Möglichkeiten: Sie dürfen Täter werden, die das Bild herumzeigen und als fünftes Schaf den Betrachter hinzufügen. Wenn Sie wollen, dürfen Sie ruhig bleiben, sich diebisch darüber freuen, wie viele Schafe das Bild betrachten, ohne das Spiel zu durchschauen. Oder Sie werden ein Befreier, jemand, der den Anderen sagt, daß es nur vier Schafe gibt, und daß jeder, der fünf Schafe sieht, sich selbst als Schaf hinzufügt.

Wer nicht in der Herde läuft, muß selbst auf die Wölfe achten. Der Lohn dafür ist sauberes Gras, ohne die Hinterlassenschaften einer ganzen Herde, saubere Luft, ohne deren Ausdünstungen, sauberes Wasser, in das kein anderes Schaf seine Blase entleert hat. Der Lohn ist die Freiheit! Sie haben das Zeug dazu, Ihr Leben selbst zu bestimmen, zum mündigen Bürger zu werden. Solche Menschen benötigt ein Staat, wenn er blühen und gedeihen möchte. Folgsame Hündchen gehen unter, wenn das Herrchen sie nicht mehr versorgt, weil sie sich in der Freiheit nicht mehr zurechtfinden.

Ich habe bis hierhin sehr viel über Charakter geschrieben. Sie haben drei Möglichkeiten, sich zu entscheiden. Ich schreibe Ihnen nicht vor, was Sie tun sollen, denn diese Entscheidung müssen SIE ganz allein treffen. Die Entscheidung ist nicht endgültig, es steht Ihnen frei, von einem Augenblick zum anderen diese Entscheidung umzustoßen. Was Sie letztlich tun, ist eine Entscheidung… ja, eine Entscheidung, die zeigt, welchen Charakter Sie besitzen.

©Michael Winkler

Quelle: http://www.michaelwinkler.de/Pranger/Pranger.html

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