Bund Deutscher Kriminalbeamter fordert Ende des Cannabis-Verbots

Die Entkriminalisierung der Konsumenten ist überfällig

Von Peter Haisenko (anderwelt)

Zunächst die gute Nachricht: Die Todesfälle durch Cannabis (THC) sind auch 2017 gleich geblieben – nämlich NULL. Dem stehen geschätzte Todesfälle durch Alkoholmissbrauch gegenüber in Höhe von 74.000. Im Jahr 2016 haben 292.494 Tatverdächtige ihre Tat unter Alkoholeinfluss begangen. Alkoholkonsum ist legal und darf beworben werden. Bereits der Besitz von THC steht unter Strafe. Der BDK fordert jetzt die Freigabe von THC.

„Die bisherige Regel sei „willkürlich erfolgt“ und „nicht zielführend“, so der Vorsitzende des BDK André Schulz. Konsumenten sollten entkriminalisiert werden, denn das Verbot von Cannabis sei „historisch betrachtet willkürlich erfolgt und bis heute weder intelligent noch zielführend“. Wie recht er hat! Das Verbot von Cannabis begann in den USA in den 1920-er Jahren während der Prohibition und es hatte einen wirtschaftlichen Hintergrund. Ein amerikanischer Industriemagnat hatte ein Verfahren entwickelt, Papier aus Holz herzustellen. Mit dieser Technik konnte er aber kaum gegen die klassische Methode der Herstellung aus Hanf konkurrieren und so startete er eine schmutzige Kampagne gegen Cannabis, die unter anderem in dem Argument gipfelte, weiße Frauen würden sich unter dem Einfluss von THC dem Sex mit Schwarzen hingeben. So wurde der Anbau von Hanf verboten, der Besitz von Cannabis kriminalisiert und die lästige Konkurrenz eliminiert.

Fragwürdige Durchführungsrichtlinien – je nach Gusto und Bundesland

Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, in den frühen 1950-er Jahren, musste Deutschland diesem „Vorbild“ folgen. Mit den „Achtundsechzigern“ erlebte Haschisch eine weltweite Renaissance und auch Bill Clinton hatte seine Begegnung damit. Ganz in der amerikanisch bigotten Tradition behauptete er jedoch, er habe nur daran gezogen, nicht aber inhaliert. Das musste er sagen, denn durch das Verbot ist jeder kriminalisiert worden, der THC konsumiert. In den USA hat das dazu geführt, dass etwa 30 Prozent der Gefängnisinsassen wegen des Besitzes von Cannabis abgeurteilt worden sind. Abgesehen davon, dass das ein erheblicher Wirtschaftsfaktor für die USA ist, bedeutet das auch eine starke Arbeitsbelastung für die Polizei. Der Wirtschaftsfaktor begründet sich darin, dass auf Bewährung Entlassene jede Arbeit zu jedem noch so niedrigen Lohn annehmen müssen, um ihre Bewährungsauflagen zu erfüllen. Besonders die Fastfood-Industrie profitiert von den billigen Arbeitssklaven.

Auch in Deutschland bedeutet der Kampf gegen Cannabis eine große Belastung für die Exekutive und der Umgang mit dem Problem bringt den Rechtsstaat an die Grenzen seiner Glaubwürdigkeit. Eigentlich ist schon der Besitz verboten, aber wegen der doch erheblichen Verbreitung hat man fragwürdige Durchführungsrichtlinien erlassen. So wird der Besitz von kleinen Mengen toleriert, in unterschiedlicher Höhe, je nach Bundesland. In Berlin sind es etwa zehn Gramm, in Bayern nur eines. Diese Tolerierung ist inkonsequent und eines Rechtsstaats unwürdig. Wenn man auch nur ein Gramm straffrei besitzen darf, dann muss es jemanden geben, der mehr als ein Gramm hat. Wie sonst sollte der Ein-Gramm-Besitzer an sein eines Gramm kommen? Zudem handelt es sich nur um eine Durchführungsrichtlinie, kein Gesetz. Das bedeutet, dass je nach Gusto sehr wohl eine Strafe auch für den Besitz geringfügiger Mengen ausgesprochen werden kann. Wie kann angesichts dieser Gemengelage noch von einem Rechtsstaat gesprochen werden?

Die Polizei könnte sich wichtigeren Aufgaben widmen

Durch das derzeitige Rechtssystem würden Menschen stigmatisiert und kriminelle Karrieren erst befördert. Es gebe bessere Möglichkeiten in der Drogenpolitik, als vor allem auf Repression zu setzen, sagte Schulz. Die Erfahrung in anderen Ländern gibt ihm Recht. In Uruguay zum Beispiel ist die Drogenkriminalität nach Freigabe von Haschisch drastisch zurückgegangen. Auch in USA ist derselbe Effekt zu beobachten, ganz abgesehen von den Steuereinnahmen, die mittlerweile durch den legalen Verkauf von Cannabis in einigen Bundesstaaten erzielt werden. „Es habe in der Menschheitsgeschichte noch nie eine Gesellschaft ohne Drogenkonsum gegeben, dies müsse akzeptiert werden. Cannabis, so meine Prognose, wird in Deutschland nicht mehr allzu lange verboten sein.“ – so Schulz weiter. Ich füge an, dass sich die Polizei wichtigeren Aufgaben widmen kann, sobald sie sich nicht mehr mit Cannabis beschäftigen muss und das gerade jetzt, wo allenthalben über die Überlastung der Polizei geklagt wird.

Auf der anderen Seite gibt es die „Legal Highs“, verkauft als „Badesalz“ oder „Kräutermischungen“. Diese legal verkauften Drogen sind wirklich gefährlich, denn niemand weiß genau, was da wirklich drin ist. Die Berichte sind Legion, dass gerade Jugendliche schwerste Schäden dadurch erleiden, bis hin zum Suizid. Es sind eben keine Naturprodukte wie Cannabis, sondern angereichert mit den verschiedensten Chemikalien. Wie kann es in einem Rechtsstaat möglich sein, dass nachgewiesener Maßen extrem schädliche Substanzen frei verkäuflich sind, ohne jede Kontrolle, und das natürliche Cannabis nicht, obwohl ihm sogar medizinischer Nutzen attestiert wird? Oder gerade deswegen? Weil die Pharmaindustrie damit keinen Reibach machen kann, weil es letztlich jeder einfach auf dem Balkon selbst wachsen lassen kann?

Ein Sterbefall durch Cannabis ist bisher nicht nachgewiesen

Hanf ist eine uralte Nutzpflanze. Wäre die Seefahrt ohne Hanfseile überhaupt denkbar gewesen? Oder eben das Hanfpapier, das vor der Erfindung des Holzpapiers dominiert hatte? Wie viel Wald könnte eingespart, gerettet werden, wenn wieder Papier aus Hanf hergestellt würde? Hanf, angebaut auf Agrarflächen, die wegen sonstiger Überproduktion stillgelegt worden sind? Ja, es gibt Hanfsorten, die nur sehr wenig THC produzieren. Ganz ohne geht es nicht. Aber das wäre eben kein Problem, wenn der Initiative des BDK Folge geleistet würde.

Cannabis macht friedlich und regt dann den Appetit an

Cannabis und Alkohol sind Drogen. Wir wissen, dass es Alkoholabhängigkeit gibt. Bei Cannabis ist das nicht nachgewiesen. Alkohol, der Massenmörder, darf legal konsumiert werden, Cannabis nicht, obwohl noch kein Sterbefall durch Cannabis nachgewiesen ist. Beide gemeinsam unterscheiden sich von den harten Drogen, die mit körpereigenen Stoffen verwandt sind. Morphine, die der Körper kaum von eigenen Endorphinen unterscheiden kann. Das macht Heroin oder Kokain so gefährlich und zum echten Suchtproblem. Dass Cannabis als Einstiegsdroge bezeichnet wird, dürfte vor allem damit zusammenhängen, dass die Dealer, die Cannabis anbieten, meist auch die harten Drogen im Portfolio haben. So kommen THC-Konsumenten erst in direkte Berührung zu den harten Drogen, zu denen sie keinen Zugang hätten, wenn sie sich für Cannabis nicht an Drogendealer wenden müssten.

Überhaupt wäre die gesamte Beschaffungskriminalität auf ein Minimum zu reduzieren, eben auf die harten Drogen, wenn Cannabis frei verkäuflich wäre oder im Garten angebaut werden dürfte. Aber wahrscheinlich liegt hierin das Problem. Könnte Alkohol im Garten geerntet werden, wäre es kein Milliardengeschäft und wäre wohlmöglich auch verboten. Das sogar zurecht, wenn man die Todesraten durch Alkohol betrachtet – im Gegensatz zu Cannabis, wie oben bereits festgestellt. Alkohol kann Aggressivität fördern, Cannabis stimmt eher friedlich.

Der Sumpf des kriminellen Drogenhandels könnte ausgetrocknet werden

Ich will hier nicht dem Konsum von Cannabis das Wort reden, aber ich sehe keinen rationalen Grund, es zu verbieten. Viele von uns Älteren haben in ihrer Jugend Kontakt mit Haschisch gehabt. Wir leben immer noch und die meisten haben den Konsum nach kürzerer Zeit wieder eingestellt, was beweist, dass das Suchtpotential geringer sein dürfte, als das von Alkohol. Wenn es also wirklich um Gesundheit geht, sollte als erstes den „Legal Highs“ ein striktes Verbot auferlegt werden und Aufklärung verstärkt werden, was die Gefahren von Alkohol und natürlich auch Cannabis betrifft. Ob einer Cannabis-Legalisierung weitere härtere Drogen folgen sollten, sehe ich eher kritisch. Wie gesagt, geht es dort um echte körperliche Abhängigkeit und bei Kokain um ernste psychische Veränderungen. Aber ich halte es für diskussionswürdig, auch hier über eine Entkriminalisierung nachzudenken zugunsten einer kontrollierten Abgabe, die den Sumpf des milliardenschweren und schwerkriminellen Drogenhandels austrocknen könnte. Mit allen seinen „Kollateralschäden“ in der Beschaffungskriminalität.

Der BDK-Vorsitzende André Schulz sagt richtig, dass das Verbot von Cannabis „historisch betrachtet willkürlich erfolgt und bis heute weder intelligent noch zielführend“ sei. Es ist an der Zeit, dem Beispiel und den guten Erfahrungen der Länder zu folgen, die die Kriminalisierung von Cannabis einfach abgeschafft haben. Diese Erfahrungen belegen auch, dass der Konsum von Cannabis deswegen nicht zugenommen hat. Aber die Polizei ist entlastet und was bräuchten wir gerade angesichts der zusätzlichen Herausforderungen für unsere Polizei wegen der Migrationsprobleme mehr als das? Ich will nicht, dass das Leben junger Menschen versaut wird, nur weil sie erwischt wurden, wie sie sich illegal Cannabis besorgt haben. Und, vielleicht noch wichtiger, das gesamte hochkriminelle Dealer-Milieu würde schlicht aufhören zu existieren.

Übrigens, im Bundestag wird es bereits straffrei unter der Hand verteilt. Als angeblich freier Bürger wird man hingegen schnell kriminalisiert. Irgendetwas ist hier faul im Staate.

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