Bildungsministerin ohne Titel?

von Gert Flegelskamp

Schade, die öffentliche Diskussion über „Sexismus“ hat nur eine gute Woche gedauert, ist aber nun fast vorbei. Dabei habe ich mich so prächtig über die vorgebrachten Argumente amüsiert. Ehrlich, Mädels, Euch fehlt das Stehvermögen. Jahrtausende währende Unterdrückung durch diese haarigen Biester und nun, in Zeiten da ihr die Macht übernehmt, reicht es gerade mal für eine Woche Presserummel?

Aber genau genommen diente diese ganze Kampagne ohnehin nur dem Ziel, Männlein und Weiblein gegeneinander aufzuhetzen. Das Prinzip kannten schon die alten Römer: „Divide et impera“, teile und herrsche. In Wahljahren ist das besonders wichtig, denn Chaos und Unfrieden in der Masse erleichtert den Herrschenden das Leben und herrschen ungemein.

Doch hin und wieder kommen auch den Herrschenden so kleine Stolpersteine in den Weg. Einer dieser Stolpersteine heißt Annette Schavan. Wer freundlich ist, meint, sie habe gemogelt oder auch „ein wenig geschummelt“, als sie ihre Doktorarbeit schrieb. Ich mag das nicht so lapidar abtun und sage deshalb ein wenig unfreundlicher, sie hat betrogen. Dass sie mit ihrer Promotion ihr Studium abgeschlossen hat, statt mit einem Examen, macht die Sache noch ein wenig skurriler. Hatte sie Angst, ein Examen nicht zu schaffen oder hatte sie es so eilig, an die Futtertröge der Nation, in die Politik, zu kommen? Wie auch immer, ohne Titel hat sie lediglich Abitur, mehr nicht.

Von der politischen Konkurrenz kommen nun natürlich die Rücktrittsforderungen, aber ob Schavan noch bis September im Amt bleibt, ist mir gleichgültig. Ich habe das System Merkel/Westerwelle/Rösler bis jetzt ertragen und Schavan war ein Teil davon, da halte ich die letzten Monate auch noch durch.

Hält Merkel ihre „Vertraute“ im Amt, schadet sie damit der Partei bzw. den Parteien (CDU und CSU) noch mehr und das würde mir schon gefallen. Doch so, wie ich „Mutti Merkel“ kenne, wird sie ihrer „Vertrauten“ in einem Gespräch unter 4 Augen schon beibringen, dass diese „freiwillig“ zurück getreten wird, um die Partei und den Wahlkampf 2013 nicht zu belasten.

Unabhängig davon empfinde ich das Urteil der Uni Düsseldorf befreiend. Die Spielregeln einer Dissertation waren vor 30 Jahren nicht anders als heute, nicht aber die der Universitäten. Hatte vor 30 Jahren jemand die „nötigen Verbindungen“, konnte es schon mal sein, dass Prüfer und Doktorväter nicht ganz so genau hinsahen. Das ist aus meiner Sicht die wichtigste Erkenntnis, die auch Universitäten nun haben werden, dass opportunistisches Verhalten bei Prüfungen heutzutage aufgedeckt werden kann und damit auch auf die Universität zurückfällt. Das heißt, dass Studenten heute auch bei entsprechenden Verbindungen sich nicht mehr darauf verlassen können, dass man mit Plagiaten auch durchkommt.

Was ich so in der Presse gelesen habe, erweckt bei mir den Eindruck, als ob sich die Presse noch nicht so ganz schlüssig ist, ob sie sich zurückhalten oder ihrerseits zum großen Halali blasen soll. Die Leserkommentare hingegen scheinen mehrheitlich gegen ein Verbleiben der Schavan im Amt zu sein. Aber unausbleiblich gibt es auch „Empörte“, die das Ganze als Hatz ansehen und meinen, dass nach über 30 Jahren diese „Jugendsünde“ keine Rolle mehr spiele. Seltsam, bei zu Guttenberg hat sie sich „fremdgeschämt“, laut und öffentlich, doch für die eigene Abschreiberei scheint sie keine Scham zu empfinden. Eine passende Antwort tauchte in etlichen Kommentaren auf, z. B. ein Autofahrer, der erwischt wird, weil er nie einen Führerschein besessen hat und trotzdem schon seit 30 Jahren Auto fährt. Ob die Polizei dieses Argument anerkennt und ihn weiter fahren lässt?

Die Pro-Schavan-Kommentatoren verkennen offenbar Ursache und Wirkung. Viele politische Probleme von heute sind vor allem deshalb entstanden, weil es manchen Politikern gelungen ist, den Schein einer Kompetenz durch Auftreten und u.a. auch in Form von Titeln zu vermitteln, einer Kompetenz, die sie nicht haben. Und wenn ein Mensch zum Thema „Person und Gewissen“ eine Doktorarbeit verfasst und dabei den Grundtenor dieser Arbeit bereits bei der Erstellung durch Plagiate mit Füßen tritt, dann kann das für die politische Landschaft nur gut sein, wenn, und sei es auch erst nach 30 Jahren, aus diesem Betrug Konsequenzen erwachsen.

Bei manchen Verfehlungen reicht es eben nicht, im Beichtstuhl seine Reue zu bekunden und damit die „Vergebung des Herrn“ zu erlangen, auch wenn man noch so katholisch ist. Das Kuriose an der ganzen Sache ist zusätzlich, dass die gute Frau ihr Studium nicht mit einem Examen, sondern ausschließlich mit ihrer Dissertation abgeschlossen hat. Das bedeutet, sie ist nach der Aberkennung des Titels eine Frau ohne Ausbildung, auch wenn sie Abitur hat. Aber man sollte sich keine Sorgen machen, sie wird nicht in Hartz IV landen, denn Frauen wie sie mit guten Verbindungen zur Politik werden in den Konzernen gerne aufgenommen, besonders dann, wenn man bei der Probandin mit Rachegelüsten rechnen kann. Sie hat also die besten Voraussetzungen zur Lobbyistin.

Interessant dürfte es werden, wenn sie wirklich gegen den Bescheid der Uni klagt. Als Ministerin würde diese Klage nach meiner Kenntnis gleich bei einem Oberlandesgericht landen und natürlich stellt sich dabei die Frage, ob dann das Gericht opportunistisch ihrem Widerspruch folgt oder ein rechtsstaatliches Urteil ohne Ansehen der Person fällt.

Quelle: flegel

 

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