Berateraffaire: Wie die Öffentlichkeit von Medien und Politik in die Irre geführt wird

von Thomas Röper (anti-spiegel)

Die Berateraffaire von Ursula von der Leyen macht mal wieder Schlagzeilen, dieses Mal, weil Daten aus ihrem Handy gelöscht worden sind, die als Beweismittel wichtig waren. Dabei ist die Aufregung völlig umsonst, denn die Affaire wird keinerlei Konsequenzen haben. Es ist nur eine Show.

Um zu verstehen, warum die Affaire keine Folgen haben wird, muss man sich das Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) anschauen. Dort ist nämlich geregelt, dass die Staatsanwälte nur dann ermitteln dürfen, wenn der Justizminister es erlaubt. Wenn er es verbietet, wird auch einer offensichtlichen Straftat von Politikern nicht nachgegangen. Oder von jedem anderen, den der Justizminister schützen möchte. Ich weiß, dass das wie eine verrückte Verschwörungstheorie klingt, aber Sie können es hier im Detail nachlesen und auch die Paragraphen sind dort verlinkt. Dass das keine unsinnige Behauptung von mir ist, zeigt sich daran, dass der Europäische Gerichtshof auch bemängelt hat, dass die deutsche Staatsanwaltschaft – und damit die deutsche Strafjustiz – nicht unabhängig ist.

In Deutschland genießen Politiker vor dem Gesetz also Narrenfreiheit. Bei Frau von der Leyen und ihrer Berateraffaire kann man das besonders deutlich sehen, denn gegen sie wurden im Zuge der Affaire mindestens zwei Strafanzeigen wegen vorsätzlich verursachter Scheinselbstständigkeit und wegen Untreue und gestellt und passiert ist danach – nichts.

Dabei gab und gibt es einigen Klärungsbedarf, denn es ging nicht „nur“ um Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe von Beraterverträgen in Millionenhöhe, sondern es ging auch darum, dass David von der Leyen, der Sohn von Frau von der Leyen, ausgerechnet bei McKinsey, einer der Firmen, die besonders viele gut dotierte Aufträge ohne Ausschreibung bekommen hat, einen gut bezahlten Job bekommen hat.

Aber passiert ist wie gesagt nichts. Übrigens hieß es noch im Sommer, dass Frau von der Leyen kurz vor Weihnachten vor dem Untersuchungsausschuss aussagen werde. Sie wolle den Termin auch wahrnehmen, hieß es damals. Das scheint sie sich inzwischen anders überlegt zu haben, denn nun ist Weihnachten und vor dem Ausschuss ist sie nicht aufgetaucht.

Sie muss auch nicht mehr dahin, denn als EU-Kommissionschefin kann man sie kaum vorladen. Da genießt sie Immunität und die scheint sie zu nutzen.

Und hier macht es wirklich Spaß, den Unsinn zu lesen, den unsere deutschen „Qualitätsmedien“ zu dem Theater abliefern. Der Spiegel selbst hatte im Juli geschrieben, dass von der Leyen im Dezember aussagen wolle. Er müsste sich daran also eigentlich noch erinnern und mal öffentlich fragen, warum diese Aussage nicht stattgefunden hat. Aber der Spiegel scheint seine Leser nicht mit so etwas beunruhigen zu wollen und erwähnt in seinen aktuellen Artikeln zu dem Thema mit keinem Wort, dass von der Leyen eigentlich letzte Woche hätte aussagen müssen. Stattdessen berichtet der Spiegel in mehreren Artikeln über das Handy der ehemaligen Verteidigungsministerin und über die gelöschten Daten.

Das wäre doch ein Grund mehr für den Spiegel, seine Leser daran zu erinnern, dass von der Leyen jetzt eigentlich hätte aussagen müssen. Ich bin sicher, dass ein paar Leute in dem Untersuchungsausschuss einige Fragen an sie haben, vor allem auch wegen dem Handy. Aber der Spiegel ist ja kein kritisches Nachrichtenmagazin, sondern einer der führenden Rektalforscher der Politik. Da kann er ja schlecht über solche Dinge berichten.





Das Problem ist nicht nur, dass von der Leyen nun als EU-Kommissionschefin unantastbar ist, das Problem ist der oben genannte Paragraph 146 im Gerichtsverfassungsgesetz (GVG). Immer wenn ein Skandal, bei dem es eindeutig um Straftaten von Politikern geht, nicht mehr unter den Teppich zu kehren ist, dann darf nicht etwa der Staatsanwalt ermitteln, nein, dann wird ein Untersuchungsausschuss gebildet. Und das hat einen riesigen Vorteil: Der Untersuchungsausschuss tagt dann jahrelang und wenn die Öffentlichkeit den Skandal schon lange wieder vergessen hat, liefert der Ausschuss einen Bericht ab, in dem er vielleicht sogar jemanden kritisiert. Mehr passiert nicht. Nach Untersuchungsausschüssen werden keine Anklagen erhoben und niemand wird bestraft.

Untersuchungsausschüsse sind also nichts anderes, als eine Show für den dummen Wähler und ein Instrument, um zu verhindern, dass Fehlverhalten von Politikern auch Konsequenzen hat. Selbst beim Celler Loch, als der Verfassungsschutz 1978 ein Loch in ein Gefängnis in Celle gesprengt hatte und das als Terroranschlag der RAF ausgegeben hat, wurde niemand bestraft. Es gab 1986, als das ans Licht kam, zwar einen Untersuchungsausschuss, der festgestellt hatte, wer alles daran beteiligt war (übrigens unter anderem auch der damalige Ministerpräsident Albrecht, also der Vater von Ursula von der Leyen), aber bestraft wurde niemand.

Das ist der Sinn von Untersuchungsausschüssen: Politiker gehen straffrei aus und der durchschnittliche Bürger soll das Gefühl haben, es werde ja etwas unternommen und ermittelt. Dabei geschieht das Gegenteil: Die Staatsanwaltschaft darf nicht ermitteln und die Politiker kehren dann alles unter den Teppich und damit die Show perfekt ist, darf die Opposition während des Untersuchungsausschusses auch ganz lautstark Kritik üben. Es ist eine reine Showveranstaltung.

Und das beobachten wir heute wieder. Die Opposition hat sich von Anfang an wahnsinnig aufgeregt, aber sich nicht beschwert, dass Uschi nun im Dezember nicht wie versprochen, ausgesagt hat. Und jetzt regt sich die Opposition wieder furchtbar auf, weil von Uschis Handy alle Daten gelöscht wurden. Vor allem die Grünen sind gerade ganz doll sauer. Sei haben sogar eine Strafanzeige gestellt. Das klingt gut, ist aber – siehe Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) – auch nur reine Show, der Staatsanwalt wird nicht ermitteln dürfen und das wissen die Grünen natürlich auch. Es ist einfach nur Show und die Medien spielen mit, wie man an diesem Artikel des Spiegel zu dem Thema sehen kann.

Dort wird nicht an die geplante Aussage von Uschi erinnert, auch nicht an die zwei Strafanzeigen, die gegen sie eingereicht wurden (dabei hat der Spiegel selbst seinerzeit über die erste und die zweite Anzeige berichtet). Der Spiegel könnte ja mal nachfragen, was aus den Anzeigen geworden ist. Tut er aber nicht, auch er kennt das Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) und der Spiegel ist Teil der Show. Also berichtet er nun eben über die neue Strafanzeige der Grünen, die aber natürlich genauso im Sande verlaufen wird und die der Spiegel demnächst genauso vergessen haben wird, wie die beiden Anzeigen vorher.

In einem anderen Spiegel-Artikel dazu, in dem sich über all diese Dinge ebenfalls kein Wort findet, wird noch folgendes berichtet:

„Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) lässt die heftig kritisierte Datenlöschung auf dem Diensthandy ihrer Vorgängerin Ursula von der Leyen (CDU) prüfen. Die Ministerin habe eine Untersuchung des Vorfalls angeordnet, sagte ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums. Bis zum 3. Januar erwarte Kramp-Karrenbauer einen umfangreichen Bericht aus ihrem Haus. Es müsse geklärt werden, wer wann und warum die Löschung der Daten angeordnet habe. Der Bericht solle dem Untersuchungssausschuss zur Berateraffäre bis zur nächsten Sitzung am 16. Januar übergeben werden.“

Das freut mich, ich streiche mir den 16. Januar schon mal im Kalender an, so wie ich mir vor einem halben Jahr auch Uschis geplanten Aussagetermin vor dem Asschuss im Kalender vorgemerkt habe. Fortsetzung folgt.

 

Wandere aus, solange es noch geht!

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