Belarus: Der andere Weg

Putschen oder Kaufen ist hier die Frage

Autor: Uli Gellermann (rationalgalerie)

Dass Aljaksandr Lukaschenka, der Präsident von Weißrussland, angeblich ein böser Mensch ist, kann man von den deutschen Mehrheitsmedien täglich erfahren. Denn Lukaschenka geht den anderen Weg: Die zahlreichen Industriekonglomerate – Traktorenfabriken und Großraffinerien –, die das Land von der zerfallenen Sowjetunion geerbt hat, wurden nicht privatisiert, sondern blieben in den Händen des Staates. Anders als in manchen anderen Ländern der früheren Sowjetunion bekommen Arbeiter und Rentner ihr Geld pünktlich ausgezahlt. Das Bruttoinlandsprodukt von Belarus ist fast doppelt so hoch wie das in der Ukraine. Und selbst die Kaste der Oligarchen, der Superreichen, fehlt.

NATO-Einkreisungspolitik gegen Russland

Auch in der Sicherheitspolitik gehen die Weißrussen einen anderen Weg, während sich viele ehemalige Warschauer-Pakt-Staaten der NATO-Einkreisungspolitik gegen Russland gebeugt haben. Seit Dezember 1997 gibt es einen Vertrag zwischen der Republik Belarus und der Russischen Föderation über militärische Zusammenarbeit. Ein gutes Geschäft: Statt NATO-Steuern zu zahlen, bekommt das Land Subventionen aus Russland. Bis zu einem Viertel des Bruttoinlandsprodukts (etwa 55 Milliarden US-Dollar) erwirtschaftet das Land dank niedriger russischer Öl- und Gaspreise. Vor allem die strategische Lage Weißrusslands als Pufferzone zwischen den NATO-Ländern und Russland ist den Atlantikern in den deutschen Redaktionen ein Dorn im Auge.

Die lautstärksten Revolutionäre sitzen in den deutschen Redaktionen

Aus den Maidan-Vorgängen in der Ukraine 2013/2014 weiß man: Wer sich nicht in den EU-NATO-Rahmen pressen lässt, der wird mit einem Putsch bestraft. Die aktuellen Vorgänge in Weißrussland erinnern stark an die Farbenrevolution in Kiew: Die lautstärksten Revolutionäre sitzen in den deutschen Redaktionen. Und natürlich haben die EU-Staaten, die niemand gefragt hat, schleunigst das Ergebnis der Wahlen in Belarus nicht anerkannt. Frau Merkel, in deren Land sich seit einiger Zeit eine Medien-Einheitsfront herausgebildet hat, weiß altklug zu Weißrussland sagen: „Meinungsfreiheit muss garantiert sein.“ Ihr Außenminister beschwert sich gar in Russland über Belarus, als wäre Weißrussland eine Kolonie.





Weißrussen sollen anderen Kurs in der Corona-Politik

Und wenn der britische Verteidigungsminister Ben Wallace bei einem Treffen mit seinen Kollegen aus Deutschland und Frankreich versichert hat, die Nato werde nicht in Weißrussland eingreifen, dann weiß jeder geübte Kommuniqué-Leser, dass man die Planungen prophylaktisch dementiert, bevor sie geleakt werden. Aber vielleicht ist dieser andere Weg der Weißrussen ja mit Geld zu verstopfen. Denn der IWF ist von Weißrusslands Regierung um einen Kredit in Höhe von 940 Millionen US-Dollar gebeten worden. Dank der weißrussischen Nachrichtenagentur Belarusian Telegraph Agency kann die Öffentlichkeit wissen, dass die Bewilligung des Kredits an Maßnahmen geknüpft sind, die die Souveränität des Landes einschränken würden: Man will nur zahlen, wenn die Weißrussen einen anderen Kurs in der Corona-Politik fahren als bisher.

Am 9. Mai marschierten die Soldaten dicht an dicht ohne Mundschutz

Während EU-Bürger von ihren Regierungen in der „Corona-Krise“ dazu gezwungen wurden, die eigene Wohnung möglichst nicht zu verlassen, konnte man sich in Belarus immer noch frei im öffentlichen Raum bewegen. Die Geschäfte, die zahlreichen Cafés und Restaurants blieben offen. Selbst die weißrussische Fußball-Liga hat – als einzige Liga Europas – den Spielbetrieb nicht eingestellt. Auch am 9. Mai, dem Tag des Sieges über Hitlerdeutschland, rollten durch Minsk die Panzer, marschierten die Soldaten dicht an dicht ohne Mundschutz, standen die Zuschauer am Straßenrand. Anders als allgemein prophezeit, hat sich Belarus nicht zum Hotspot des Virus entwickelt.

Anders als prophezeit, hat sich Belarus nicht zum Virus-Hotspot entwickelt

Zur Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Landes fand der Präsident klare Worte: „In der Zwischenzeit werden wir seitens des IWFs dazu aufgefordert, Quarantänemaßnahmen, Isolationsanstrengungen und eine Ausgangssperre zu verabschieden. Das ist Unsinn. Wir werden uns den Forderungen von niemandem in der Welt beugen. . . . Das Einschließen in stickige Wohnungen ist keine gute Methode.“ Und er fügte hinzu, bei Erkältungen und Grippe sollte man nach draußen gehen, frische Luft atmen und die Wohnungen gut lüften. Damit liegt der Präsident auf der Linie vieler anerkannter Epidemiologen und Virologen. Aber offenkundig nicht auf der Leitlinie der medialen, westeuropäischen Medien-Panik.

Belarus, in zwischen Putsch und Kauf

Die Frage danach, warum sich der Internationale Währungsfonds (IWF) in die hygienischen Angelegenheiten eines souveränen Landes einmischt, lässt sich nur ideologisch beantworten: Geld gibt es nur für den verordneten Gleichschritt. Der IWF nennt nicht mal einen medizinischen Vorwand für seine unsittliche Forderung. So soll Belarus, in eine Zange zwischen Putsch und Kauf genommen, den westlichen Weg gehen: Russlands europäischer Flanke will man keinen eigenen Weg zubilligen.

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