Banker setzen Abgeordnete unter Druck: „Wagt ja nicht das Gemeinwohl zu verteidigen!“
von Helga Zepp-LaRouche (bueso)
Schon jetzt, zwei Wochen bevor der amerikanische Kongreß seine Arbeit nach der Sommerpause wieder aufnimmt, befindet sich die Wall Street in einem Zustand unverhohlener Panik: In den ganzen USA und vielen anderen Ländern wächst die Unterstützung für die Wiedereinführung des Glass-Steagall-Gesetzes, jenes Trennbankensystems, mit dem Franklin D. Roosevelt 1933 Amerika aus der Depression herausgeführt hat. Ihnen ist völlig klar, daß dies das Ende des Mythos bedeutet, daß diese Banken „Too Big To Fail“ seien – „zu groß, um sie pleite gehen zu lassen“. Im Gegenteil, immer mehr Menschen begreifen: Es gibt ein Leben nach der Insolvenz der Wall Street – und nur dann.
Die jüngste Episode in dem Drama, von dessen Ausgang abhängt, ob die Zivilisation ins Chaos abstürzt oder ob wir bald mit dem Wiederaufbau der Weltwirtschaft beginnen können, hat jetzt die Top-Banker, die eigentlich lieber hinter den Kulissen operieren, in ihrem eigenen Namen auf die Bühne gebracht. Nachdem die Zeitung The Oklahoman am 14. August eine Replik des EIR-Redakteurs Paul Gallagher auf den Angriff des Vorstandsvorsitzenden von JP Morgan, Jamie Dimon, auf das Glass-Steagall-Gesetz veröffentlicht hatte, antwortete jetzt der leitende Geschäftsführer des Amerikanischen Bankenverbands, Michael Hunter, im selben Blatt mit einer Attacke auf Paul Gallagher und mit der ganzen Liste der Rationalisierungen, die die Banker gewöhnlich für ihr System der Hochrisikospekulation vorbringen.
Wie desperat dessen Zunft inzwischen ist, wurde noch deutlicher in einem Brief, den der Kalifornische Bankenverband an alle Abgeordneten des kalifornischen Landtages schrieb, nachdem dort am 5. August ebenfalls eine Resolution für die Wiedereinführung des Glass-Steagall-Gesetzes eingebracht worden war. In einem unverhohlen drohenden Ton wurden die Abgeordneten darin aufgefordert, mit einem „Nein“ zu votieren, falls die Resolution im Finanzausschuß zur Abstimmung komme. In dem Brief wird Glass-Steagall immer nur als die „LaRouche-Maßnahme“ bezeichnet. Das ist natürlich phantastisch, angesichts der Tatsache, daß diese Gesetzesvorlage inzwischen von 75 Kongreßabgeordneten und zehn Senatoren als Sponsoren unterstützt wird, daß Unterstützungs-Resolutionen in 24 von 50 Bundesstaaten eingebracht wurden und daß eine schnell wachsende Zahl von nationalen Organisationen und führenden Persönlichkeiten wie Thomas Hoenig, Sheila Bair, Sandy Weill, Gewerkschaften wie die International Association of Machinists und der Gewerkschaftsdachverband AFL-CIO, die National Farmers Union u.v.a. sich öffentlich für Glass-Steagall einsetzen.
Je mehr die allerdings von den Aktivisten der LaRouche-Organisation „LaRouchePAC“ inspirierte Kampagne für die Wiedereinführung dieses Gesetzes in den letzten Wochen an Zuspruch gewann, desto deutlicher wurden auch die kriminellen Methoden, mit den die Wallstreet-Lobbyisten und Topmanager Druck auf die Abgeordneten ausüben.
Schon eine Woche vor dem Jahreskongreß der Landtagsabgeordneten in Atlanta wurden Abgeordnete zuhause angerufen und je nach Profil aufgefordert, bei der Abstimmung zur Glass-Steagall-Resolution mit Nein zu stimmen oder sich zu enthalten, damit kein Quorum zustande komme, oder es wurde offen gedroht, daß Zigtausende Arbeitsplätze in ihrem Bundesstaat vernichtet würden, da die Banken sich dann aus diesem Standort zurückziehen würden. Anderen wurde der Verlust jeglicher Wahlkampfspenden und damit explizit das Ende ihrer Karriere angekündigt. Die juristische Bezeichnung für derlei Vorgehen heißt Erpressung!
Da alle Zeichen auf Sturm stehen für den bevorstehenden endgültigen Kollaps des transatlantischen Finanzsystems zum Ende des US-Haushaltsjahres, also in dem Zeitraum zwischen jetzt und irgendwann im Oktober, arbeitet die internationale Finanzoligarchie auf Hochtouren daran, die letzten Lücken bezüglich der diversen „Bail-in“-Gesetze – dem Zypern-Detroit-Modell – zu schließen. Nach mehr als fünf Jahren an sogenannten Rettungspaketen, also dem hyperinflationären Gelddrucken und Bankenrettung auf Kosten der Steuerzahler, dem „Bail-out“, soll jetzt die allgemeine Enteignung der Konteninhaber stattfinden – der „Bail-in“.
Präsident Obama berief sofort für den Montag nach seinem Urlaub ein Nottreffen mit allen Aufsichtsbehörden ins Weiße Haus ein, um ihnen den Auftrag zu geben, endlich die Ausarbeitung des Dodd-Frank-Gesetzes zu Ende zu bringen, das 2010 von der Wall Street durchgesetzt worden war – schon damals, um die Einführung des Glass-Steagall-Gesetzes zu verhindern. Nicht nur läßt das Dodd-Frank-Gesetz Schlupflöcher groß wie Scheunentore für die Spekulanten offen, es ist mit seinen rund tausend Seiten Gesetzestext und rund 10.000 Seiten Durchführungsvorschriften völlig intransparent. Dabei haben die Kongreßabgeordneten von 398 vorgesehenen Regeln bisher nur 158 ausgearbeitet. In offensichtlicher Panik, daß der Kongreß nach dem Ende der Sommerpause sofort die Glass-Steagall-Gesetzesvorlagen im Repräsentantenhaus und im Senat beschließen könnte, wurden Fed-Chef Bernanke, Finanzminister Lew und die Vertreter der Aufsichtsbehörden angewiesen, dem Dodd-Frank-Gesetz dringend „Zähne zu verpassen“ und notfalls sogar ein paar Banken über die Klinge springen zu lassen, um damit der Öffentlichkeit vorzugaukeln, daß das Gesetz effektiv sei und deshalb Glass-Steagall nicht benötigt würde.
Das Wirtschaftsteam der Obama-Administration versucht derzeit ebenso verzweifelt wie entschlossen, ausgerechnet Larry Summers als Nachfolger von Ben Bernanke als Chef der Fed durchzusetzen. Larry Summers spielte die entscheidende Rolle bei der Abschaffung des Glass-Steagall-Gesetzes 1999. Die Umsetzung der Perspektiven eines Fed-Chefs Summers würde die sofortige Anwendung des Bail-ins, der Zypern-Blaupause für ganz Europa und die USA bedeuten und das Leben von vielen Millionen Menschen kosten.
Der New York Times-Bestsellerautor Gregg Palast veröffentlichte jetzt ein Papier mit dem Titel: „Larry Summers und das geheime Endspiel-Memorandum“, das, wie er selbst sagt, die schlimmsten Befürchtungen eines jeden Verschwörungs-Freaks bestätigen würde. (Aber daran sind wir spätestens seit Edward Snowdens Enthüllungen über die Totalauspähung durch den NSA und den GCHQ ja gewöhnt.) Das Memo beschreibt dann ziemlich akkurat den Coup, den Larry Summers und die Chefs der größten Wallstreet-Banken ab 1997 gegen Glass-Steagall ausführten, und wie sie das wenig bekannte Financial Services Agreement des WTO-Abkommens ausnutzten, um die Bankenregulierung aller 156 Nationen, die dem WTO beigetreten waren, gleichzeitig zu eliminieren:
„Wenn man heute 26,3% Arbeitslosigkeit in Spanien sieht, Verzweiflung und Hunger in Griechenland, Aufstände in Indonesien und Bankrott in Detroit, dann muß man zurückgehen zu diesem Endspiel-Memorandum, der Genesis von Blut und Tränen“, schreibt Palast. Man kann getrost die über 50.000 Menschen dazurechnen, die jeden Tag verhungern, die eine Milliarde, die jeden Tag hungert, und die vielen Hunderte Millionen, die unnötigerweise in den vergangenen Jahrzehnten verhungert oder früh gestorben sind, weil die so einfach mögliche Entwicklung von vielen Millionen Menschen dem Profit weniger geopfert worden ist.
Wenn diese Banker-Kabale damit Erfolg haben sollte, in den nächsten Wochen die Politik des „Bail-in“ durchzusetzen, dann werden nicht nur die Menschen in Afrika verhungern, sondern auch viele Tausende in Oberhausen, Magdeburg und Bremen. Krankenhäuser werden geschlossen werden, Medikamente verschwinden, Nahrungsmittel fehlen und Chaos wird ausbrechen. Betriebe werden dicht machen und Straßengangs herrschen. Und trotzdem wird all das den Urhebern dieser Politik keinen Nutzen bringen, am Ende werden sie ebenfalls das Opfer ihrer eigenen Inhumanität sein.
Noch ist nicht alles festgezurrt, noch gibt es marginale Uneinigkeiten über die Modalitäten, unter denen eine Bankenunion funktionieren soll, wer letztlich die Befugnis für die Abwicklung der Banken und der Konten haben soll, noch soll alles bis nach dem Wahltermin am 22. September aus der öffentlichen Diskussion herausgehalten werden. An der Substanz ändert dies nichts.
Der Konflikt, der nun offen zutage getreten ist, muß entschieden werden: Wer soll das Recht haben, über das Wohl der Menschen und die Zukunft der Gesellschaft zu entscheiden – gierige Banker, denen nachweislich jedes Rechtsgefühl abhanden gekommen ist, die im Dienste einer imperialen Oligarchie operieren, die entschlossen sind, die Weltbevölkerung um einige Milliarden zu reduzieren, um ihre Phantasien einer feudalen Ordnung ausleben zu können? Oder hat der jahrhundertelange Kampf um Souveränität, Republik und die Teilhabe der Bevölkerung an der Selbstregierung, vermittelt durch das repräsentative System, um Verfassung und Rechtsstaat, um Menschen- und Bürgerrechte eine Bedeutung gehabt?
Die politische Klasse in Deutschland scheint sich bisher weitgehend für die Anpassung an die erste Variante entschieden zu haben. Und die Masse der Bevölkerung hat zumindest für den Augenblick noch die Mündigkeit des Selbstdenkens an die Architekten des Zeitgeists abgegeben oder ist innerlich über die erahnte Wirklichkeit so terrorisiert, daß jede Ablenkung recht ist. Ein kleiner Teil der Bürger aber ist weder so korrupt, daß sie um der Annehmlichkeiten des Systems willen bereit sind, sich zum Büttel des Völkermordes zu machen, noch so geisteslahm und empfindungsgestört, daß sie sehenden Auges ihr Lebensschifflein auf den alles in den Abgrund reißenden Wasserfall zutreiben lassen wollen. Auf die wird es ankommen.
Die Top-Banker scheren sich weder um Menschlichkeit noch glauben sie an eine höhere Macht oder das Naturecht, und es kommt einem Heinrich Heines Gedicht Belsazar in den Sinn:
„Jehova! dir künd ich auf ewig Hohn –
Ich bin der König von Babylon!“
… weiterzulesen bei Heine.
Der Kampf um Glass Steagall kann gewonnen werden! Schließen Sie sich der BüSo an!
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