Aufhören ist so leicht…

von Michael Winkler (440. Pranger)

440 – eine runde Zahl, wenn auch keines der Jubiläen, die ich silbern oder golden markiere. Eine runde Zahl ist eine Gelegenheit, Bilanz zu ziehen. Was habe ich in all diesen Jahren erreicht? Was hat sich wirklich geändert? Wen habe ich erreicht? Wen tatsächlich berührt, wen aufgerüttelt? Es gibt eine kleine Schar, Namen, die immer wieder in den E-Mail-Absendern auftauchen, die immer wieder Bücher bestellen oder mich als Spender unterstützen. Ein, zwei, vielleicht drei Dutzend, die zum engeren Kreis zählen, die mir ermöglichen, diese Arbeit fortzuführen.

Ihnen ganz besonders, aber auch allen anderen Spendern, Buchbestellern und moralischen Unterstützern möchte ich an dieser Stelle danken.

Trotz allem bleibt die Frage, was ich bewirkt habe. Und da stellt sich heraus, daß ich wirklich nur beobachtet und kommentiert habe. Nicht vom Spielfeldrand, nicht von der Haupttribüne, noch nicht einmal vom billigsten Stehplatz aus, sondern so weit vom Stadion entfernt, daß ich gerade einmal die Jubelrufe höre und daraus schließe, ob ein Tor gefallen ist. Erst gestern habe ich erfahren, daß wieder einmal einer der Weggefährten aufgegeben hat, ein kleines lokales Informationsblättchen, zu klein, um es schon eine Zeitung zu nennen. Ein kleiner Farbtupfer im Informationswald ist damit erloschen.

Wir leben in einer Zeit, die gleichgültig über solche Verluste hinweggeht. Als ich 1986 zu arbeiten begonnen habe, habe ich den SPIEGEL abonniert, um informiert zu sein. Zuvor, bei meinen Eltern, habe ich ihn im Lesezirkel gelesen. Heute bezahle ich den Lesezirkel, zum SPIEGEL hat sich FOCUS gesellt, und doch… Beide Blätter servieren einen derart trägen, lauwarmen, langweilig geschriebenen, inhaltsleeren Informationsbrei, daß ich immer öfter nach ein paar Absätzen entscheide, mir den Rest des Ergusses der stupiden Pressehure der qualitätsfreien Medien nicht mehr anzutun.

Angeblich stehen Zehntausende Schlange, um Journalisten zu werden, und jene, die es sind, schreiben derart geistlos, als hätte ein Rechner Worthülsen aneinander gereiht. Genau das, diese Inhaltsleere, dieses seelenlose Dahingewurstel, breitet sich in dem, was sich Staat und BRD nennt, immer weiter aus. Früher, zu Zeiten von Franz Josef Strauß und Herbert Frahm, lohnte es sich, zu Wahlkampfreden zu fahren und Bundestagsdebatten anzuhören, waren diese doch oft von rhetorischer und sogar intellektueller Brillanz.

Heute hingegen sind nur noch Wortstümperer am Werk, an der Spitze eine Kanzlerin, für deren Rede man einen Übersetzer benötigt, damit man versteht, was sie gesagt hat. Und danach noch wohlwollende Interpreten, die uns einreden, was sie überhaupt sagen wollte. Warum ein Herr Steinbrück für seinen verzapften Blödsinn Millionenhonorare erhalten hat, habe ich nicht verstanden. Seine kurzen Wortbeiträge im Fernsehen haben nichts an sich, was das auch nur ansatzweise rechtfertigen könnte.

Der Allerletzte auf weiter Flur, der noch ein bißchen rhetorisches Feuerwerk abbrennt, obwohl Linker, obwohl Jude, und vor allem sympathisch, weil er seine Ideen nicht umsetzen kann, ist Gregor Gysi.

Mit dem Personal, das diesen Staat repräsentiert, ist wahrlich kein Staat zu machen. Teilversager bis Vollidioten in allen Parlamenten, Minister, die ihren Laden nicht im Griff haben und ganz offensichtlich von ihrem Amt überfordert sind. Anfangs war es Polemik, wenn ich formuliert habe, daß erstklassige Chefs erstklassige Mitarbeiter haben, zweitklassige Chefs drittklassige Mitarbeiter und Merkel merkelhafte. Inzwischen hat sich das als grausame Realität herausgestellt, die schlechteste Kanzlerin bisheriger BRD-Zeiten hat die allerschlechtesten Minister um sich geschart.

In früheren Zeiten mußten Politiker regieren, und selbst Ludwig Thomas Abgeordneter Filser trug noch Verantwortung für den Staat. Was sich heute in den Parlamenten herumtreibt, erweckt trotz Doktortitel den Eindruck, beim Erwerb der allgemeinen Sonderschulreife ausgemustert worden zu sein. Klar, wer das Textverständnis eines Vierjährigen aufbringt, kann nur Pfötchen heben, wenn es um EU-Verfassung, Vertrag von Lissabon oder ESM geht. Die Volksvertreter agieren mit einer staatsverachtenden Gleichgültigkeit über die Belange des Volkes hinweg.

In dem Maße, in dem die intellektuelle Kapazität und das Verantwortungsgefühl abgenommen haben, haben Arroganz und Selbstgerechtigkeit zugenommen. Erscheinen Trittin und Roth auf dem Bildschirm, reichen schon die Gesichter aus, zuhören ist überflüssig. Ein Groschen in die Music-Box, es läuft eh immer die gleiche Platte. Bei Merkel ist bestenfalls die Farbe des zu engen Hosenanzugs noch eine Überraschung, wenn die auftaucht, schadet es Deutschland. Bei unserem Bundespräsidenten sind die letzten beiden Buchstaben des Namens überflüssig, GAU reicht vollkommen.

Aufhören ist so leicht, bei einem Staatsmonster, das sich mit absoluter Gleichgültigkeit weiterwälzt, dessen Zusammenbruch nicht nur absehbar, sondern wünschenswert ist. Weltweit ist keine Religion so gefährdet und von Anfeindungen betroffen wie das Christentum, doch unsere sattgefressenen Prälaten pflegen den „interreligiösen“ Dialog, während Politiker, gerade jene der C-Parteien, sich darum sorgen, ob dem Islam auch genug Rechte im dekadenten Vierzonesien zugestanden werden.

Ehegattensplitting für Homo-Partnerschaften, Adoptionsrecht – was kommt als nächstes? Wahlrecht für volljährige Schimpansen? Um beschönigende Bezeichnungen ist die Politik ja nie verlegen. „Migrantenförderung“ ist in Wirklichkeit Deutschen-Benachteiligung, „Frauenförderung“ heißt übersetzt Männer-Diskriminierung. Unsere Asylpolitik dient nicht dazu, den Verfolgten einen geschützten Lebensraum zu bieten, sondern zur Sicherung der Pöstchen im sozialindustriellen Komplex. Werden Anforderungen gesenkt, um Migranten einzustellen, heißt das nichts anderes, als daß besser qualifizierte Deutsche benachteiligt werden. Das Ergebnis ist dann asoziale Gerechtigkeit.

Es gibt deswegen keinen Aufschrei in der Bevölkerung. Rechte haben nur Zuwanderer, Minderheiten, fremde Religionen, aber niemals Deutsche. Im Gegenteil, jeder Deutsche fühlt sich bemüßigt, Rechte zu bekämpfen, ohne einzusehen, daß jene Rechte, die er bekämpft, seine eigenen sind. Wir haben gerade ein Hochwasser erlebt, das den Namen „Flutkatastrophe“ durchaus verdient. Die Deutschen haben einander bis zum Umfallen geholfen, die qualitätsfreien Medien haben nicht einen einzigen Vorzeigemigranten gefunden, der vor laufenden Kameras einen Sandsack schleppt. Aber so vorbildlich die Deutschen in der Not zusammenhalten, so zerstritten sind sie sonst. Ein beträchtlicher Teil der Flutschäden ist eingetreten, weil irgendwelche Menschenfeinde den Ausbau des Hochwasserschutzes verhindert haben.

In einem Punkt sind unsere Volksvertreter jedoch eindeutig auf Weltspitzenniveau: Im Füllen der eigenen Taschen. Da kann die UNO noch so viele Vorlagen gegen die Korruption beschließen, unsere Damen und Herren Abgeordneten sehen gnädig darüber hinweg. Ich glaube nicht, daß es sehr viele Länder gibt, in denen die Bestechung von Abgeordneten gesetzlich geregelt und gemäß der gesetzlichen Vorgehensweise ausdrücklich erlaubt ist. Und am Ende findet auch der Unfähigste noch sein einträgliches Pöstchen, um seine unverschämt hohe Politikerpension aufzubessern.

Aufhören oder immer das gleiche schreiben, eine Nadel mehr in das dicke Fell setzen, mit der gleichen Sturheit gegen die Korruptokraten anrennen, die nur noch Vertreter der eigenen Brieftasche, aber nicht mehr die des Volkes sind? Man erlegt keinen Elefanten mit einem Taschenmesser, das ist richtig, doch es gilt zu dokumentieren, und sei es nur für einen selbst, daß man sich nicht abgefunden hat mit Dekadenz und Zerfall, mit Unfähigkeit und Trägheit.

Später, wenn der totale Merkelstaat sein Nürnberg gefunden hat, wenn die sich unfehlbar dünkende Justiz selbst gerichtet wurde, wird die Frage gestellt, wo sie gewesen sind, die anständigen Deutschen, die dann selbstgerecht und dem neuen Winde nachlaufend die Straßen bevölkern, als das Unrecht begangen worden ist, das man hätte verhindern müssen? Oh, ich weiß es, ich werde es auch dann noch wissen! Das waren jene, die mit „Hinterdeppendorf ist bunt statt braun“ hemmungslos den eigenen Niedergang herbeidemonstriert haben.

Es ist so leicht, sich hinter Plakaten zu verstecken und das auch noch als Zivilcourage zu bezeichnen. Es ist so leicht, wegzuschauen, wenn die gehätschelte Minderheit Verbrechen begeht, und noch leichter, freudig hinzusehen, wenn das Justizverbrechen mit gemeinsamer Hand begangen wird, Kreuziget ihn! zu rufen, wenn alle Kreuziget ihn! brüllen. Die Deutschen sind wenig genug geworden, doch die anständigen Deutschen, die aufrecht durch die Geschichte gegangen sind, waren schon immer sehr viel weniger.

Und deshalb, deshalb fällt Aufhören schwer, auch wenn es den eigenen intellektuellen Anspruch beleidigt, immer das gleiche schreiben zu müssen, weil sich in diesem Staat alles nur zum noch schlechteren ändert. Es gilt, ein Zeichen zu setzen, daß die vielen, die nur gesichtslos Zeichen setzten wollen, nicht alle sind. Es gilt, der Fahne zu folgen, mag sie sichtbar sein oder nicht. Mehr noch, es gilt dem eigenen Gewissen zu folgen. Dem Gewissen zu folgen, ja, auch nur ein Gewissen zu haben in einer Zeit, in der Gewissenlosigkeit zur Staatsräson erhoben worden ist, erfordert Mut, Durchhaltevermögen und Hartnäckigkeit.

Den Sieg über einen äußeren Feind zu erfechten, kostet Blut, Schweiß und Tränen. Den Sieg über einen Feind im Inneren zu erringen, ist noch weitaus schwerer. Beim Feind darf man mutig dreinschlagen, doch der Gegner im Inneren könnte morgen schon der gute Nachbar sein, der aufrechte Freund, der nur verblendet war und irregeleitet wurde. Eine schlechte Regierung ist oft eine Strafe Gottes, doch wer in einer Demokratie schlecht regiert wird, hat sich diese Strafe zehnfach verdient, ja, tausendfach, wenn er schweigt und akzeptiert.

Wir leben in Merkeldeutschland, wir erleben den totalen Merkelstaat, als Knechtschaft und Unterdrückung. Seit 25 Jahren geht es uns schlechter, und nur, weil der große neue Flachbildschirm so viel bunter ist als das alte Röhrenmonster, zeigt er kein besseres Fernsehprogramm. Das neue Auto ist größer, kann dies und jenes, doch wie viel haben wir dafür bezahlt? In Stunden? In Lebenszeit? In Blut, Schweiß und Tränen? Genau das wird immer übersehen. Oh ja, ich habe inzwischen Satelliten-Fernsehen, ich weiß selbst nicht, wie viele Programme, rund um die Uhr, alle in Farbe. Trotzdem kann ich nur ein einziges Programm gleichzeitig sehen, und die vielen Kanäle erlauben mir vor allem die Auswahl, welche 27. Wiederholung ich im Hintergrund laufen lasse, während ich am Rechner arbeite.

Meinungsumfragen belästigen uns allenthalben, doch hat je eine Meinungsumfrage etwas geändert? Unsere Meinung interessiert nicht wirklich, die Anrufer wollen uns nur Dinge verkaufen, dabei sind sie selbst nur Sklaven auf der Galeere, müssen rudern, rudern, rudern, sonst trifft sie die Peitsche. Einst sichere Arbeitsplätze sind längst prekär geworden, die Sorge um die eigene Existenz treibt die Menschen um. Es wird von Jahr zu Jahr schlechter, alles immer unsicherer, dabei wählen die Menschen seit Jahrzehnten Politiker, die alle versprochen haben, daß es besser würde.

Kann das Versagen der Demokraten, das Versagen der Demokratie noch einleuchtender dargestellt werden? Nie ging es den Völkern schlechter als heute, nachdem sie Jahrzehnte durch ihre eigenen Volksvertreter regiert worden sind. Die Nationalsozialisten konnten im offenen Cabrio durch die Menge fahren, das kostbare Leben der Volldemokraten muß auf Schritt und Tritt beschützt werden, bis hin zum transportablen Aquarium, in das der US-Präsident gestellt worden ist.

Aufhören? Jetzt? Nein! Es gibt genügend Volksverräter, da muß ich nicht auch noch dazugehören!

©Michael Winkler

 

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