Aufarbeitung

Unser Blogger-Kollege Gert Flegelskamp hat, wie ich finde, eine sehr gute Abhandlung über die Aufarbeitung von Parteien und Leit(d)medien verfasst. Worüber viele, insbesondere junge CDU/CSU/FDP-Wähler, unbedingt nachdenken sollten, stellt er als durchaus berechtigte Frage in den Raum: „Warum werden bzw. wurden eigentlich CDU/CSU und FDP nie als Nazi-Nachfolgepartei gesehen?“

Hierfür gibt es reichlich Beispiele. Denken Sie nur an einen ehemaligen Ministerpräsidenten in Baden-Württemberg oder an einen ehemaligen Bundespräsidenten. Diesbezüglich haben auch einige Großkonzerne die Nazizeit bis heute nicht aufgearbeitet.

Im folgenden diese lesenswerte Abhandlung.

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von Gert Flegelskamp (flegel-g)

In letzter Zeit ist es schon vielen Menschen aufgefallen, dass wir von unseren Leitmedien sehr einseitig informiert werden. Ist es überhaupt Information, die wir zu lesen bekommen oder ist es bereits Manipulation?

Die führenden Printmedien, zugleich Online-Medien werden auch als Leitmedien bezeichnet. Leitmedien? Was bedeutet das? Ist das ein Begriff, der eine herausragende Stellung unter diesen Medien definiert oder sollen die Leser „geleitet“ werden, eine manipulative Sichtweise zu übernehmen, die mit der Wahrheit nichts bis wenig gemein hat?

Es ist ein Artikel in ZEIT, der mich zu diesem Beitrag veranlasst hat. Eigentlich weniger der Artikel als vielmehr der Titel, oder besser gesagt der Aufhänger. Er lautet: „Thüringen: Eineinhalb Stunden gute Laune – und demnächst DDR“. Der Artikel selbst ist lediglich der Bericht über erste Kontaktaufnahmen von Grünen, Linken und der SPD zum Ausloten einer mit diesen Parteien möglichen Regierungsbildung. Für die SPD sicherlich eine Art Canossagang, müsste sie doch im Falle einer Koalition als Juniorpartner der ungeliebten Linken antreten, anders als seinerzeit in Hessen, wo Ypsilanti von 3 Parteimitgliedern der SPD nicht nur daran gehindert wurde, eine Regierung mit Duldung der Linken auf die Beine zu stellen, sondern sie wurde dann regelrecht abgeschossen und die „Leitmedien“ haben ihr Bestes gegeben, diese Pfui-Partei, die sich Linke nennt, zu diskreditieren. SED-Nachfolge-Partei ist ja der geläufige Medienausdruck für die Linke, wobei stets ausgeblendet wird, dass die Mitglieder der Linken im Westen größtenteils aus der WASG hervorgegangen sind, die sich wieder mehrheitlich aus unzufriedenen Parteigenossen der SPD gebildet hatte.

Inzwischen ist die SED seit 25 Jahren Vergangenheit, aber der Begriff SED-Nachfolgepartei klebt an der Linken wie Pech. Warum werden bzw. wurden eigentlich CDU/CSU und FDP nie als Nazi-Nachfolgepartei gesehen? Denn das waren sie.

Aber zurück zur ZEIT. Die Überschrift hat mit dem nachfolgenden Artikel nichts gemein und hat folglich ausgesprochenes BILD-Niveau. Sie ist wohl für all die gedacht, die den Artikel erst gar nicht lesen, sondern nicken und sich in ihrer Subjektivität gegenüber den Linken bestätigt fühlen. Das sind in meinen Augen die gefährlichen Leute in Deutschland, Leute, die auf eine eigene Meinung verzichten und wie ein Schwamm aufsaugen, was ihnen BILD, WELT, ZEIT, FAZ, Süddeutsche (um nur die wichtigsten zu nennen) und natürlich die TV-Medien in ihre ansonsten hauptsächlich zur Erhaltung des Bewegungsapparates genutzten Hirne meißeln.

Im ZEIT-Artikel äußern sich dann die Politiker dieser 3 Parteien mit üblichem Bla Bla und einem Satz, der ebenfalls von unseren Leitmedien immer wieder gebracht wird. „Die Linke muss ihre Vergangenheit aufarbeiten!“ In diesem einen Satz steckt so viel Dummheit und Ignoranz, dass es schon weh tut. Noch einmal zur Erinnerung, haben CDU/CSU und FDP jemals ihre Vergangenheit aufgearbeitet? Es ist doch Fakt, dass viele unserer Politiker nach 1949 trotz aktiver Nazi-Vergangenheit wieder in Amt und Würden gelangt sind, nicht nur in der Politik, sondern auch in der Justiz, der Verwaltung, den Schulen und Hochschulen und vor allem in den wiederbelebten Konzernen Karriere machten.

Was vor allem soll der Terminus „Aufarbeitung“ eigentlich sein? Erleben wir es nicht momentan tagtäglich und in fast allen Medien, wie man propagandistisch arbeitet, uns ein von Politik und Medien gezimmertes Weltbild in die Hirne zu hämmern? Mussten wir in der Vergangenheit, als es noch kein Internet gab, nicht auf jegliche Gegendarstellung verzichten, weil die Leitmedien genau so einseitig berichtet haben, wie sie es heute tun? Haben wir nicht alle immer den Wunsch, uns an die Gegebenheiten anzupassen, wenn wir keine Gelegenheit bekommen, differenzierte Gegenmeinung zu hören oder zu lesen? Und ist es nicht eine sehr menschliche Eigenart, bei Massenveranstaltungen in eine Jubelstimmung zu verfallen, eine Art Schwarm-Intelligenz? Schauen Sie mal das Sportstudio mit seinen Fußballberichten an und beobachten sie weniger die Fußballer und mehr die Menschen auf den Rängen. Stören sich die „Fans“ an den oft schlimmen Fouls „ihrer“ Mannschaft oder akzeptieren sie diese als notwendige Maßnahme, um einen Sieg der Gegner zu verhindern? Das Empfinden von Recht oder Unrecht verschwindet in diesen Massenveranstaltungen und macht einem Zugehörigkeitsgefühl Platz.

Und damit wären wir wieder beim Begriff Aufarbeitung. Was sollen die Menschen aufarbeiten? Sollen sie ihre eigenen Verfehlungen eingestehen? Was, wenn sie ihr Verhalten gar nicht als Verfehlung ansehen? Was, wenn sie ehemals überzeugt waren, das Richtige zu tun? Was, wenn sie auch heute noch glauben, richtig gehandelt zu haben und ihre geforderte „Aufarbeitung“ in Wirklichkeit lediglich ein Akt der Anpassung an nun andere Vorbedingungen ist?

Es stellen sich noch weitere Fragen. Wir alle wissen, dass wir von einer Kanzlerin regiert werden, die eindeutig eine DDR-Vergangenheit hat, also Teil des Systems der DDR gewesen ist. Warum verlangt man von ihr keine Aufarbeitung ihrer Vergangenheit? Was ist mit den in Blockparteien, die nahtlos in die Westparteien aufgenommen wurden, obwohl bekannt ist, dass sie keineswegs „der Widerstand“ in der DDR waren? Warum muss Gauck nicht seine Vergangenheit aufarbeiten? Na ja, Gauck inszeniert sich selbst, da ist kein Platz für Unrechtsbewusstsein. Er ist begeistert von sich und das muss reichen.

Die Aufarbeitung eines politischen System wäre eine Angelegenheit der Historiker, die unbeeinflusst vom eigenen Erleben und unbeeinflusst von politischen Wünschen die Fakten eines Systems, seine Maßnahmen, seine Führungsebenen und seine Verfehlungen analysieren und zusammentragen, um daraus dann ein wirklichkeitstreues Bild der jeweiligen Epoche darzustellen. Ja, das wäre ein Ideal, aber es hat einen kleinen Schönheitsfehler. Auch die Historiker (von Ausnahmen abgesehen) sind nicht frei von äußeren Einflüssen und eigenen Vorstellungen von Recht und Unrecht. So sind sie in der Regel im staatlichen Dienst angestellt und damit den Wünschen der jeweiligen Regierungen unterworfen, bestimmte Fakten nicht auf den Tisch zu bringen, andere stärker zu betonen, kurz, die Geschichte ist immer nur das, was die Herrscher und/oder Sieger als Geschichtsschreibung zulassen.

Und unsere Leitmedien? Sie sind natürlich demokratisch aufgestellt. Als Beweis für ihr Demokratieverständnis haben sie in der Regel eine Kommentarfunktion, in denen sich die Leser zum jeweiligen Artikel äußern dürfen. Damit das nicht ausufert, hat man die Netiquette eigeführt, die allerdings allzu oft als Feigenblatt für die Zensur verwendet wird. Bei BILD, WELT und Focus darf man zwar mitunter ziemlich obszön werden, nicht aber echte und substantielle Kritik äußern. Die ZEIT und die Süddeutsche sind da schon generöser, wie man an den Kommentaren zum vorliegenden Artikel der ZEIT erkennen kann. Nur auf ihre enge Verbundenheit zu den Bilderbergern sollte man in Kommentaren nicht hinweisen und dann evtl. sogar noch die holländischen Royales und ihre seit der Gründung der Bilderberger anhaltende aktive Beteiligung an den Bilderbergern kritisieren. Dann kann es Ihnen (wie mir) passieren, dass nicht nur der Kommentar wird, sondern gleich Ihr User gelöscht wird, gleichsam eine ständige Verbannung aus der Kommentarfunktion.

Die Süddeutsche ist da schon großzügiger. Doch wenn man die Haltung der Presse an sich und die der Süddeutschen im Besonderen anführt. wird ein Kommentar mitunter auch nicht gebracht. Die früher übliche Kommentarfunktion hat die Süddeutsche inzwischen eingestellt und stattdessen eine Art Diskussionsforum eröffnet, in das man allerdings nicht aus jedem Artikel geleitet wird. Zu der Frage: Muss sich Osteuropa vor Putin fürchten? habe ich einen Kommentar eingestellt, in dem ich sowohl die angeblich „durgesickerten“ Aussagen einen Herrn Barroso aus einem Telefonat mit Putin angezweifelt habe, in dem Putin gesagt haben soll, wenn er wolle, könne er Kiew an einem Tag einnehmen Und die nun getätigte Aussage von Poroschenko, der im Prinzip noch drei weitere Staaten genannt haben soll, wie Putin ihm gesagt haben soll, habe ich auch ins Reich der Märchen verbannt und wörtlich geschrieben, dass Putin wohl kaum so dumm sei, mit solchen Aussagen noch Öl ins Feuer zu gießen, weil ihm sicherlich klar wäre, dass solche Aussagen einen Tag später in jedem Käseblättchen in Deutschland nachzulesen wären. Außerdem habe ich mich beschwert, dass die westliche Presse jedes Wort von dem Oligarchen Poroschenko als Wahrheit präsentiert, obwohl die Beweise für manche seiner Aussagen bis heute noch nicht erbracht wurden und zwar bei Vorkommnissen, die beweisbar sind.

Das war der Süddeutschen dann wohl doch zu heftig oder vielleicht einen Tick zu nahe an der Wahrheit, denn dieser Kommentar wurde nicht veröffentlicht. Oder habe ich mit dem Terminus „Käseblättchen“ doch die Netiquette verletzt?

Meine Antwort an einen User, der in einen Kommentar mal wieder die Verletzung des Völkerrechts durch Putin beklagte, hat die Süddeutsche aber gebracht. Mein Kommentar:

Ich finde es schon merkwürdig, dass im Zusammenhang mit Putin das Völkerrecht wie ein „heiliges Recht“ zitiert wird, obwohl dieses Völkerrecht ansonsten offenbar keine Nation wirklich interessiert. Kosovo, Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien, alle dort getätigten westlichen Aktionen haben das Völkerrecht ignoriert. Die ständigen Drohnenattacken der USA gegen angebliche Terroristen verstoßen ebenfalls laufend gegen das Völkerrecht, gegen die Menschenrechte und gegen jegliches Rechtsstaatsempfinden.

Es war die USA, die im Georgienkonflikt unseren Außenminister Walter Steinmeier aufforderte, schnellstmöglich und ohne die sonst üblichen Formalitäten die Staaten Georgien und die Ukraine in die NATO einzubinden (Beweis-Süddeutsche in 2010). Dass Russland das nicht will, sollte verständlich sein. Die USA wollten unter Kennedy auch keine russischen Raketen in Kuba dulden. Doch das wird bei Putin stets ausgeblendet. Er soll sich doch bitte an das Völkerrecht halten. Welch einseitige Sichtweise.

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