Auch Kanada arbeitet an einem Gesetz über ausländische Agenten

In Georgien böse, im Westen toll!

Die Doppelmoral des Westens wird an den Gesetzen über ausländische Agenten offensichtlich. Während der Westen Georgien für die Idee eines solchen Gesetzes kritisiert hat, arbeiten Kanada und die EU selbst an Gesetzen über ausländische Agenten.

Quelle: anti-spiegel

In den letzten Tagen haben sich westliche Politiker über die georgische Regierung geärgert und westliche Medien haben eine Kampagne losgetreten, weil die georgische Regierung zwei Gesetze über ausländische Agenten ins Parlament eingebracht hat. Eine Version war eine exakte Kopie des US-amerikanischen Gesetzes über ausländische Agenten (Foreign Agents Registration Act, kurz FARA), das in den USA schon 1938 erlassen wurde und dort sehr streng umgesetzt wird, die andere Version war an das russische Gesetz über ausländische Agenten angelehnt, das dem amerikanischen Original sehr ähnlich ist, aber bei Verstößen weitaus geringere Strafen vorsieht, als das US-Gesetz.

Sollten Konsumenten der westlichen Mainstream-Medien diesen Artikel lesen, dürften sie nun etwas irritiert sein, denn die westlichen Medien verdammen das russische Gesetz über ausländische Agenten zwar permanent, erwähnen aber nie, dass das russische Gesetz von 2012 im Grunde nur eine (stark abgeschwächte) Kopie des US-amerikanischen Originals von 1938 ist. Von dem FARA-Gesetz haben Konsumenten der westlichen Mainstream-Medien nie gehört.

Ich werde weiter unten noch einmal erklären, was es mit den Gesetzen über ausländische Agenten auf sich hat, zunächst kommen wir zu den aktuellen Meldungen.

Doppelmoral in den Medien

Der Spiegel hat zwischen dem 6. und 11. März mindestens acht Artikel veröffentlicht, deren Hauptthema die Lage in Georgien war. Zunächst hat der Spiegel seinen Lesern erklärt, dass in Georgien ein Gesetz „à la Putin“ erlassen werden soll. Dann ging es in den Spiegel-Artikeln um die Proteste dagegen und anschließend hat der Spiegel es gefeiert, dass die georgische Regierung den Gesetzentwurf zurückgezogen hat.

Der Spiegel-Leser erfährt, wie böse der georgische Gesetzentwurf ist und wie sehr er angeblich die Zivilgesellschaft unterdrückt. Dazu kommen wir gleich noch.

Was westliche Medien hingegen nicht melden, ist in diesem Falle sehr viel: Erstens melden sie nicht, dass die USA als erstes Land der Welt schon vor über 80 Jahren so ein Gesetz erlassen haben und dass es weitaus strenger ist als alle später in anderen Ländern der Welt erlassenen Kopien. Zweitens melden die westlichen Medien nicht, dass die EU, die die mögliche Verabschiedung des georgischen Gesetzes als Hindernis auf dem Weg in die EU bezeichnet hat, ebenfalls an einem Gesetz über ausländische Agenten arbeitet. Und drittens melden die Medien nicht, dass auch Kanada gerade angefangen hat, ein solches Gesetz vorzubereiten, welches dort als „Register über ausländischen Einfluss“ („foreign influence registry“) bezeichnet wird, wie Marco Mendicino, der kanadische Minister für öffentliche Sicherheit, am 10. März verkündet hat.

Kurz gesagt, die Doppelmoral des Westens war selten so offensichtlich, denn der Westen kritisiert Russland und aktuell Georgien für das, was der Westen selbst seit Jahrzehnten tut: Man möchte verhindern, dass ausländische Kräfte sich in politische Entscheidungsprozesse und in die Willensbildung im eigenen Land einmischen.

Das ist laut Völkerrecht vollkommen in Ordnung, denn das Verbot der Einmischung in die inneren Angelegenheiten von Staaten aus dem Ausland ist einer Grundpfeiler der UNO-Charta, also des modernen Völkerrechts. Der Westen beansprucht das Recht für sich, sehr repressiv gegen alle Versuche aus dem Ausland vorzugehen, sich in die politischen Prozesse in westlichen Ländern einzumischen. Aber der Westen verdammt jedes Land, das das gleiche tun möchte, und zum Beispiel Einflussnahmen aus dem Westen in die eigenen politischen Prozesse zu unterbinden versucht. Und die westlichen Medien spielen das Spiel der westlichen Regierungen mit.

Kann man Doppelmoral deutlicher zeigen?

Faktenfreie Desinformation im Spiegel

Der Spiegel hat am 8. März einen Artikel mit der Überschrift „Umstrittenes Gesetz à la Putin – Darum geht es beim Massenprotest in Georgien“ veröffentlicht und man sollte erwarten, dass man in dem Artikel zumindest irgendwelche Fakten erfährt – aber Fehlanzeige.

In dem Spiegel-Artikel wird nicht erwähnt, dass im georgischen Parlament zwei Gesetze zur Auswahl standen und dass eines davon die exakte Übersetzung des US-amerikanischen FARA-Gesetzes von 1938 war. Das erwähnt der Spiegel gar nicht, weil Spiegel-Leser dann ja erfahren könnten, dass es die USA waren, die diese Gesetze erfunden haben. Und das soll der Spiegel-Leser nicht wissen, denn dann könnte sogar ein Spiegel-Leser bei der Formulierung, in Georgien ginge es um ein „Gesetz à la Putin“, anfangen, unangenehme Fragen zu stellen.

Als ich den Spiegel-Artikel am 8. März gesehen habe, wollte ich zuerst darüber schreiben, um die darin aufgestellten Behauptungen zu widerlegen. Aber ich hatte den Spiegel überschätzt, denn in dem Artikel werden keine Behauptungen aufgestellt, die man widerlegen könnte. Stattdessen ist der Artikel nur primitive und faktenfreie Propaganda, bei der sehr emotional über angeblich freiheitsliebende Demonstranten fabuliert wird (dass die versucht haben, das Parlament zu stürmen und schwerer Sachschaden am Parlamentsgebäude entstanden ist, und dass die „friedlichen“ Demonstranten Molotow-Cocktails auf die Polizei geworfen haben, verschweigt der Spiegel) und der Spiegel-Leser erfährt, dass die georgische Regierung angeblich Gefahr läuft, „endgültig in die Einflusssphäre des Kreml abzudriften“.

Auch das ist übrigens gelogen, denn Georgien und Russland haben nicht einmal diplomatische Beziehungen miteinander. Sogar die Ukraine hat noch diplomatische Beziehungen zu Russland, was nicht nur formaljuristisch bedeutet, dass die Beziehungen der Ukraine zu Russland immer noch besser sind, als die Beziehungen Georgiens zu Russland. Aber seit wann interessiert sich die Spiegel-Reaktion für die Wahrheit?

Besonders amüsant ist, dass die Doppelzüngigkeit des Westens sogar offen sichtbar ist. Das georgische Gesetz soll NGOs in Georgien registrieren, die zu 20 oder mehr Prozent aus dem Ausland finanziert werden. Das US-Außenministerium behauptet jedoch (und die westlichen Medien plappern es nach), das Gesetz solle „die unabhängigen Stimmen der georgischen Bürger zum Schweigen bringen“, dabei geht es ausdrücklich nicht um die „Stimmen der georgischen Bürger“, sondern um aus dem Ausland finanzierte „Stimmen“.

Gesetze über ausländische Agenten

Nun erkläre ich noch einmal für alle, die davon zum ersten Mal hören, was es mit den Gesetzen über ausländische Agenten auf sich hat.

Das von den westlichen Medien so heftig kritisierte russische Gesetz über ausländische Agenten ist keine russische Erfindung. In den USA gibt es bereits seit 1938 das FARA-Gesetz (Foreign Agents Registration Act). Es soll ausländische Einmischungen in die Politik der USA verhindern. Nach dem Gesetz drohen jedem, der in den USA mit ausländischer Finanzierung politisch tätig wird und sich nicht als „ausländischer Agent“ registriert, Geld und/oder Gefängnisstrafen. Außerdem müssen „ausländische Agenten“ ihre Veröffentlichungen als vom „ausländischen Agenten“ stammend kennzeichnen.

Das FARA-Gesetz wird in den USA sehr restriktiv angewendet. Die damalige russische Studentin Maria Butina zum Beispiel wurde in den USA 2018 aufgrund dieses Gesetze zu 18 Monaten Haft verurteilt. Ihr Vergehen bestand darin, als Waffennärrin Kontakte zur US-Waffenlobby geknüpft zu haben. Dass sie mit einigen US-Waffenlobbyisten gesprochen hat, reichte schon aus, um zu über einem Jahr Gefängnis verurteilt zu werden.

Russland hat das FARA-Gesetz der USA im Grunde nur abgeschrieben, wobei jedoch die Strafen in der russischen Kopie dieses US-Gesetzes weniger streng sind. An dem FARA-Gesetz der USA hatten und haben die deutschen „Qualitätsmedien“ nichts zu kritisieren. Sie teilen ihren deutschen Lesern nicht einmal mit, dass es in den USA so ein Gesetz gibt, das sehr streng angewendet wird.

Dass die EU nun ebenfalls ein solches Gesetz einführen will, wobei dabei von „ausländischen Einflussagenten“ gesprochen wird, haben die deutschen Medien auch nicht berichtet, die Details darüber finden Sie hier.

Als Russland 2012 sein weniger strenges Gesetz eingeführt hat, war der Aufschrei im Westen groß. Angeblich will Russland damit die Zivilgesellschaft einschränken. In Wirklichkeit verpflichtet das Gesetz nur jeden, der in Russland einer politischen Tätigkeit nachgeht und aus dem Ausland finanziert wird, seine Finanzen offenzulegen. Außerdem müssen Veröffentlichungen solcher Organisationen (meist sind das aus dem Westen finanzierte NGOs) als Publikationen von „ausländischen Agenten“ gekennzeichnet werden. Das sind die gleichen Regelungen, die auch in den USA gelten.

Wer sich über das russische Gesetz über „ausländische Agenten“ aufregt, der sollte sich bei den USA beschweren. Ohne ihr FARA-Gesetz und die damit verbundenen Behinderungen russischer Organisationen und Medien in den USA hätte Russland sein Gesetz nie erlassen. Russland hat mit seinem Gesetz nur auf die Einschränkungen reagiert, denen russische Organisationen und Medien in den USA unterworfen sind.

Ausländischer politischer Einfluss

Wie empfindlich der Westen selbst darauf reagiert, wenn er der Meinung ist, jemand mische sich aus dem Ausland in die Politik des Westens ein, ist allgemein bekannt, wir müssen uns nur an die inzwischen schon traditionellen (und immer unbelegten) Vorwürfe aus den USA erinnern, Russland oder andere Länder würden sich in amerikanische Wahlen einmischen.

In Berlin gibt es beispielsweise eine russische NGO, die in Deutschland politisch tätig ist. Obwohl hunderte westliche NGOs in Russland politisch tätig sind, war schon die eine russische NGO in Berlin für den Spiegel ein Grund, Russland 2020 eine „heimtückische Form der Kriegsführung“ vorzuwerfen. Man wehrt sich im Westen nach Kräften gegen ausländische Einflüsse, wenn aber andere Länder, wie zum Beispiel Russland, sich gegen ausländische Einflussnahme auf ihre Politik wehren, sprechen westliche „Qualitätsmedien“ und Politiker von Unterdrückung und Repression.

Der Westen ist sich der Möglichkeiten, die von ihm finanzierte NGOs in anderen Ländern auf Politik und öffentliche Meinung ausüben können, sehr bewusst, denn er nutzt das Instrument exzessiv. Deshalb achten die Staaten des Westens bei sich zu Hause streng darauf, dass niemand diese vom Westen erfundene Methode kopiert und in Staaten des Westens anwendet. Wenn man das weiß, wird auch verständlich, warum der Westen so aufgeregt auf die georgische Idee reagiert hat, selbst so ein Gesetz einzuführen, das den Einfluss (nicht nur) westlicher NGOs in Georgien aufdecken würde.

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