Auch in Deutschland: die Brandstifter zur Verantwortung ziehen!

von Elke Fimmen (bueso)

Es ist unerträglich, wenn die BILD-Zeitung an eben dem Freitag, an dem die Verhandlungen für eine friedliche Lösung und ein Ende des Blutvergießens in Kiew auf Hochtouren laufen, Vitali Klitschko erneut ihre Seiten zur Verfügung stellt für einen Artikel mit der provozierenden Überschrift: „Janukowitsch ist ein Verbrecher!“ Die Ukraine werde „nicht wieder anfangen zu atmen, bevor er nicht endlich abgetreten ist“, schreibt Klitschko. Unverfroren behauptet er dann, in „seiner Opposition“ stehe man „ausschließlich für friedliche Proteste“, auch wenn es „mittlerweile einzelne Demonstranten [gebe] …, die kaum noch zu kontrollieren sind“. Nach den Vorgängen der letzten Tage ist das ja wohl die Untertreibung des Jahrhunderts.

Auch der Gründungsintendant des Deutschlandradios, Ernst Elitz, macht in seinem BILD-Kommentar einzig Janukowitsch für die Gewalt verantwortlich und schreibt, der Präsident habe die „Demonstranten bis aufs Blut gereizt. Bis sie die Radikalen in ihren eigenen Reihen nicht mehr zügeln konnten“.

Nichts ist ferner von der Wahrheit, und das weiß BILD als bewährtes Organ anglo-amerikanischer Regimewechselpolitik (von Bush bis Obama) natürlich genau. Von Anfang an war ein harter Kern von erklärten Neonazis, rechtsextremistischen Fußball-Hooligans und sog. Afghansis auf dem Maidan dabei, etliche davon sogar mit Kampferfahrung aus Syrien, wo sie auf der Seite der (vom Westen unterstützten) syrischen Rebellen kämpften.

Schon am Wochenende des 30.11.-1.12.2013 warfen Randalierer Molotowcocktails, besetzten das Büro des Bürgermeisters von Kiew und erklärten es zum „revolutionären Hauptquartier“. Demonstranten der zum offiziellen Oppositionsparteienbündnis gehörenden Partei Swoboda (Freiheit), marschierten unter der rot-schwarzen Fahne der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN-B) Stepan Banderas. Die Kollaborateure der OUN-B hatten im zweiten Weltkrieg als Hilfstruppen der Nazi-Kriegsmaschinerie und ihre eigenen radikalen Vorstellungen über „ethnische Reinheit“ Massaker an Juden und Polen verübt.

Die Dokumentation der Tatsache, daß es beim Regimewechsel in der Ukraine um einen geopolitisch motivierten Putschversuch geht, der vor allem gegen Rußland gerichtet ist und in dem ausländische Geheimdienste und alte faschistische Netzwerke eine führende Rolle spielen, findet sich in dem Dossier: „Westliche Mächte unterstützen Putsch von Neonazis in der Ukraine“, das die BüSo in den letzten Tagen in die Öffentlichkeit gebracht hat.

Es ist absolut zu begrüßen, daß der deutsche Außenminister gegenwärtig versucht, mit Rußland Wege zu finden, wie man die Krise in den Griff bekommen kann und die gemeinsamen Interessen als Plattform der Kooperation neu zu definieren. Aber gerade vor diesem Hintergrund muß man Fragen stellen und deutliche Antworten verlangen: Wer hat aus Deutschland heraus genau welche Organisationen in der Ukraine wann und wie (finanziell, organisatorisch) unterstützt? Es muß Konsequenzen für diejenigen geben, die über lange Zeit auf den politischen Umsturz einer gewählten Regierung im Ausland hingearbeitet und dabei extremistische Organisationen unterstützt bzw. deren Rolle systematisch verharmlost haben.

Diesen Fragen müssen sich vor allem Organisationen wie die CDU/CSU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), die Grünen und die Heinrich-Böll-Stiftung stellen, deren Vertreter jetzt Krokodilstränen über die „Opfer der Gewalt“ in der Ukraine vergießen. Sie wußten es besser – oder hätten es besser wissen müssen, welche Saaten man dort sät. So warnte beispielsweise noch im Dezember 2012 das Europaparlament vor dem Anwachsen der Unterstützung für die Swoboda-Partei in der Ukraine und verwies darauf, daß „rassistische, antisemitische und xenophobe Ansichten Europas fundamentalen Werten und Prinzipien widersprechen.“ Im KAS-Bericht vom Juni 2013 zu den ukrainischen Oppositionsparteien („Eine Bilanz vor dem Auftakt zu den Präsidentschaftswahlen 2015“), stellte man diesen Charakter von Swoboda durchaus dar; jedoch seien die meisten Wähler der Partei „Protestwähler“ und keine Faschisten, hieß es dann beschönigend. Wen hat die Heinrich-Böll-Stiftung in der Ukraine wann und wie unterstützt? Was hat es mit Kontakten zwischen führenden Politikern von Bündnis 90/Grünen und dem anti-russischen „Rechten Block“ auf sich, über die dessen Chefkoordinator Dmitro Jarosch kürzlich in einem Interview mit der tageszeitung sprach?

Alle diese Vorgänge müssen angesichts ihrer gravierenden Auswirkungen rückhaltlos aufgeklärt werden. Das sollte den betreffenden moralisch hochstehenden Persönlichkeiten, die überall Demokratie und Transparenz fordern, ja nicht weiter schwerfallen. Z.B. Katrin Göring-Eckart, die sich in der Ukraine-Debatte im Bundestag ja förmlich mit Forderungen überschlug, die Geldflüsse der Janukowitsch-Regierung zu unterbinden und das Regime dort rücksichtslos zur Rechenschaft zu ziehen – wobei sie mit Lob für die US-Sanktionen nicht sparte. Wenn Transparenz, dann bitte für alle.

Schließlich bleibt noch die Frage nach möglichen strafrechtlichen Folgen. Immerhin heißt es in § 26 GG: „Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.“
Und im § 130, Abs. 1 StGB (Volksverhetzung) heißt es:
„Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,
(1) gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder
(2) die Menschenwürde anderer dadurch angreift, daß er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.“ (Hervorhebungen durch die Autorin).

Elke Fimmen, stellv. Bundesvorsitzende der Bürgerrechtsbewegung Solidarität 

 

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