Angriff auf Ihr Konto

von Gert Flegelskamp

Als ich bei Focus Money den Artikel Angriff auf Ihr Konto: Bei Bankenpleiten sollen Sparer haften gelesen habe, war ich wirklich sauer. Da hat Merkel doch den Sparern versprochen, dass ihre Guthaben sicher sind und bleiben und ihr Sprecher Seibert hat dieses Versprechen wiederholt, als man in Zypern auch die Sparer haftbar machte. Und nun erfährt man so ganz nebenbei, dass das in Zypern angewendete Modell nun auf alle EU-Staaten Anwendung finden soll.

Es kommt relativ selten vor, dass ich die empörte Meinung von Focus-Redakteuren teile, doch dieses Mal schon. Na ja, eine Zeitlang, denn dann machte es Klick in meinem Oberstübchen, weil die Frage auftauchte: „Warum regst Du Dich so auf, Du hast doch keine 100.000 auf der Bank, nicht mal 10.000, ja nicht einmal 1.000. Und so wie Du werden wohl bestimmt so um die 30% der Deutschen keine nennenswerten Beträge auf der Bank haben.

Heute dann lese ich, ebenfalls im Focus: Die reichsten Deutschen werden trotz Krise immer reicher und nachdem ich ein wenig gesucht habe, finde ich auch eine Seite, die die Liste der 500 Reichsten veröffentlicht hat. Dass in diesem Zusammenhang jegliche Kritik über die Vermögen als Neiddebatte abgetan wird, versteht sich von selbst. Ich aber bestreite, dass ich Neid empfinde und behaupte sogar, dass ich es schrecklich fände, über ein solches Vermögen zu verfügen. Was sollte ich auch damit? Mehr als essen, trinken und ein Dach über dem Kopf und ein zweirädriges Gefährt für die Mobilität brauche ich nicht und die Vorstellung, mich nur noch in Begleitung von Bodyguards auf die Straße wagen zu können, würde ich als wohl heftigste Einschränkung meiner persönlichen Freiheit empfinden. Hätte ich ein solches Vermögen, hätte jedermann aus meiner Sicht das Recht, mich als Ausbeuter zu bezeichnen, denn anders erlangt man solche Vermögen nicht.

Auffällig finde ich allerdings, dass diese Superreichen offenbar schlechte Geschäftsleute sind, weil ihre Vermögen scheinbar auf dem erlangten Level stehen bleiben. Nehmen wir die die Spitzen der reichsten Deutschen. Das manager magazin hat bereits mehrfach Listen der reichsten Deutschen veröffentlicht und damals (2008) wurden die Aldi-Brüder mit einem Vermögen von 17,85 Mrd. (Aldi Süd) und 17,05 Mrd. (Aldi Nord) angegeben. Nun sollen es nur noch 17,2 Mrd. (Aldi Süd) und 16,0 Mrd. (Aldi Nord) sein? Das wäre vielleicht ja sogar möglich, wenn die Vermögensangaben der anderen Superreichen nicht die gleiche Tendenz aufweisen würden. Ich tippe daher darauf, dass man ziemlich regelmäßig große Summen in Offshore-Länder verschiebt und die echten Vermögen erheblich höher sind. Ich kann mich auch täuschen und die Aldi-Brüder haben auf ihren Anwesen jeweils wie Dagobert Duck einen Geldspeicher angelegt, den sie mindestens einmal täglich aufsuchen um dann in Euro- und Dollarnoten ein Bad zu nehmen, wie weiland Dagobert Duck.

Nun kann man mir ja zum Vorwurf machen, dass ich, weil ich selbst keine Kohle auf der Bank liegen habe, es an Solidarität mit denen fehlen lasse, die sich im Laufe der Zeit ein kleines oder auch größeres Vermögen erspart haben. Aber meine Gedankenspiel hat ja nicht aufgehört, als mir klar wurde, dass ich keine Sorgen haben muss, weil eine Bankenpleite mich nicht weiter berühren würde, ausgenommen natürlich im Falle einer sofortigen Schließung meiner Bank. Weshalb ich nicht mehr an die paar Kröten herankäme, die ich dort seit der letzten Haben-Überweisung habe stehen lassen.

Woran ich wirklich gedacht habe, war eine Mail-Diskussion, die ich dieser Tage über Aussagen von Lafontaine und Wagenknecht in einer Talk-Show hatte. Mein Gesprächspartner regte sich darüber auf, dass die Wagenknecht nicht den Kapitalismus in dieser Talk-Show infrage gestellt hat und ich war der Meinung, dass die Linke das ganz bewusst nicht macht, weil es eigentlich niemanden gibt, der eine von der Allgemeinheit akzeptierte Alternative aufzuweisen hätte. In den Augen der meisten Menschen sind die Ideologien Kommunismus und Sozialismus ja gescheitert, weil man allgemein offenbar unfähig ist, zu erkennen, dass es auf dem ganzen Planeten noch kein echtes kommunistisches oder sozialistisches System gegeben hat. Beide Systeme waren Abarten der alten Feudalsysteme, eben nur ohne Adel. Diese Rolle habe die Funktionäre übernommen. Wer die Augen aufmacht, müsste erkennen, dass wir auch derzeit keine Demokratie haben, denn die Feudalstrukturen sind in unserer Gesellschaft genau so aktiv, wie in diesen angeblich gescheiterten Systemen. Es liegt in der Natur des Menschen, dass ihm das, was er hat, nicht reicht, die eigentliche Voraussetzung für echten Kommunismus und echten Sozialismus.

Das jetzige Vorhaben der EU hingegen würde Wagenknecht, Lafontaine und der ganzen Linken die Last von den Schultern nehmen, den Kapitalismus infrage zu stellen, weil sich damit der Kapitalismus als System für jedermann verständlich selbst infrage stellt. Nicht einmal der ESM hat es vermocht, mehr als einen leisen Windhauch als Protest zu erzeugen. Wenn es aber nun vorstellbar allen an den Kragen gehen kann, die Geld oder Spareinlagen auf ihren Bankkonten haben, wird das einen Sturm entfachen und weitere Bankenpleiten sind sicherer als das Amen in der Kirche.

Vielleicht wird dann den Anlegern endlich einmal klar, dass, egal ob Sparbuch, Aktien, Riester, Staatsanleinen und was sonst noch so im Bankgeschäft beworben wird, jede Form der Anleihe grundsätzlich ein mit Risiken behafteter Geschäftsvorgang ist. Wenn jemand z. B. ein Restaurant eröffnet und sein ganzes Geld hineinsteckt und dieses Restaurant dann nicht läuft und schließlich pleitegeht, ist auch das reingesteckte Kapital futsch. Warum glauben Kapitalanleger, ob nun Kleinsparer oder Großanleger, dass, wenn sie Ihr Geld zur Bank bringen, damit die dafür eine Rendite erwirtschaftet, dass dieser Vorgang ohne Risiken ist? Wer heute eine Riester- oder Rürup-Versicherung für das Alter abschließt, schließt ein Kapitalgeschäft ab und ob der Versicherer dann zur Zeit der Fälligkeit noch zahlungskräftig ist, weiß heute niemand. Heute weiß auch niemand, ob die für das Alter vorgesehenen Zahlbeträge bei Fälligkeit tatsächlich reichen, um der Altersarmut vorzubeugen, denn die Inflationsrate für die nächsten Jahre kann niemand vorhersagen. Und die Versicherung von Merkel, das Geld der Sparer sei sicher, erinnert mich an den Spruch von Adenauer, der, auf eine kurze Zeit zuvor getätigte Aussage antwortete: „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?“ Un ist Merkel nicht eine große Anhängerin von Adenauer?

Der Kapitalismus ist von seiner ganzen Struktur her ein Risiko-System. Die Zinsgewinne der einen sind die Schulden der anderen und wenn dann die Gier zu groß wird, werden damit Krisen erzeugt und Krisen wurden schon immer vom so genannten kleinen Mann bezahlt, nie von denen, die sie verursacht haben. Und es ist ganz logisch, dass eine Bankenpleite nicht von den Großanlegern abgewickelt wird, denn die werden rechtzeitig genug gewarnt. Bleiben also nur noch die mittleren und kleinen Anleger, deren scheinbar sicheres Geschäftsmodell dann in die Hose geht. Das war schon immer so und Traditionen müssen doch erhalten bleiben, oder?

Quelle: flegelskamp

 

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