Am kommenden Donnerstag wird es ernst

von Manfred Gburek

Ben Bernanke, Chef der US-Notenbank Fed, traf am Freitag mit seiner Rede in Jackson Hole für Goldanleger den richtigen Ton, indem er andeutete, Q 3 sei möglich, und dies auffallend deutlich auch mit der hohen Arbeitslosigkeit begründete. Q 3 ist das Kürzel für Quantitative Easing (mengenmäßige Lockerung, in diesem Fall die dritte, die nach den schon stattgefundenen Q 1 und Q 2 aber noch nicht realisiert ist). Es handelt sich um eine nette Metapher für das Gelddrucken – offenbar ohne Limit, sonst wäre der Goldpreis als Reaktion auf Bernankes Rede nicht wie von der Tarantel gestochen hochgeschnellt.

Viele Anleger setzen also auf die weitere Abwertung von Papiergeld gegenüber dem Gold. Das heißt, sie erwarten, dass die Kaufkraft des Dollars, aber auch anderer Währungen, gegen Null tendieren wird. Diese Erwartung wird von einer anderen konterkariert, einer offiziellen sozusagen: Dass es gelingen wird, irgendwann in der Zukunft Q 1, Q 2 und Q 3 wieder einzufangen. Etwa auf die Weise, wie die EZB das von ihr in den Kauf bestimmter Anleihen investierte Geld durch den Verkauf anderer Anleihen und die Verknappung von Krediten an Geschäftsbanken mittelbar wieder aus dem Verkehr gezogen hat – bisher, aber ohne Garantie für die kommenden Monate und Jahre.

Die Hoffnungsträger in diesem gefährlichen Spiel sind Ben Bernanke und EZB-Chef Mario Draghi. Sie bilden zusammen mit den ihnen unterstellten anderen Zentralbankern jeweils eine Art Schattenregierung. Nur dass Bernanke sich im Zweifel allein mit US-Präsident Barack Obama abzustimmen braucht, während Draghi dies mit den Staats- und Regierungschefs des Euroraums 17-mal tun muss und obendrein nicht die EU-Bürokratie in Brüssel vernachlässigen darf.

Es kommt noch dicker, denn Draghi muss sich gleich aus drei Gründen beeilen und wird deshalb schon am nächsten Donnerstag ein umfangreiches Programm zur Eurorettung vorlegen: 1. Um das nicht erst dann vorzulegen, wenn es zur Preisinflation kommt und die Stabilitätsbefürworter im EZB-Rat unter Führung von Bundesbank-Präsident Jens Weidmann Oberwasser bekommen könnten, 2. um den Streit mit Weidmann, der strikt gegen weitere Anleihenkäufe durch die EZB ist, nicht eskalieren zu lassen, und um 3. nicht noch mehr unter Druck seitens des USA und Chinas zu geraten.

Der zuletzt genannte Grund ist spätestens bei der jüngsten Reise von Kanzlerin Angela Merkel nach China evident geworden, als der chinesische Premier Wen Jiabao sie unverblümt aufgefordert hat, für Ordnung im Euroraum zu sorgen – eine nahezu identische Wiederholung dessen, was US-Präsident Obama schon vor Monaten gefordert hatte. Und weil die Kanzlerin nur Macht über die Bundesregierung hat, nicht aber über die EZB-Schattenregierung unter Führung von Draghi, wächst zwangsläufig dessen Macht.

Aus Anlegersicht ist der zuerst genannte Punkt besonders wichtig, denn da geht es um die Preisinflation, die man in EZB-Kreisen offenbar eher erwartet als anderswo. Ob sie sich bereits in diesem Jahr stärker bemerkbar macht oder erst später, sei jedoch dahingestellt, weil die sogenannte Asset Inflation (unter anderem Anstieg der Edelmetall- und Immobilienpreise sowie der Aktienkurse) ihr auf jeden Fall vorangeht, und zwar in unterschiedlichen, sich überlagernden Schüben: Der Aufwärtstrend von Gold und Silber hält mit Unterbrechungen seit elfeinhalb Jahren an, europäische Gewerbeimmobilien hatten ihre beste Zeit vor der Finanzkrise, deutsche Wohnimmobilien haben sie jetzt, und der Aufwärtstrend der Aktien wurde gleich zwei Mal heftig unterbrochen, von 2000 bis 2003 und danach 2008.

Und nun eine Asset Inflation querbeet? So weit sind wir noch nicht; dafür müssten die Indizes der Verbraucherpreise jährlich prozentual zweistellig steigen, um dadurch einen Run auf alles auszulösen, was als Sachwert gilt. Die Situation ist komplex, sie stellt sich so dar:

Viele Deutsche kaufen undifferenziert Immobilien, um sich vor dem Euro-Untergang zu schützen – gewagt, weil nicht zu Ende gedacht, denn im Zweifel bleibt der Euro bestehen und schützen nur selbst genutzte Wohnimmobilien in guten Lagen vor Geldentwertung.

Immer noch erst eine Minderheit kauft ähnlich motiviert Gold und Silber als Anti-Euro, Anti-Dollar und Anti-Papierwährungen aller Art – auf dem aktuellen, aber nicht auf jedem beliebigen kommenden Preisniveau der beiden Edelmetalle ist das vernünftig, weil es immer weniger potenzielle Verkäufer und immer mehr potenzielle Käufer mit hohen Einsätzen gibt.

Die Deutschen trauen sich kaum, Aktien zu kaufen, weil die Furcht vor Kursrückgängen weit verbreitet ist und Kursschwankungen sie nervös machen – dann sollten sie sich lieber heute als morgen mit Aktien anfreunden, weil die Chancen größer sind als die Risiken. Eine interessante Kaufmethode habe ich in meiner letzten Kolumne bei wiwo.de mit dem Titel „Aktien systematisch kaufen“ beschrieben.

Was offenbar die wenigsten Anleger beherrschen, ist die Verknüpfung der drei hier genannten Anlageklassen unter zusätzlicher Berücksichtigung von einem Batzen Geld auf dem Tagesgeldkonto (für den Fall der Fälle), außerdem das richtige Timing und die Integration von all dem in die persönliche Finanzplanung. Zugegeben ein schwieriges Unterfangen, aber es muss sein, will man nicht auf negativen Realrenditen mit Sparkonten, Bundesschatzbriefen, Anleihen, Renten- und Geldmarktfonds, Kapitallebensversicherungen und Riester-Renten sitzen bleiben und so auf Dauer enteignet werden.

Was haben solche grundsätzlichen Erkenntnisse mit dem Auftritt von Fed-Chef Bernanke am Freitag und mit der am kommenden Donnerstag zu erwartenden Brandrede von EZB-Chef Draghi zu tun? Sehr viel, denn die Herrscher über Dollar und Euro mit ihren Schattenregierungen bestimmen Ihre und meine Finanzplanung mit. Die Entscheidungen von Bernanke und Draghi zu ignorieren, wäre leichtsinnig und für die eigenen Finanzen im Zweifel schädlich. Nutzen Sie deshalb alle verfügbaren Medien, die über beide Ereignisse berichten, um sich Ihre eigene Meinung zu bilden. Am kommenden Donnerstag nach der entscheidenden Sitzung und Pressekonferenz der EZB werden Sie dazu einen besonderen Anlass haben.

 Quelle: gburek

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