Altersvorsorge zwischen Pest und Cholera

von Manfred Gburek, 17. Mai 2013

Spätestens als „Der Spiegel“ neulich das Thema Altersvorsorge auf die Titelseite gehoben hatte, muss uns allen endgültig bewusst geworden sein, wie ernst es darum bestellt ist. Das heißt, ein stark wachsender Teil der Bevölkerung droht im Alter zu verarmen. Was Sie damit zu tun haben? Wahrscheinlich viel mehr, als Sie glauben. Denn sobald die Lokale zur Bundestagswahl am 22. September geschlossen sein werden, dürfte es zu einer heißen, Monate dauernden Diskussion über die Umverteilung kommen: im Mantel der sogenannten sozialen Gerechtigkeit, der Steuerehrlichkeit und – neben allerlei Sozialklimbim – auch im Mantel der Altersvorsorge. Bei dieser geht es um Folgendes:

  • Die gesetzliche Rente wird von Politikern aller Couleur verteidigt, weil Rentner ein wachsendes Wählerpotenzial bilden. Nur ist sie mit dem Umlageverfahren in der aktuellen Version nicht mehr lange zu halten, weshalb bereits der Rentenbeginn mit 69 Jahren diskutiert wird, später womöglich sogar mit 70 oder 71 Jahren.

  • Die Riester-Rente ist ein ziemlicher Murks, wenn man bedenkt, dass von ihr vor allem die Anbieter profitieren, also Banken, Sparkassen, Versicherer, Fonds, Bausparkassen und so weiter.

  • Wer privat mit vermieteten Immobilien vorsorgt, gehört zu einer Minderheit, die in Zukunft von der Deckelung der Mieten durch Mietspiegel und andere Instrumente noch mehr gegängelt wird als ohnehin schon.

  • Kapitallebensversicherungen, Anwartschaften bei Versorgungswerken und Betriebsrenten werden wegen des anhaltend niedrigen Zinsniveaus zunehmend davon betroffen sein, dass Auszahlungsversprechen nicht mehr einzuhalten sind.

  • Und wer individuell mit Wertpapieren fürs Alter vorsorgt, gehört zu einer weiteren, in diesem Fall klitzekleinen Minderheit, deren Anteil an der Bevölkerung nur noch von dem Anteil der ebenfalls individuellen Vorsorger mit Edelmetallen unterboten wird.

Gibt es einen Grund, sich über all das aufzuregen? Und ob! „Die Rente ist sicher“, betonte einst der CDU-Sozialpolitiker Norbert Blüm – ohne allerdings zu sagen, ob sie zum Bestreiten des Lebensunterhalts ausreicht. Einer seiner Nachfolger, Walter Riester von der SPD, gab der staatlich geförderten, aber privat verwalteten Rente sogar seinen Namen – Ergebnis siehe oben. Abgesehen davon kassierte Riester, nachdem er nicht mehr Minister war, dank seiner Bekanntheit bei privaten Veranstaltungen ordentlich ab. Der größte Aufreger, der uns bald droht, wird indes von Seiten der Kapitallebensversicherungen, Anwartschaften bei Versorgungswerken und Betriebsrenten kommen. Denn deren einst versprochene Verzinsung basiert in allererster Linie auf den Renditen festverzinslicher Wertpapiere. Diese bewegen sich nach Abzug der – mittlerweile auf nur noch 1,2 Prozent gesunkenen – Inflationsrate um null Prozent für Bundesanleihen und um zwei bis drei Prozent für Anleihen mit schlechterer, aber gerade noch akzeptierter Bonität.

„Die Zinsfalle“, heißt die Überschrift zu einer soeben erschienenen Studie der renommierten Fondsgesellschaft Sauren, „Der Sparer wird enteignet“ zu einem Artikel des FAZ-Mitherausgebers Holger Steltzner vom Freitag. Im ersten Fall wird unter anderem auf die unterschätzte Auswirkung eines Zinsanstiegs hingewiesen, im zweiten Fall betont der Autor klipp und klar: „Die kalte Enteignung der Sparer und Lebensversicherten nehmen die Politiker und Zentralbanken billigend in Kauf.“ Da kann es einem mulmig werden – und das erst recht, wenn man die Konsequenzen in Betracht zieht: Die kalte Enteignung aufgrund extrem niedriger Nominal- und negativer Realzinsen als die eine Gefahr und ein möglicher Zinsanstieg, der unweigerlich zum Chaos an den Finanzmärkten führen dürfte, als die andere Gefahr, das entspricht aus Sicht der relevanten Altersvorsorger der Wahl zwischen Pest und Cholera.

Es gilt also, dem daraus schon vom nächsten Jahr an entwachsenden Dilemma zu entgehen. Wie, hängt davon ab, in welche Anlagen man Geld zur Altersvorsorge investiert hat. Die gesetzliche Rente dient der Basisvorsorge, insofern ist sie sicher; dabei sollte es bleiben. Die viel zu komplizierten Varianten der Riester-Rente mögen in Einzelfällen für finanzmathematisch gewiefte Tüftler interessant sein, für die Masse der Vorsorger sind sie es nicht. Eigentümer vermieteter Immobilien müssen damit rechnen, dass die nächste Bundesregierung, egal von welcher Partei sie angeführt wird, Gesetze im Zweifel zu Gunsten der Mieter – Deutschland ist ein Mieterland – und zu Lasten der Vermieter beschließen wird.

Statistisch gibt es in Deutschland mehr Kapitallebensversicherungen als Einwohner. Versicherer legen das Geld ihrer Kunden zum größten Teil in Anleihen aller Art an. Versorgungswerke einschließlich der verschiedenen Systeme der betrieblichen Altersversorgung ähneln ihnen von der Struktur der Anlagen her. Vorsorger, die der Illusion erliegen, sie seien in beiden Fällen für ihr Alter gut versorgt, sollten schleunigst umdenken. Denn sie werden später mit Ablaufleistungen vorlieb nehmen müssen, die wegen der langen Niedrigzinsphase geringer als erwartet ausfallen.

Wer den Lebensstandard im Alter wie ursprünglich geplant halten will, muss also zusätzlich vorsorgen. Aber wie? Mit einer selbst genutzten Immobilie? Nur dann, wenn für lange Zeit kein Umzug absehbar ist. Mit Aktien? Im Prinzip ja, nur nicht auf dem aktuellen Kursniveau in Europa und Amerika. Mit Edelmetallen? Auch im Prinzip ja, doch dazu müsste der frustrierende Verlauf der Preise von Gold, Silber und Edelmetallaktien endlich eine Basis finden. Es hilft nichts, wer flexibel vorsorgen will, ist gezwungen, sich mit Aktien, mit Edelmetallen und gegebenenfalls mit Immobilien zu beschäftigen.

Welche Rolle sollten Edelmetalle in diesem Kontext spielen? Auf jeden Fall eine nicht zu geringe. Denn abgesehen von den derzeit noch bestehenden Steuervorteilen – Gold in Form von Barren und Anlagemünzen mehrwertsteuerfrei, Wertsteigerungen von Gold und Silber nach einem Jahr steuerfrei – könnten Edelmetalle im Zuge des bereits erwähnten möglichen Chaos an den Finanzmärkten eine Schutzfunktion ausüben. Richten Sie also in den nächsten Monaten ein großes Augenmerk gerade auf sie.

Quelle: gburek

 

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