„Der Westen sorgt für das Verschwinden der Ukraine» – Jacques Baud

Im Westen sind inkompetente Politiker, ungebildete Journalisten und unwissende Nachrichtendienste für die Katastrophe in der Ukraine mitverantwortlich. Dieses klare Urteil trifft der Schweizer Geheimdienst- und Militärexperte Jacques Baud in einem aktuellen Interview. Darin widerspricht er genauso klar Behauptungen über angebliche russische Ziele.

Quelle: transition-news


Der Westen habe nie das Ziel gehabt, der Ukraine zu helfen, «sondern Russland zu schwächen – egal, welchen Preis die Ukrainer dafür zahlen». Der Schweizer Militär- und Geheimdienstexperte Jacques Baud erklärt das in einem Interview mit der Schweizer Zeitschrift Zeitgeschehen im Fokus, veröffentlicht in deren aktueller Ausgabe.

Baud geht klar und deutlich mit der westlichen Politik wie auch mit den westlichen Medien ins Gericht. Der Westen habe sich selbst in eine Falle hineinmanövriert, in dem er – geblendet durch die eigenen Narrative – auf eine totale Niederlage Russlands fixiert bleibe.

Aus seiner Sicht haben die viel diskutierten weiteren westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine keinen Einfluss auf den weiteren Verlauf des Konfliktes. Zu den Gründen dafür gehöre, dass die Waffen veraltet sowie oft defekt und unbrauchbar seien. Sie seien zudem nicht für einen solchen Krieg wie den in der Ukraine geeignet, wie auch das ukrainische Militär nicht ausreichend ausgebildet sei dafür.

Laut Baud ist entscheidend, dass die verschiedenen Waffentypen und -muster nicht in ein zusammenhängendes operatives Konzept eingeordnet werden können. Das führe zu klaren Nachteilen gegenüber den russischen Streitkräften.

Die westliche Fixierung auf das Ziel, Russland zu schwächen, habe der polnische Präsident Andrzej Duda auf dem „«Friedensgipfel» unlängst in der Schweiz bestätigt. Duda hatte dort am 15. Juni Russland vorgeworfen, es sei «das größte Kolonialreich der Welt, das im Gegensatz zu den europäischen Mächten nie den Prozess der Entkolonialisierung durchlaufen hat».

Polens Präsident erklärte «In der modernen Welt gibt es keinen Platz mehr für Kolonialismus!», womit er sich für die «Dekolonisierung», also die Zerstücklung Russlands entlang der ethnischen Grenzen der in ihm lebenden Völker aussprach, so Baud. Das bestätige die europäische Strategie, Russland als Staat zu zerstören.

Westen bestätigt Russland

Zugleich werde damit «das von Wladimir Putin oft wiederholte Gefühl einer existenziellen Gefahr für Russland» bestätigt. So würden die westlichen Politiker selbst beweisen, «dass Putin weit davon entfernt ist, paranoid zu sein», wie die Medien behaupten, und zugleich seine Glaubwürdigkeit bei den Russen stärken.

Der Geheimdienst- und Militärexperte warnt in dem Interview, «die katastrophalen Entscheidungen unserer Politiker beginnen, sich direkt auf das Leben der Europäer und die Wirtschaft unserer Länder auszuwirken». Es zeige sich zunehmend, «dass unsere Medien und Politiker in diesem Konflikt über so ziemlich alles gelogen haben».

Baud verwies dabei auf die gescheiterten ukrainisch-russischen Friedensverhandlungen im Frühjahr 2022, auf die er bereits im Herbst 2022 in seinem Buch «Operation Z» hingewiesen hatte. In den westlichen Medien sei darüber erst Ende 2023 das erste Mal berichtet worden.

Er erklärt zudem, dass die US-Führung bereits Anfang November 2022 erkannt hätte, dass der Krieg für die Ukraine verloren war. Washington habe deshalb den Kiewer Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gedrängt mit Russland zu verhandeln. Zugleich hätten sie aber die Ukraine weiter mit Waffen versorgt, «weil sie nicht zurückstecken konnten».

Zugleich hätten sie sich die EU-Regierungen und -Politiker «am fanatischsten» gezeigt. Im Westen hätten die Geheimdienste, die Journalisten und die Politiker, «deren Niveau an Ignoranz, Inkompetenz und intellektuellen Fähigkeiten uns alarmieren sollte», zu aktuellen Lage beigetragen, so Baud.

Aus seiner Sicht ist der US-Führung klar geworden, dass der Krieg in der Ukraine verloren ist. Zugleich wolle die Biden-Administration aber nicht aufgeben, sondern nur, dass der Konflikt den Wahlkampf nicht beeinträchtigt. China bleibe die eigentliche Priorität der US-Politik.

«Russland beherrscht das Schlachtfeld»

Der Experte sagt, dass Russland seine verkündeten Ziele, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren sowie die Bedrohung des Donbass zu beseitigen, bereits im Frühjahr 2022 erreicht habe. Das sei die Grundlage für die Verhandlungen von Istanbul damals gewesen. Nach deren Scheitern sei das Ziel, die Bedrohung Russlands selbst abzuwehren, hinzugekommen.

«Heute sieht die Realität so aus, dass die Russen seit Februar 2022 das Schlachtfeld beherrschen. Sie haben nie versucht, das ukrainische Territorium einzunehmen (im Übrigen waren sie bereit, es im März 2022 zurückzugeben!) Wenn man ihre Ziele richtig analysiert, stellt man fest, dass sie versuchen, ein Potenzial zu zerstören, und nicht, ein Territorium zu erobern.»

Aus dem Grund helfe der Westen der Ukraine auf falsche Weise, so Baud, in dem er sich auf territoriale Fragen konzentriere. Das habe sich erneut beim «Friedensgipfel» auf dem Bürgenstock bei Zürich gezeigt. Das Problem sei nicht die Zerstörung von Waffen, sondern dass menschliches Personal zerstört werde, das nicht ersetzt werden könne.

«Der Westen hat systematisch alles getan, um das Problem ein für alle Mal durch das Verschwinden der Ukraine zu lösen.»

Im Gegensatz zu Russland habe der Westen keine Strategie mehr, nachdem er sein ursprüngliches Ziel, den Zusammenbruch Russlands herbeizuführen, nicht erreichen konnte. Aber noch immer hoffe er, mit Hilfe der massiven Wirtschaftssanktionen, die russische Wirtschaft zermürben zu können.

Doch es gebe keine Anzeichen dafür, dass das Ziel erreicht werden kann:

«Einen Zermürbungskrieg gegen einen Gegner zu führen, der über mehr Ressourcen verfügt als man selbst, ist immer eine schlechte Idee.»

Remake der Kuba-Krise

Mit Blick auf die russischen Kriegsschiffe in der Nähe der US-Küste spricht Baud von einem «Remake der Kuba-Raketenkrise» im Oktober 1962. Er findet es beunruhigend, dass die westlichen Politiker so handeln, das aus diesem bisher symbolischen «Botschaftsaustausch zwischen Großmächten» mehr werden könnte.

Den westlichen Medien und Journalisten wirft er vor, «zu versuchen, unsere leichtgläubigen und ungebildeten Politiker davon zu überzeugen, dass die Fortsetzung des Krieges Aussicht auf Erfolg hat. Es ist übrigens genau diese Rhetorik, die die Ukraine in die Niederlage geführt hat».

Ukrainische Militärs hätten sich in den ukrainischen Medien sehr oft darüber beschwert, dass die westlichen Medien ein völlig falsches Bild von ihrem russischen Gegner zeichneten und sie dazu verleiteten, ihn katastrophal zu unterschätzen, so der Experte. Doch auch die Nachrichtendienste des Westens würden die «verzerrte Sicht der Realität» an den Tag legen.

«Das Hauptverdienst der Krisen, die wir heute in der Ukraine und in Palästina beobachten, besteht darin, dass sie die tiefe Idiotie unserer Politiker aufzeigen. Dies ist übrigens auch das, was die europäischen Völker allmählich verstehen und in den jüngsten Europawahlen zum Ausdruck brachten.»

Baud legt im Interview nach:

«Wir werden von ignoranten, fanatisierten Inkompetenten regiert und von ungebildeten Dummköpfen informiert, sodass es nicht verwunderlich ist, dass Entscheidungen erratisch, ohne Strategie und mit unvorhergesehenen Folgen getroffen werden.»

Er widerspricht außerdem Behauptungen in Politik und Medien, Russland wolle die EU oder NATO angreifen. Das von Präsident Wladimir Putin mehrfach formulierte Ziel sei dagegen, «die Bedrohung für die russische Bevölkerung in der Ukraine zu neutralisieren».

«Totaler Fehlschlag» auf dem Bürgenstock

Für Baud sind die Politiker des Westens «Gefangene ihrer Narrative»:

«Wie kleine Kinder müssen sie sich von einer Lüge zur nächsten hangeln, um ihre Fehler zu rechtfertigen. Unsere Politiker schüren eine Spirale der Gewalt.»

Die Konferenz Mitte Juni auf dem Bürgenstock bei Zürich sei ein «totaler Fehlschlag» gewesen. Es sei nicht darum gegangen, über den Weg zum Frieden zu diskutieren, sondern nur darum, Selenskyj und dessen «Friedensformel» zu legitimieren.

Baud macht darauf aufmerksam, dass kein einziges wichtiges Land wie Brasilien oder Indien des «Globalen Südens» die Abschlusserklärung des «Friedensgipfels» in der Schweiz unterzeichnete. Das habe die wachsende Kluft zwischen dem Westen und dem «Rest der Welt» deutlich gemacht. Und:

«Kaum war die Konferenz zu Ende, verabschiedete die Europäische Union die 14. Welle von Sanktionen gegen Russland und demonstrierte damit ihren ‹Willen zum Frieden›.»

Der Geheimdienst- und Militärexperte befürchtet, dass der Westen Kiew dazu bringt weiter zu kämpfen, «ohne eine Chance auf einen Sieg zu haben». Auf diese Weise werde die Ukraine von Russland zerstört und das Land am Ende nicht mehr so sein wie es seit 1991 existierte.

«Der Vorteil für die Europäische Union ist, dass sie nicht für ihren Wiederaufbau aufkommen muss. Es sei denn, die Europäer beschließen, in einen Krieg zu ziehen, den die jungen Ukrainer nicht mehr führen wollen.»


Quelle:

Zeitgeschehen im Fokus: «Russland hat nicht die Absicht, Europa anzugreifen» – 25. Juni 2024

Transition News: General a.D. Kujat: Westen treibt Ukraine in Katastrophe – 28. Juni 2024

Transition News: Schweizer Militäranalytiker: Kiew verantwortlich für Desaster in der Ukraine – 16. April 2024

 

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1 Kommentar

  1. Duda: Kein Platz für Kolonialismus…

    Aber die Polen würden sich liebend gerne die halbe Ukraine einverleiben.

    Bei den Polen ist das dann halt keine Kolonialismus, sondern vermutlich Nächstenliebe.

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